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Mainbernheim
Wie Friseure mit Multikulti zurechtkommen
Andere Menschen, andere Haare, andere Sitten: Auch in Mainfranken spüren Friseure das Multikulti unserer Gesellschaft – auf überraschende Weise. Eine Meisterin erzählt.
Niemals werden Computer dem Menschen die Haare schneiden: Friseurmeisterin Monika Henneberger setzt auch in Zukunft auf das Gespräch mit den Kunden. Doch die Kundschaft und das Fachkräfte-Angebot in der Branche haben sich verändert - auch und gerade wegen der Flüchtlinge.
Foto: Jürgen Haug-Peichl | Niemals werden Computer dem Menschen die Haare schneiden: Friseurmeisterin Monika Henneberger setzt auch in Zukunft auf das Gespräch mit den Kunden.
Jürgen Haug-Peichl
 |  aktualisiert: 15.07.2024 09:26 Uhr

Der Besuch beim Friseur wird teurer: Diese bundesweite Meldung ließ am Mittwoch aufhorchen. Und sie hat ein Licht auf einen Beruf geworfen, der mittlerweile viel mit Psychologie und den multikulturellen Veränderungen im Land zu tun hat. Davon ist jedenfalls Monika Henneberger aus Mainbernheim (Lkr. Kitzingen) überzeugt.

Die 61-Jährige führt dort einen Salon und ist seit 19 Jahren Obermeisterin der Friseurinnung Kitzingen, dem 34 Betriebe angeschlossen sind. In Bayern gehören 3500 Friseurunternehmen dem Landesinnungsverband an. Henneberger begründet im Interview auch, warum dieses Handwerk seinen Preis wert sein will.

Frage: Die Friseure in Deutschland wollen die Preise erhöhen. Wird das auch in Mainfranken kommen?

Monika Henneberger: Es ist jedem Salon-Inhaber selbst überlassen, wie er die Preise macht. Wir haben vom Landesinnungsverband eine Vorlage, wie man zu kalkulieren hat. Ich stelle fest, dass die Qualität in den Salons immer besser wird und der Komfort für den Kunden wächst. Zudem steigen die Gehälter der Mitarbeiter, die Azubis bekommen auch mehr. Da müssen die Preise mitgehen. Der Kunde muss es sich wert sein, was er zu bezahlen hat.

Welche extravaganten Wünsche haben die Kunden mittlerweile?

Henneberger: Der Kunde möchte in erster Linie ein bisschen ausruhen vom Alltag. Das ist eine Tendenz, die wir früher nicht hatten. Es gibt natürlich immer noch Kunden, die schnell dran kommen wollen und gleich wieder fort sind. Aber die meisten wollen im Salon ein bisschen runterkommen.

Wie wirkt sich das im Detail aus?

Henneberger: Die Kunden haben gerne mal eine Kopfmassage oder eine Pflege für die Haare und nehmen sich mehr Zeit für den Friseurbesuch.

Auf die Gemütslage eines jeden Kunden einzugehen, ist also wichtig - setzt aber viel psychologisches Fingerspitzengefühl voraus. Werden die Auszubildenden in Ihrem Beruf darauf besonders vorbereitet – auch an den Berufsschulen?

Henneberger: Ich habe zwar mit dem Ausbildungsstoff an den Berufsschulen nichts zu tun, weiß aber, dass im überbetrieblichen Ausbildungsabschnitt die Lehrlinge dahingehend durchaus unterrichtet werden. Aber letzten Endes ist die Frage, wie man mit den Kunden umgeht, Chefsache. Da muss man die Auszubildenden im Salon schulen. Einige von ihnen fühlen sich hier durchaus überfordert, denn es ist ja eine große Aufgabe: dem Kunden zuhören und dabei trotzdem nicht die Arbeit vernachlässigen. Das hat viel mit Empathie zu tun und dem Willen, mit Menschen zu tun zu haben.

Immer neue Produkte, höhere Ansprüche der Kunden: Der Beruf des Friseurs ist somit anspruchsvoller geworden. Bekommt Ihre Branche in der Region noch die Arbeitskräfte, die sie braucht?

Henneberger: Es ist schwierig geworden, weil es allgemein im Handwerk einen Mangel beim Nachwuchs gibt. In die Köpfe der Leute muss wieder rein, dass das Handwerk wertgeschätzt wird.

Wie hoch ist in der Region unter Friseur-Azubis die Quote der Abbrecher?

Henneberger: Sie hat sich wieder verbessert. Ich weiß freilich bei vielen Abbrechern nicht, ob sie ganz aufgehört oder ihre Ausbildung einfach woanders fortgesetzt haben. Wir haben in der Region ja viele kleine Salons und nicht die großen Friseurbetriebe wie in den Großstädten. In den kleinen Salons muss der Mitarbeiter genau reinpassen, da werden die Kunden persönlicher betreut.

Was müssen diese kleinen Salons auf dem Land Besonderes tun, um zu überleben?

Henneberger: Gerade die jüngeren Kolleginnen werben über die modernen Medien. Aber diese kleinen Salons leben von persönlichen Empfehlungen der eigenen Kunden. Das ist die beste Werbung.

Welche Rolle spielen Fachkräfte aus anderen Ländern? Flüchtlinge etwa, also zum Beispiel Friseurinnen aus Syrien?

