Diese Börsenwoche steht in Deutschland im Zeichen des Internets: Erst geht am heutigen Mittwoch der Modehändler Zalando aufs Parkett, einen Tag später folgt die Startup-Schmiede Rocket Internet. Es geht – zumindest für deutsche Verhältnisse – um richtig viel Geld. Zalando bringt die Aktienplatzierung gut 600 Millionen Euro ein, und bei Rocket könnten es gut 1,6 Milliarden Euro werden. Es geht nur um die Ausgabe neuer Aktien, die Alteigentümer wollen zunächst nicht Kasse mit dem Verkauf eigener Anteile machen.
Zalando sorgte mit dem am Montag veröffentlichten Ausgabepreis für eine kleine Überraschung. Er wurde nicht ganz am oberen Ende der Preisspanne festgesetzt, bei 21,50 Euro statt des eher erwarteten Maximalwerts von 22,50 Euro. Bei Zalando heißt es, man habe sich bewusst für diesen Preis entschieden, obwohl mehr drin gewesen wäre: Die Nachfrage sei mehr als zehn Mal höher gewesen als die angebotene Zahl der Aktien. Zalando verzichtet damit auf Geld: Am oberen Ende der Preisspanne hätte es einen Erlös von 633 Millionen Euro gegeben statt der jetzigen 605 Millionen.
Schon zum Ausgabepreis wird Zalando immerhin mit rund 5,35 Milliarden Euro bewertet und Rocket Internet bringt bis zu 6,7 Milliarden Euro auf die Waage. Der Handelsriese Metro mit seinen Kaufhäusern, Großhandels-Zentren und Elektronikmärkten (Saturn, Media Markt) liegt nicht weit davon entfernt bei einer Marktkapitalisierung von 8,5 Milliarden Euro.
Zudem zementieren die beiden Börsengänge die Ausnahmestellung der Brüder Oliver, Marc und Alexander Samwer als Schwergewichte im deutschen Internet-Geschäft. Die Ausgabe neuer Aktien wird allerdings ihre Anteile an den beiden Unternehmen verwässern. Bei Rocket Internet bedeutet das den Verlust der Samwer-Mehrheit: Ihr Anteil sinkt von gut 52 auf 39,78 Prozent. Aber auch diese Beteiligung wäre schon am oberen Ende der Preisspanne über 2,66 Milliarden Dollar wert, während spätere Kurssteigerungen angesichts der hohen Nachfrage durchaus wahrscheinlich scheinen.
Mitgründer und Chef Oliver Samwer zeigte sich zuletzt überzeugt, dass auch der Anteil knapp unter 40 Prozent ausreichen werde, um großen Einfluss auf das Unternehmen zu behalten. Sonderaktien mit besonders hohen Stimmrechten, zu denen etwa Facebook und Google griffen, um den Einfluss der Gründer zu schützen, soll es nicht geben: „Ich glaube nicht, dass es notwendig ist, Sonderrechte in irgend einer Form zu schaffen, um eine De-Facto-Kontrolle auszuüben.“ Bei Zalando kommen die Samwer-Brüder nach dem Börsengang noch auf 14,81 Prozent, das wären zum Ausgabepreis rund 790 Millionen Euro. Die großen Milliarden-Zahlen lenkten in den vergangenen Tagen von den ausführlichen Geschäftsdetails ab, die beide Unternehmen im Zuge des Börsengangs veröffentlicht hatte. Sie sind keine Geldmaschinen. Zalando arbeitete sich nach hohen Anlaufverlusten gerade erst in die schwarzen Zahlen vor, zuletzt gab es im zweiten Quartal einen Gewinn von 29 Millionen Euro.
Seit Bekanntwerden der Börsenpläne diskutieren Experten darüber, ob Zalando auch unter dem Augenmerk der Investoren an seinem Geschäftsmodell mit uneingeschränkten kostenlosen Retouren festhalten kann. Am Umsatz gemessen liegt die Rücksende-Quote bei 50 Prozent der bestellten Artikel.
Die Zalando-Manager betonen aber, ohne die lockere Retouren-Politik funktioniere das Geschäft schlechter. Zalando hat sich im hochlukrativen Modegeschäft mit einem Stamm von 14 Millionen Kunden etabliert. Bei Rocket Internet sind die Chancen, aber auch die Risiken größer.