Armut, Hunger, Klimawandel, Umweltverschmutzung: Die Welt hat viele Probleme. Sie zu lösen, dazu gibt es Ansätze. Dabei sehen Vordenker die Banken und Währungen im Mittelpunkt. Denn die Rettung der Welt kostet enorm viel Geld.
Am Montagabend kam dieses Thema in Form einer Diskussionsrunde nach Würzburg. Auf Einladung der Universität setzten sich der Ökonom Stefan Brunnhuber aus Dresden und der Würzburger Wirtschaftsweise Peter Bofinger mit der "Finanzierung der Zukunft" auseinander. Zu einem Ergebnis kamen sie nicht, doch das war auch nicht wichtig. Vielmehr warf das Treffen ein generelles Licht auf globale Herausforderungen, die vor unserer Haustür liegen können.
Brunnhuber ist ein Tausendsassa. Als gelernter Automechaniker promovierte der gebürtige Augsburger später in Medizin und Wirtschaftssoziologie. Heute ist er Autor, Vortragsreisender und vor allem Ärztlicher Direktor einer Klinik in Sachsen. Zudem engagiert er sich in der weltweiten Vordenkergruppe Club of Rome zu Themen rund um Wirtschafts- und Finanzsysteme.
Brunnhubers Idee: Parallelwährungen können dazu beitragen, dass zum Beispiel nachhaltiger in Bildung, Gesundheit oder Umweltschutz investiert werden kann. Das aktuelle Banken- und Finanzsystem hält Brunnhuber dazu für zu riskant und ungerecht. Zudem verschwinde zu viel des herkömmlichen Geldes für die Rettung der Welt in dunklen Kanälen. Bei Parallelwährungen könne dies nicht passieren.
Was das mit Regionalwährungen zu tun hat
Neu ist dieser Ansatz nicht. Schon vor etwa 15 Jahren kamen auch in Mainfranken sogenannte Regionalwährungen auf. Sie sollten im Kleinen den Wirtschaftskreislauf ankurbeln nach dem Motto: Geld dort ausgeben, wo man lebt.
Doch nennenswert aufgegangen ist die Saat von einst bis heute kaum. Das zeigt das Beispiel des "Tauberfranken", der 2006 im Raum Creglingen, Ochsenfurt und Rothenburg ob der Tauber aufgelegt wurde. Der Trägerverein listet bis heute knapp 50 Geschäfte auf, bei denen der Kunde mit dem Tauberfranken bezahlen kann. Doch die meisten der Unternehmen seien heute nur noch Karteileichen, gibt Vereinsvorsitzende Gisela Padberg zu.
"Tauberfranken": Geht kaum noch was
Die Regionalwährung "tröpfelt so vor sich hin", sagt die 71-Jährige aus Waldmannshofen (Main-Tauber-Kreis). Mittlerweile sei sie gerade mal noch in fünf bis sechs Geschäften und allein in Creglingen im Umlauf. "Das ist traurig", meint Padberg.
Anderen Regionalwährungen geht es nicht besser. So wurde im Raum Karlsruhe 2015 die Ausgabe von "Carlo" eingestellt. In der Schweiz sind Umsätze und Kurs des "WIR"-Franken im Keller, wie Medien berichteten. Allein der "Chiemgauer" im Süden Bayerns hat mit 500 angeschlossenen Unternehmen und einem Volumen von umgerechnet 640 000 Euro noch eine respektable Größe und Vorzeigerolle.
Als Gründungsmitglied des Tauberfranken-Trägervereins sieht Gisela Padberg bis heute die Nachhaltigkeit als den Vorteil schlechthin von Regionalwährungen. Potenziere man diesen Aspekt aufs globale Niveau, dann könne solches Parallelgeld dazu beitragen, dass unser Wohlstand nicht mehr auf dem Rücken der Armen dieser Welt ausgelebt werde.
Eine Denkweise, die auch Ökonom Brunnhuber pflegt. Die Welt brauche allein 50 Millionen Kindergärten und hunderttausende Schulen. Mit dem auf Profitdenken in Form von Zinsen ausgelegten Finanzsystem sei das nicht zu finanzieren.
Vor allem mit der Blockchain-Technologie ausgestattete Parallelwährungen hätten das Zeug, dass direkt, wertstabil und nachhaltig in Kindergärten, Schulen oder medizinische Einrichtungen dieser Welt investiert werden könnte, so Brunnhuber in Würzburg. Das gegenwärtige, von dauernden Bankenkrisen gebeutelte System "ist teuer und instabil" - sei also ungeeignet für die Rettung der Welt.
"Auf den ersten Blick klingt das toll", reagierte der Wirtschaftsweise Peter Bofinger auf die Idee mit den Parallelwährungen. Doch dem Würzburger Professor konnte Brunnhuber am Montag nicht klarmachen, wie sie im Detail für die genannten Zwecke funktionieren.
Was noch zur Rettung der Welt beitragen kann
Grundsätzlich sieht Bofinger den Zweck von Parallelwährungen darin, einfach nur "Geld ins System zu schmeißen". Das mache China bereits mit herkömmlichen Geld - also ohne Parallelwährung - durch eine massive Verschuldung, um seine Wirtschaft am Wachsen zu halten. "Blockchain ist Hokuspokus", meint der Würzburger Volkswirtschaftler. Die Technik sei zu kompliziert und ziehe zu viele zwecklose Datenmengen hinter sich her.
Statt Parallelwährungen hat Bofinger andere Lösungen für die großen Probleme dieser Welt, darunter die ungleiche Verteilung von Vermögen: den Reichen etwas nehmen, den Armen davon etwas geben. Außerdem sei eine CO2-Steuer ein Mittel, hierzulande den Luftverpestern an den Geldbeutel zu gehen und damit die Umweltverschmutzung einzudämmen.