
Wenn ZF zum Jahreswechsel sein neues Gebäude für die hier vor zwei Jahren angesiedelte E-Division im Schweinfurter Süden bezieht, sind die Kapazitäten bereits mehr als ausgelastet. Der Bereich Elektromobilität ist einer der starken Wachstumstreiber im Konzern. Noch in diesem Jahr geht dort ein elektrischer Achsantrieb für einen namhaften Premiumhersteller in Serie. Aktuell denkt ZF über die Erweiterung der Kapazitäten und einen weiteren Standort nach und hat dabei Osteuropa im Blick.
Es waren durchweg positive Zahlen, die der neue, im Februar installierte Vorstandsvorsitzende, Wolf-Henning Scheider, bei seiner ersten Bilanzpressekonferenz in Friedrichshafen zusammen mit Finanzchef Konstantin Sauer präsentieren konnte. So ist der Umsatz im vergangenen Jahr auf die Rekordsumme von 36,4 Milliarden Euro gewachsen, das sind sechs Prozent Zuwachs aus eigener Kraft. „Wir blicken auf ein wirtschaftlich und finanziell erfolgreiches Jahr zurück“, sagte Sauer. Durch Verbesserung der Kostenstrukturen und Prozesse sei ZF noch produktiver geworden. Damit habe sich das Unternehmen besser entwickelt als der Markt.
Elektrifiziertes Fahren
Das Unternehmen konnte die aus der neun Milliarden Euro schweren Übernahme des amerikanischen Zulieferers TRW im Jahr 2015 resultierende Verschuldung deutlich um 1,9 Milliarden Euro reduzieren und weist trotz höherer Aufwendungen für Forschung und Entwicklung (plus 15 Prozent auf 2,2 Milliarden Euro) mit 2,3 Milliarden Euro einen höheren operativen Gewinn aus. Die Zahl der Mitarbeiter ist weltweit von 136 800 auf 146 100 gewachsen. In Schweinfurt sind 9534 Menschen beschäftigt. Im Jahr zuvor waren es 9168. Aktuell sucht ZF weltweit 2000 Ingenieure, davon 800 in Deutschland. 2017 wurden 1700 neu eingestellt. Scheider, der nach dem umstrittenen Weggang von Stefan Sommer vom deutlich kleineren Zulieferer Mahle zu ZF gekommen ist, sprach von einem „Speed Learning“, das ihn auch nach Schweinfurt geführt hat. Dabei habe er in allen Standorten viel Spitzentechnik und ein großes Engagement und Verständnis der Mitarbeiter für die Herausforderungen der Zukunft vorgefunden. „Die Grundausrichtung stimmt.“
Fünf Prozent Wachstum erwartet
Die sieht Scheider vor allem in der Elektrifizierung und im Trend zum autonomen Fahren. ZF sei als Technologiekonzern gut aufgestellt und verfüge in vielen Bereichen über Alleinstellungsmerkmale. In diesem Zusammenhang betonte der neue Vorstandschef, dass der Verbrennungsmotor weiter eine wichtige Rolle spielen wird. Plug-In-Hybrid-Systeme seien als Brücke zwischen Verbrennungsmotor und elektrischem Antrieb stark gefragt. Scheider will die projektbezogene Zusammenarbeit innerhalb des Konzerns ausbauen, mit hoher Eigenständigkeit bei Entscheidungen. Die Zusammenarbeit mit den Kunden soll in einem frühzeitigen Stadium ansetze, um attraktive Produkte viel schneller in Serie zu bringen.
Für das laufende Jahr geht Scheider von einem fünfprozentigen Wachstum und einer operativen Marge von unverändert rund sechs Prozent aus. Für Unternehmenszukäufe sieht er ZF auch dank der Entschuldung gut gerüstet. Den freien Cashflow, also die verfügbaren Mittel, gibt Sauer mit einer Milliarde Euro an. Die Zusammenarbeit mit dem Eigentümer, der Zeppelin-Stiftung, nannte Scheider in diesem Zusammenhang offen. Über sie war ein Vorgänger Sommer im Streit um Zukäufe im Spätherbst gestolpert. „Die Stiftung lässt uns alle Freiheiten, unser Geschäft weiter zu entwickeln.“