Henneberger: Das ist bei ihnen schwierig wegen der Kopftuchpflicht. Ich hatte es mal bei der Berufsbörse in Kitzingen mit Mädels zu tun, die unseren Beruf lernen wollten. Aber sie durften ihr Kopftuch nicht ablegen. So eine junge Frau kann ich im Betrieb nicht beschäftigen. Das ist schwierig. Andererseits haben wir in den Salons schon lange türkische Mitarbeiterinnen. Die sind sehr gut und sehr nett zu den Kunden. In diesem Zusammenhang ist mir auch in anderen Ausbildungsberufen aufgefallen, dass diese jungen Menschen zu Hause noch eine strengere Erziehung haben. Das hat eben zur Folge, dass sie netter zu den Kunden und disziplinierter sind.

Bringen diese ausländischen Fachkräfte auch andere Techniken und Fertigkeiten in die Salons mit?

Henneberger: Ja. Das hängt auch damit zusammen, dass Südländer dickere Haare haben. Die müssen dann mehr mit dem Messer bearbeitet werden. Oder die Afro-Frisuren: Sie zum Beispiel zu glätten, ist ein Riesenaufwand. Die Produkte dafür haben wir gar nicht.

Gutes Stichwort: Die Kundschaft in den Salons ist multikultureller geworden. Das bringt neue Wünsche der Kunden und damit neue Herausforderungen für den Beruf des Friseurs mit sich. Ist das schon in der Ausbildung angekommen?

Henneberger: Das wird ankommen, denn es wird zunehmen. Die Ausbildungsordnung und die Meisterprüfung werden dahingehend modernisiert.

Schlecht bezahlt, anstrengend, wenig Ansehen: Der Beruf des Friseurs hat nicht gerade ein gutes Image. Wie hat es sich in den vergangenen Jahren verändert?

Henneberger: Es hat sich verbessert, weil wir umfangreiche und besondere Dienstleistungen anbieten.

Zum Beispiel?

Henneberger: Bei den Damen gibt es bestimmte Farbtechniken, die immer in den Medien gezeigt werden und die die jungen Kundinnen dann auch so haben wollen. Da müssen wir Kurse besuchen, damit wir das lernen und gut machen. Außerdem hat sich die Qualität der Produkte verbessert.

Werden uns in zehn, 20 Jahren Roboter die Haare schneiden?

Henneberger: Nein (lacht). Es gibt Friseure, die haben ein digitales Terminbuch, in das sich der Kunde ohne Anruf direkt am PC eintragen kann. Manche jüngere Kolleginnen arbeiten bei den Terminen auch mit WhatsApp. All das – also ohne persönliches Gespräch – finde ich nicht so gut. Es gibt mittlerweile auch Waschliegen aus Japan. Das Stück kostet 10 000 Euro. Da macht der Computer die Kopfwäsche beim Kunden. Ich bin nicht dafür. Denn der persönliche Kontakt muss bleiben, weil die Menschen immer mehr durchs Leben hetzen und beim Friseur Ruhe und ein Gespräch haben wollen.

Wer macht in einem Salon eigentlich der Chefin die Haare?

Henneberger: Derjenige Mitarbeiter, der mal Zeit hat (lacht).

Frisöre: Preise, Löhne und Extras
Preise: Friseurbesuche werden für Verbraucher in Deutschland kostspieliger. Frauen bezahlten 2018 für einen Nasshaarschnitt im Schnitt 29,70 Euro und Männer 22,90 Euro, wie eine jährliche Analyse im Auftrag des Kosmetikkonzerns Wella zeigt. Damit ist der Preis bei den Frauen gemessen am Vorjahr um 9,2 Prozent gestiegen und bei den Männern um 8,0 Prozent. Für die Erhebung melden rund 550 Salons regelmäßig unter anderem ihre Preise und die Ausgaben ihrer Kunden. Auch der Zentralverband des deutschen Friseurhandwerks (ZDFH) bezieht sich auf diese Zahlen. Die Preissteigerungen ergäben sich unter anderem daraus, dass Personalkosten und Ausbildungsvergütungen gestiegen seien, sagte Jörg Müller, Hauptgeschäftsführer des Verbands.
Löhne: In Bayern bekommen Auszubildende im Friseurhandwerk nach Angaben der Arbeitsagentur einen monatlichen Tariflohn (brutto) von 515 Euro im ersten, 605 Euro im zweiten und 760 Euro im dritten Lehrjahr. In den meisten Fällen reiche ein Hauptschulabschluss als Qualifikation. Nach der Ausbildung pendelt sich der Monatsverdienst zwischen 1700 und 2200 Euro brutto ein. Das in der Branche übliche Trinkgeld ist hier nicht berücksichtigt.
Extras: Die Kunden in den Salons werden offenbar immer anspruchsvoller. So seien Barber-Shops zum Beispiel mit einer Lounge zum Rauchen oder mit Whisky und ähnlichen Getränken im Trend, sagte ZDFH-Hauptgeschäftsführer Müller. "Wir haben im Friseurhandwerk eine Entwicklung, dass man sich mit Spezialangeboten separiert in einem hart umkämpften Wettbewerb." Der Wella-Analyse zufolge geben Männer in Deutschland für den Friseurbesuch durchschnittlich 22,07 Euro aus, Frauen 56,13 Euro. (Mit Infos von dpa.)
 
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