Es gleicht einem Tabubruch: Die Volksbank Raiffeisenbank Niederschlesien eG in Sachsen erhebt als erste Bank in Deutschland eine monatliche Gebühr auf Tagesgeldkonten von Privatkunden –ab dem ersten gespartem Euro schon. Je nachdem, wie viel Geld auf dem Konto sind, werden pro Monat fünf bis zu 50 Euro fällig.
Auch, wenn das offiziell nicht als Strafzins gilt – Kunden bekommen nach offiziellen Angaben auf ihr Tagesgeld noch 0,1 Prozent Zinsen – ist das eine weitere Maßnahme, wie Banken versuchen, sich einen Teil ihrer Ausgaben an die Europäische Zentralbank (EZB) zurückzuholen. Seit März 2016 müssen alle Kreditinstitute selbst einen Strafzins von 0,4 Prozent bezahlen, wenn sie Geld bei der EZB deponieren. Das Ziel dahinter: Geld soll nicht bei der Notenbank geparkt, sondern stattdessen investiert oder für Kredite genutzt werden. Strafzinsen betreffen nur solche Anlagen, die täglich verfügbar sind, beispielsweise Tagesgeldkonten oder Girokonten. Bislang haben Banken diese Gebühr nicht an private Anleger weitergegeben – oder erst ab einem fünfstelligen Betrag.
Ändert sich das jetzt? Steffen Steudel, Sprecher des Bundesverbands der Volks- und Raiffeisenbanken, ist der Einschätzung, dass das Modell der VR-Bank Niederschlesien nicht von anderen VR-Banken kopiert wird – allerdings müsse man immer die regionalen Gegebenheiten der einzelnen Filialen betrachten. Er betont den großen Druck, der durch die Nullzinspolitik auf den Banken lastet. „Jeder Bankvorstand muss jetzt sehen, wie er damit umgeht.“ Er fügt allerdings hinzu: „Wir gehen nicht davon aus, dass im breiten Firmenkundengeschäft Strafzinsen fällig werden.“
So wird zum Beispiel die Sparkasse Allgäu konsequent Strafzinsen für Geschäftskonten und Kommunen einführen. Ab 1. Januar 2017 sollen täglich fällige Einlagen von mehr als 250 000 Euro mit einem „Verwahrgeld“ belegt werden. Privatkunden sind davon nicht betroffen – und das soll nach dem Bestreben des Dachverbands der bayerischen Sparkassen generell so bleiben: „Wir stemmen uns, solange es geht, dagegen, Strafzinsen weiterzugeben – vor allem an Privatkunden“, erläutert Sprecherin Sabine Gegg das Vorgehen.
Allerdings sehe man den Niedrigzins mit Sorge und man müsse sehen, was die Zukunft bringt. „Das ist eine schwere und unerfreuliche Geschichte“, sagt Gegg. „Ich denke, dass jede Sparkasse deshalb individuell schauen muss, wie Sie damit umgehen kann.“ Grundsätzlich werde zunächst überprüft, wie in der Sparkasse selbst Kosten gespart werden können.
Viele Banken erheben zwar keine Strafzinsen für Geschäfts- oder Privatkunden, versuchen aber ihre Einnahmen durch andere Gebühren, etwa für die Kontoführung, zu erhöhen. Auch das hat zuletzt immer wieder für Schlagzeilen gesorgt. Gegg gibt allerdings zu bedenken: „Ein komplett kostenloses Girokonto gab es eigentlich nie.“ Schon früher war es oft an verschiedene Bedingungen geknüpft, wie beispielsweise einen monatlichen Mindesteingang.