Die spektakuläre Freigabe des Franken-Kurses zum Euro Ende vergangener Woche zieht weitere Folgen und Erschütterungen nach sich. Da für die Schweizer der Einkauf in Deutschland nochmals deutlich billiger wird, kommt es seit dem Wochenende zu einem Ansturm von Schweizer Einkaufstouristen in den Grenzregionen Baden-Württembergs. Umgekehrt wird für die Deutschen der Urlaub in der Schweiz noch teurer. Und die Finanzwelt traf die Änderung eiskalt. Drei Momentaufnahmen.
Staus in der Grenzregion
Tausende Schweizer kauften am Wochenende in Shoppingcentern in Weil am Rhein und in Konstanz ein. Teilweise bildeten sich Staus und lange Schlangen. Unmengen an Lebensmitteln stapeln sich im Einkaufswagen eines Ehepaars aus Basel. Die Schweizer sind zum Shoppen in das baden-württembergische Grenzstädtchen Weil am Rhein gefahren. Etwa 300 Franken würden sie in der Schweiz dafür bezahlen, in Deutschland zahlen sie nur rund 150 Euro. Hier sind viele Produkte von Haus aus billiger, nun kommt der günstige Wechselkurs dazu. „Ich wär doch ein Löli“, meint die Frau - was im Deutschen so viel wie Tölpel heißt - wenn sie es nicht täte.
In das Rhein-Center in Weil am Rhein kommen laut Center-Manager Günther Merz täglich etwa 34 000 Menschen. Nach eigenen Auswertungen sind davon mehr als 60 Prozent Schweizer. Der Rest sind Franzosen und Deutsche. Am Samstag drängten die Menschen in das Einkaufscenter. Viele Einkaufswägen waren brechend voll. An den Aufzügen bildeten sich lange Schlangen.
Auch in Konstanz brummt am Wochenende der Einkaufstourismus. Im Shoppingcenter Lago sagt Manager Peter Herrmann, viele Kunden nutzten nun die Gelegenheit, um beispielsweise Vorräte aufzustocken - so wie eine Familie, die 24 Liter Milch gekauft habe.
Weißbier für acht Euro
Für die Deutschen wird der Wechselkurs dagegen noch ungünstiger – und der Urlaub oder der Besuch in der Schweiz noch teurer. Der Tourismusverband rechnet mit weniger Buchungen. „Die Telefone haben sofort aufgehört zu läuten, vor allem sind die Online-Reservationen plötzlich ausgeblieben“, sagte der Direktor des Schweizer Tourismusverbandes, Jürg Schmid. Gäste aus Deutschland und den Niederlanden hätten am empfindlichsten auf die Preiserhöhungen reagiert. Wir haben einige Beispiele gesammelt, was die Wechselkursänderung für den Urlaub oder den Besuch in der Schweiz bedeuten:
Benzin Wer nach Freigabe des Wechselkurses durch Kreuzlingen auf der Schweizer Seite des Bodensees fuhr, sah, dass sich die Preisanzeigen der Tankstellen in Franken und Euro fast angeglichen haben. So kostete Super-Benzin an der Zapfsäule zwischen 1,40 und 1,43 Franken - das sind (beim gestrigen Wechselkurs) 1,41 bis 1,44 Euro. In Deutschland tankt man pro Liter rund 20 Cent günstiger. Eine Jahresvignette für die Schweiz kostet übrigens 40 Franken, das waren am gestrigen Sonntag rund 40,30 Euro.
Zoo Vor einer Woche kostete ein Besuch einer vierköpfigen Familie im Zoo in Basel 55 Franken, etwa 46 Euro. Beim gestrigen Kurs (ein Euro gleich 0,99 Franken) sind nun über 55 Euro fällig.
Skifahren Skifahrer müssen tiefer ins Portemonnaie greifen. In Davos zahlt man zwischen 50 und 69 Franken für einen Tagespass. Umgerechnet sind das nun rund 50,40 bis 69,50 Euro. Zuvor waren es zwischen 41 Euro und 57,50 Euro.
Speisen und Getränke Essen zu gehen, war in der Schweiz nie günstig. Jetzt merkt man den Preisunterschied noch deutlicher. Auf einer Berghütte nahe Davos kostet ein halber Liter Rivella-Limonade 6,90 Franken, das sind 6,95 Euro. Für ein Weißbier zahlt man 8 Franken, umgerechnet 8,06 Euro. Ein Teller Spaghetti Bolognese schlägt mit 19,50 Franken zu Buche, das sind 19,64 Euro, eine Lasagne kostet 23,50 Franken - also 23,67 Euro.
Oper Eine Karte für „Le Nozze di Figaro“ in Zürich kostet in der ersten Kategorie 230 Franken. Das sind 231,70 Euro – über 30 Euro mehr als vor einer Woche.
Deutsche Bank verliert Millionen
Die radikale Entscheidung der Schweizerischen Nationalbank hat der Deutschen Bank massive Verluste eingebrockt. Etwa 150 Millionen Dollar – rund 130 Millionen Euro – Einbußen stünden Deutschlands größtem Geldhaus bevor, berichtete das Wall Street Journal. Dem US-Bankenriesen Citigroup würden Verluste in gleicher Größenordnung entstehen. Die britische Großbank Barclays und einige Hedgefonds sollen viel Geld verloren haben. Als größtes Opfer gilt bislang ein US-Onlinebroker für Kleinanleger, FXCM. Die Firma wurde mit einem Notkredit über 300 Millionen Dollar gerettet, nachdem die Aktie um über 70 Prozent gefallen war. Der britische Wettbewerber Alpari meldete sogar Insolvenz an.
Run auf Rolex
Luxusgut Aus Sorge um den steigenden Kurs des Schweizer Franken reißen sich Luxusliebhaber in Singapur um teure Uhren aus dem Alpenstaat. Verkäufer des Fachhändlers The Hour Glass berichteten, in vielen Filialen seien am Wochenende pro Tag 25 bis 30 Rolex-Uhren über die Theke gegangen – normalerweise seien es vier bis fünf.
Einsteiger Besonders beliebt seien Einsteigermodelle ab 10 000 Singapur-Dollar (rund 6500 Euro). Ein Rolex-Händler in einem Fünf-Sterne-Hotel sagte, bestimmte Modelle des Herstellers verkauften sich derzeit sehr gut und die Lagerbestände würden knapp. Verkäufer in einem Geschäft, das Uhren von Franck Muller anbietet, berichteten von jeweils zehn verkauften Uhren am Samstag und Sonntag. Normal seien eine oder zwei am Tag.
Preiserhöhung „Die Kunden sind sich bewusst, dass die Händler bald die Preise der Schweizer Modelle erhöhen werden“, sagte ein Ladenmanager. „Viele sind bereit, vor dieser Preiserhöhung zu kaufen.“ FOTO: afp