Die Deutsche Bank steht in der Affäre um die Manipulation des Zinssatzes Libor Medienberichten zufolge kurz vor einer milliardenschweren Einigung in den USA und Großbritannien. Demnach soll das größte deutsche Geldhaus die Rekordsumme von mehr als 1,5 Milliarden Dollar (1,4 Milliarden Euro) zahlen, berichteten die „New York Times“ und der Finanzdienst Bloomberg am Donnerstag unter Berufung auf eingeweihte Kreise. Die Deutsche Bank teilte am Freitag mit, sie arbeite weiter mit den Behörden zusammen, die die Libor-Angelegenheiten untersuchten.
Der Referenzzins Libor ist ein von Banken angegebener Durchschnittswert, zu dem die Institute sich gegenseitig Geld leihen. Der Zinssatz, den Händler einiger Großbanken über Jahre zum eigenen Vorteil manipuliert haben sollen, ist ein Richtwert für Finanzgeschäfte von Hunderten Billionen Dollar – zahlreiche Kredite sind daran gekoppelt.
Nach den Berichten würde Deutschlands größtes Bankhaus im Falle des Vergleichs die höchste Strafe zahlen, die im Libor-Fall bislang verhängt wurde. Die bisherige Rekordsumme hatte die Schweizer UBS mit 1,5 Milliarden US-Dollar aufgebrummt bekommen.
Nicht die erste Strafe
Dafür könnte die Deutsche Bank den seit Jahren andauernden Konflikt aber auf einen Schlag mit dem US-Justizministerium und den anderen ermittelnden Aufsichtsbehörden in Amerika und Großbritannien beilegen. Den Berichten nach könnte das noch in diesem Monat geschehen. Die EU hatte dem Geldhaus bereits Ende 2013 eine Strafe von 725 Millionen Euro aufgebrummt.
Die Libor-Affäre ist allerdings nicht die einzige Baustelle des deutschen Branchenprimus. Vorstand und Aufsichtsrat müssen eine Antwort auf die Frage finden, wie der Konzern trotz immer strengerer Auflagen der Behörden und Minizinsen dauerhaft wieder mehr verdienen kann. Seit Monaten wird in der Frankfurter Konzernzentrale um den richtigen Kurs gerungen.
Auch in den Vereinigten Staaten wären mit einer Einigung noch nicht alle Probleme vom Tisch. Immer neue Regeln für Auslandsbanken machen Deutschlands größtem Geldhaus in dem Land das Leben schwer. Hinzu kommen weitere juristische Auseinandersetzungen – die Vorwürfe reichen von dubiosen Hypotheken-Deals bis hin zu Steuerhinterziehung und Ermittlungen wegen illegaler Geschäfte mit „Schurkenstaaten“.
Milliardenstrafen für Banken
Für Manipulation von Devisenkursen oder Zinssätzen, fragwürdige Beratung bei Krediten oder für strittige Hypothekengeschäfte haben schon eine Reihe von Banken mit hohen Geldstrafen büßen müssen. Beispiele:
März 2015: Die Commerzbank einigt sich mit der US-Justiz auf die Zahlung von 1,45 Milliarden Dollar. Dabei ging es auch um Verstöße gegen US-Handelssanktionen bei Geschäften mit Staaten wie dem Iran und dem Sudan. August 2014: Für riskante Hypotheken-Deals aus der Zeit der Finanzkrise muss die Bank of America mit einer Rekordsumme von 16,65 Milliarden Dollar büßen. Es ist der bis dahin höchste Betrag, den ein Unternehmen jemals in einer zivilrechtlichen Auseinandersetzung mit der US-Regierung zu zahlen hat. Dezember 2013: Die EU bestraft mehrere Finanzinstitute wegen der Manipulation von Zinssätzen wie dem Libor mit Bußen von insgesamt 1,7 Milliarden Euro. Darunter ist auch die Deutsche Bank mit 725 Millionen Euro. November 2013: Die US-Bank JPMorgan Chase büßt mit 13 Milliarden Dollar für fragwürdige Hypothekengeschäfte. Dezember 2012: Die Schweizer Großbank UBS zahlt wegen ihrer Rolle bei der Manipulation des Referenzzinssatzes Libor insgesamt 1,5 Milliarden Dollar an US-, britische und Schweizer Behörden. Text: dpa