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„Wir bleiben in der Fläche präsent“
Sparkasse       -  Bank von nebenan: Sparkassen haben die meisten Filialen und Geldautomaten hierzulande, 18 Millionen Konten werden online geführt.
Foto: A. Burgi, dpa | Bank von nebenan: Sparkassen haben die meisten Filialen und Geldautomaten hierzulande, 18 Millionen Konten werden online geführt.
reda
 |  aktualisiert: 22.12.2015 14:54 Uhr

Berlin Georg Fahrenschon, seit 2012 Präsident des Deutschen Sparkassenverbandes, spricht im Interview über die Niedrigzinsen, die Gefahren des Online-Bankings und die Zukunft des Filialnetzes.

Frage: Herr Fahrenschon, wie lange müssen sich die Sparer noch auf niedrige Zinsen einstellen?

Georg Fahrenschon: Wichtig ist zunächst, dass die amerikanische Notenbank ein entsprechendes Zinssignal sendet, dem mit entsprechender Verzögerung auch andere Notenbanken folgen können. Denn für Europa gilt ähnlich wie für die USA, dass die wirtschaftlichen Rahmendaten inzwischen vielerorts wieder in die richtige Richtung zeigen. Für mich trägt das viele billige Zentralbank-Geld den Geruch der Krise. Ich hoffe, dass die Europäische Zentralbank den Punkt der Zinswende nicht verpasst. Und je früher diese kommt, desto besser.

Aber konkret festlegen möchten Sie sich nicht.

Fahrenschon: Das entsprechende Signal muss von den aus gutem Grund unabhängigen Notenbanken kommen. Kreditwirtschaft und Politik können auf die entsprechenden Risiken der Geldpolitik hinweisen.

Gefährden die niedrigen Zinsen das Geschäftsmodell Sparkasse?

Fahrenschon: Nein! Die 413 Sparkassen in Deutschland sind solide finanziert, da muss sich niemand Sorgen machen. Wir sind völlig unabhängig von den Ausschlägen der Finanzmärkte und haben die vergangenen vier Jahre mit unseren Überschüssen unsere Eigenkapitalbasis gestärkt und darüber hinaus noch Vorsorgereserven aufgebaut. Aber natürlich können sich Kreditinstitute genauso wie Versicherungen, Bausparkassen, Stiftungen und andere Marktteilnehmer von dieser Situation nicht frei machen. Die Sparkassen sind aber gut vorbereitet und arbeiten weiter daran, ihre Prozesse zu verschlanken und noch effizienter zu machen. Bei dieser völlig unorthodoxen Zinsgestaltung durch die EZB macht mir mehr die gesamtgesellschaftliche Entwicklung Sorgen als unser Sparkassenwesen.

Können Sie sich vorstellen, für den Fall, dass die Leitzinsen weiter so niedrig bleiben, Negativzinsen einzuführen?

Fahrenschon: Die Sparkassen wurden gegründet, um den Spargedanken voranzutreiben. Privaten Haushalten einen Strafzins aufzubrummen ist mit dieser Philosophie nicht vereinbar. Wir sind Institutionen, die das Sparen bewerben und ihm eine Plattform geben.

Sind steigende Gebühren nicht auch Negativzinsen? Oder ist das eine Folge, um die Zinsmarge auszugleichen?

Fahrenschon: Ich glaube, da wird ein Zusammenhang konstruiert, der so nicht da ist. Wir können am Ende unsere Dienstleistungen nicht kostenlos anbieten. Unsere Leistungen sind sicher und bieten jedem Kunden über seine regionale Sparkasse den Zugang zur Vielfalt der Finanzdienstleistung. Da ist es, glaube ich, nachvollziehbar, dass der Aufwand, auch bepreist werden muss.

Zwei Sparkassen im Landkreis Waldshut haben jüngst Filialen geschlossen. Gleichzeitig setzen immer mehr Menschen auf Online-Banking. Wird es irgendwann auf dem Land mal gar keine Filialen mehr geben?

