Nun also auch die Commerzbank. Lange galten Strafzinsen in der Branche als Tabu. Doch nach der bis dato kaum bekannten Thüringer Skatbank führt jetzt die deutsche Nummer zwei Gebühren für hohe Firmenguthaben ein. Viele Sparer fragen sich, ob es dabei bleibt.
Nein, meint Branchenkenner Max Herbst von der Finanzberatung FMH: „Es dürfte Jahre dauern, bis Einlagen unter 250 000 Euro betroffen sein werden.“ Spareinlagen bis 100 000 Euro hält der Frankfurter Experte für gänzlich ungefährdet von den aktuellen Beschlüssen einzelner Banken: „Der Kleinsparer muss keine Angst haben, dass morgen sein Sparbuch mit 30 000 Euro mit Negativzinsen belastet wird.“ Auch die Commerzbank versichert: Privatkunden und Mittelstand würden von der Strafgebühr verschont.
„Die Deutsche Kreditwirtschaft erwartet nicht, dass es zu negativen Einlagenzinsen für Privatkunden kommen wird“, sagt BVR-Präsident Uwe Fröhlich als Sprecher der Deutschen Kreditwirtschaft. Branchenprimus Deutsche Bank plant nach Angaben eines Sprechers derzeit nicht, „im breiten Kundengeschäft“ Gebühren für Einlagen einzuführen. Der Sprecher erklärt: „Für institutionelle Kunden mit zusätzlichem Bedarf an Einlageprodukten bietet die Bank verschiedene Anlagealternativen an, um auf das geänderte Zinsumfeld reagieren zu können.“
Die Commerzbank behält sich eine „Guthabengebühr“ nach Angaben eines Sprechers „bei einzelnen großen Firmenkunden mit hohen Guthaben sowie bei Großkonzernen und institutionellen Anlegern“ vor. Greifen soll das ab Dezember. Die Deutsche Skatbank – eine Direktbank-Tochter der Volks- und Raiffeisenbank Altenburger Land in Thüringen – erhebt seit November für Beträge auf Tagesgeldkonten von mehr als 500 000 Euro einen Negativzins von 0,25 Prozent. Dieser wird aber erst fällig, wenn die Gesamteinlagen des Kunden drei Millionen Euro überschreiten.
Die Institute begründen das mit der Zinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB). Als erste größere Notenbank der Welt bittet die EZB seit Juni Geschäftsbanken zur Kasse, wenn diese Geld bei ihr parken. Zunächst waren es 0,1 Prozent, im September erhöhten die Währungshüter den Strafzins auf 0,2 Prozent. Diese Gebühr geben erste Banken nun weiter – etwa an Unternehmenskunden, für die sie große Geldbestände vorhalten. „Großinvestoren legen ihr Geld auch wegen der üppigen Einlagensicherung in Deutschland an“, erklärt Branchenkenner Herbst. Er hält Gebühren für gerechtfertigt: „Sicherheit kostet halt Geld.“
Auf Umwegen könnten Strafzinsen durchaus bei Kleinsparern und Verbrauchern ankommen: Zu den Großkunden der Banken mit teils gewaltigen Anlagesummen zählen auch Fondsgesellschaften. Denkbar ist, dass Fonds für Anleger weniger Rendite abwerfen, weil deren Anbieter bei ihrer Bank Gebühren für die Geldanlage zahlen müssen. Die Fondsgesellschaft Union Investment erklärt, sie halte ohnehin möglichst nicht mehr Liquidität vor als unbedingt notwendig und versuche aktuell, Gelder zum Beispiel in Festgeld umzuschichten.
Die Währungshüter wollen Banken dazu bringen, überschüssiges Geld nicht zu horten, sondern mehr Kredite an Unternehmen und Verbraucher zu geben. Das könnte die lahmende Konjunktur im Euroraum ankurbeln und die für den Wirtschaftsaufschwung gefährlich niedrige Inflation wieder in Richtung der EZB-Zielmarke von knapp 2,0 Prozent heben.