Für die deutschen Unternehmen geht es im politischen Poker um die Lockerung der Iran-Sanktionen um viel Geld. „Wir haben im Moment ein Handelsvolumen von etwa drei Milliarden Euro im Geschäft mit dem Iran. Wenn die Sanktionen deutlich gelockert werden, könnten wir in zwei bis drei Jahren wieder im zweistelligen Milliardenbereich sein“, sagt der Außenhandelschef der Deutschen Industrie- und Handelskammer, Volker Treier. Bislang wird der Handel mit dem Iran streng kontrolliert. Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle wacht über die Exporte, die Bundesbank über den Zahlungsverkehr. Vor allem Letzteres hat dem Geschäft schwer zugesetzt. Europäische Banken sind fast vollständig aus dem Geldverkehr mit dem Iran ausgestiegen. Für iranische Unternehmen ist es nahezu unmöglich, Geld nach Europa zu überweisen. „Der Handel wurde in den vergangenen Jahren überwiegend in Cash abgewickelt. Das geht natürlich ab einem gewissen Auftragsvolumen nicht mehr“, sagt Treier. Bevor die Sanktionen immer schärfer wurden, hätten unter anderem Daimler, Siemens, BASF und Bayer im Iran Handel getrieben. Jetzt ist das Geschäft nahezu eingefroren.
Die Bewegung im Atomstreit macht deutsche Firmen jetzt hellhörig. „Wir haben in den vergangenen Tagen ein riesiges Interesse von Unternehmen, die ihren Handel mit dem Iran wieder ankurbeln oder ganz neu einsteigen wollen“, sagt Michael Tockuss, Geschäftsführer der Deutsch-Iranischen Handelskammer. „Deutschland war der wichtigste europäische Handelspartner der Iraner – und wenn die Ausfuhrverbote jetzt entschärft werden, wird Deutschland auch wieder die Nummer eins werden.“ Nicht nur in Deutschland sehnen sich die Unternehmen nach Tauwetter im Atomstreit. Vor allem französische Hersteller hatten unter den internationalen Sanktionen gelitten. PSA Peugeot Citroën verkaufte im Iran beispielsweise noch 2011 knapp 458 000 Fahrzeuge. Das Geschäft mit den im Iran zusammengebauten Wagen musste im Februar 2012 wegen neuer Restriktionen eingestellt werden.
Bei Renault gingen die Absatzzahlen im ersten Halbjahr 2013 beinahe um die Hälfte zurück. „Wenn die Sanktionen aufgehoben werden, könnten wir unsere Geschäftsaktivitäten wieder hochfahren“, sagte ein Sprecher am Montag. Derzeit würden nur deswegen noch Renault-Fahrzeuge im Iran montiert, weil es einen relativ großen Lagerbestand an Teilen gegeben habe.
Der französische Iran-Kenner Xavier Houzel warnt seine Landsleute allerdings vor allzu großen Hoffnungen. „Das wird eine Schlammschlacht. Auf der einen Seite haben sich die Amerikaner bereit gemacht, und auch die Deutschen haben geschickt an Rückkehrplänen gearbeitet“, zitierte ihn die Tageszeitung „Le Monde“. Auf der anderen Seite seien auch die Iraner nicht tatenlos geblieben und hätten sich nach Asien umgeschaut und eigene Lösungen entwickelt. „Die Franzosen werden feststellen, (...) dass sie ihren Platz verloren haben“, sagte der frühere Ölhändler. Zu dieser Einschätzung passt auch ein vor einigen Wochen veröffentlichter Bericht der Tageszeitung „Le Figaro“. Nach Informationen des Blattes reisten bereits lange vor der Einigung Abgesandte von US-Unternehmen in den Iran, um die Wiederaufnahme oder den Start von neuen Geschäftsbeziehungen vorzubereiten. Besonders heikel: Zu den involvierten Konzernen soll auch der Autobauer und PSA-Partner General Motors gezählt haben. Deutsche Unternehmer sind aber zuversichtlich, dass sie im Konkurrenzkampf bestehen können. „Bezogen auf unser Exportprofil ist ein Handelspartner wie der Iran prädestiniert für uns“, sagt Treier. Die Iraner seien gut ausgebildet, das Land habe große Rohstoffreserven. Auch die Infrastruktur sei gut ausgebaut. „Sie stehen zwar ständig im Stau, aber für die Automobilindustrie ist das ja eigentlich ein gutes Zeichen.“