Fahrenschon: Die Sparkassen in Deutschland werden den Anspruch, in der Fläche präsent zu sein, nicht aufgeben. Wir haben die meisten Filialen und Geldautomaten. Das wird auch in Zukunft so sein. 18 Millionen unserer rund 50 Millionen Girokonten werden nur online geführt. Wir sind insoweit schon heute die mit Abstand größte Online-Bank Deutschlands. Letztlich entscheidet immer der Kunde darüber, auf welchem Weg er mit seinem Sparkassenberater Kontakt aufnehmen will. Für uns steht daher die Eröffnung neuer Zugangswege zur Sparkasse im Mittelpunkt. Das kann dann im Umkehrschluss bedeuten, dass eine Filiale, die kaum besucht ist, geschlossen wird.

Die Regulatorik setzt vor allem kleineren Instituten zu. Inzwischen spricht man ja schon von einem Acht-Augen-Prinzip. Schießen die Regulatoren hier Ziel hinaus?

Fahrenschon: Es wird zu wenig differenziert. Die örtliche Sparkasse ist mit der weltweit operierenden französischen Investmentbank nicht zu vergleichen. Wir brauchen eine Regulatorik, die stärker unterscheidet: nach Größe, nach Komplexität und nach regionaler Abdeckung. Europa hat in den vergangenen Jahren immer nur nach dem Motto „One size fits all“ gearbeitet. Das führt zu Ergebnissen, die nicht passgenau sind. So laufen wir Gefahr, dass dieses notwendige Zusammenspiel zwischen regional verankertem Mittelstand und regional verankerter Kreditwirtschaft empfindlich gestört wird.

Die deutschen Sparkassen haben ein eigenes und aus Sicht der Sparkassen sehr sicheres Sicherungssystem. Auch daran wird gerüttelt.

Fahrenschon: Wer stabile Finanzmärkte in Europa will, der soll die Finger von einer einheitlichen europäischen Einlagensicherung lassen. Stabilität wird nicht dadurch erreicht, dass man die Mittel, die sich die Sparkassen zur Absicherung der Einlagen ihrer Kunden zur Seite gelegt haben, verwendet, um faule Kredite in anderen Teilen Europas abzusichern.

Aus Ihrer Sicht: Haben Sparkassen in der Größe einer Bank wie Bonndorf-Stühlingen eine Zukunftschance, dauerhaft am Markt zu bleiben?

Fahrenschon: Der Erfolg einer Sparkasse hängt nicht von ihrer Größe, sondern von ihrer Mannschaft ab. Er hängt davon ab, wie passgenau sie zur örtlichen Wirtschaft steht. Über 200 Jahre haben die Sparkassen in Deutschland bewiesen, dass sie mit ihrem auf die jeweilige Region ausgerichteten Geschäftsmodell eindrucksvolle Ergebnisse erarbeiten können und ein wesentlicher Teil einer guten und stabilen Entwicklung vor Ort sind. Das gilt selbstverständlich auch für die Sparkasse Bonndorf-Stühlingen.

Muss man sich beim Online-Banking mit dem Smartphone Sorgen um seine Daten machen?

Fahrenschon: Nein, die entsprechenden Angebote der deutschen Kreditwirtschaft und damit auch der Sparkassen entsprechen modernsten Sicherheitsanforderungen. Das heißt auch, dass man professionellen Hackern immer einen Schritt voraus sein muss. Und weil es nie im Leben eine einhundertprozentige Sicherheit geben kann, wird, falls doch einmal ein Schadensfall eintritt, in den allermeisten Fällen das Geld dem Kunden auch ersetzt.

Georg Fahrenschon

2012 trat der frühere bayerische Finanzminister das Amt des Präsidenten des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes an. Er ist ein ausgewiesener Finanz- und Steuerexperte. Der gebürtige Münchner galt lange als eine der größten Zukunftshoffnungen der CSU. Text/FOTO: dpa

 
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