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BERLIN
Wie der Agrar-Weltmarkt in die Dörfer kommt
Wie der Agrar-Weltmarkt in die Dörfer kommt
reda
 |  aktualisiert: 05.12.2014 18:13 Uhr

Zu Euphorie neigen die deutschen Landwirte auch in guten Zeiten nicht – und kalkulieren lieber vorsichtiger als andere Branchen. Schließlich können schon einige verregnete Wochen das Geschäft verhageln. Nun sind es aber keine Wetterkapriolen, die auf vielen Höfen ernste Sorgen auslösen. „Man kann von einem Preisabsturz sprechen“, sagt Bauernpräsident Joachim Rukwied und meint damit die Situation auf den internationalen Märkten. Gerade kommen von dort negative Ausschläge in den Dörfern an. Supermarktkunden dürften dagegen 2015 erfreuliche Änderungen auf Preisschildern entdecken. Nach drei starken Jahren mit stabilen Erlösen und besseren Einkommen hat die deutschen Bauern wieder eine Schwankung nach unten erwischt. „Wir haben die Situation, dass die Preise auf Talfahrt sind in allen Bereichen“, erläutert Rukwied. Bei Getreide notierten sie nun bei 145 bis 155 Euro je Tonne, nachdem in Verträgen für die Ernte 2013 bis zu 220 Euro drin waren. Bei Schweinefleisch sind es statt einst 1,93 Euro jetzt noch 1,32 Euro pro Kilo. „Da kann man nicht mehr kostendeckend produzieren“, warnt der Bauernpräsident. Mostobst für Apfelsaft bringt gerade einmal noch zwei Cent fürs Kilo. Die Experten des Verbands machen dafür drei Ursachen aus. Da sind gute Ernten in mehreren Erzeugerländern, die das Angebot vergrößern. Zum Zweiten schlagen Schwäche-Tendenzen der globalen Konjunktur auch auf die Nahrungsmittelnachfrage durch. Dazu kommt die Ukraine-Krise. Als Antwort auf EU-Sanktionen hat Russland einen Importstopp für europäische Agrarprodukte verhängt. Die deutschen Landwirte, die ihr Russlandgeschäft schon vorher gedrosselt hatten, trifft das indirekt. Von 600 000 Tonnen Äpfeln, die EU-Partner Polen sonst nach Russland liefert, kommen viele auf den europäischen Markt und drücken die Preise.

Bei sinkenden Verkaufserlösen müssen viele Bauern schärfer auf die Kosten blicken. Dabei hilft eine leichte Entlastung bei den Energiepreisen und Futter. Bei Öl und Treibstoff halten sich die Hoffnungen in Grenzen. Trotzdem rechnet der Verband für das noch bis Ende Juni laufende Wirtschaftsjahr 2014/15 mit Einbrüchen auf breiter Front. Die Gewinne, von denen noch Investitionen bezahlt werden müssen, dürften im zweistelligen Prozentbereich absacken. Dabei konnten zumindest Milchbauern, Biohöfe, Schweine- und Geflügelhalter zuletzt besser verdienen. Ackerbauern verbuchten schon ein Minus.

Was den Bauern Sorgen bereitet, dürfte – den Mechanismen des Marktes folgend – erfreuliche Folgen für Supermarktkunden haben. Nachdem es bei Lebensmitteln zwischenzeitlich etwas stärkere Preissprünge gab, sind etwa Obst und Gemüse wieder zu Inflationsbremsen geworden. Im neuen Jahr dürfte das wieder so sein, erwartet Rukwied. Die Preise dürften mindestens stabil bleiben, wenn es nicht sogar„eher ein Minus“ gibt. Aggressive Preiskämpfe im Einzelhandel lehnen die Landwirte aber weiterhin ab.

„Man kann von einem Preisabsturz sprechen.“
Joachim Rukwied, Bauernpräsident
Kostendruck: Nach drei starken Jahren mit stabilen Erlösen und besseren Einkommen hat die deutschen Bauern wieder eine Schwankung nach unten erwischt.
Foto: Julian Stratenschulte,dpa | Kostendruck: Nach drei starken Jahren mit stabilen Erlösen und besseren Einkommen hat die deutschen Bauern wieder eine Schwankung nach unten erwischt.
 
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