Experten gehen davon aus, dass spätestens im Jahr 2030 gut 30 Prozent der Kraftfahrzeuge elektrisch oder mit einem Hybridsystem unterwegs sein werden. Gleichzeitig wird das automatisierte bis hin zum autonomen Fahren immer mehr an Bedeutung gewinnen.
Für die traditionelle Werkstatt bringt dies gravierende Veränderungen mit sich. Die Division Aftermarket des ZF-Konzerns, die in Deutschland über 5200 freie Werkstätten betreut, stellt sich dieser Herausforderung mit einer Fülle neuer Konzepte. Auf der weltgrößten Fachmesse für das Ersatzteilgeschäft, der Automechanika vom 11. bis 15. September in Frankfurt, will sie diese vorstellen.
Werkstatt mit den Kunden vernetzt
Divisionsleiter Helmut Ernst bringt den Weg in die Zukunft auf einen knappen Nenner. Der traditionelle Reparaturbetrieb entwickele sich hin zu einem individualisierten Mobilitätsdienstleister. Die digital vernetzte Werkstatt der Zukunft kenne den Zustand ihrer Kundenfahrzeuge und empfehle dem Halter bei Bedarf eine Wartung oder die vorausschauende Reparatur anhand der aktuellen Fahrzeugdaten. Im Pannenfall kann der Service, so sieht es das Konzept vor, sogar Ferndiagnosen machen. Die Abläufe ließen sich so deutlich effizienter gestalten. Der Fahrer kann schneller wieder über sein Auto verfügen.
ZF: Wir kennen den Markt
Ulrich Walz, der Standortleiter in Schweinfurt und zuständig für „Produkt und Markt“, sieht ZF Aftermarket gut und frühzeitig in die Entwicklung der Automobiltechnologie eingebunden. „Ob autonome Taxis, elektrisch angetriebene Busse oder die Vernetzung unterschiedlicher Verkehrsträger – wir sehen, wohin sich der Markt entwickelt und wir können vorausschauend neue Lösungsansätze für Produkte und Dienstleistungen umsetzen.“
Markus Wittig, der für das Geschäft mit den freien Werkstätten verantwortlich ist, ist überzeugt davon, dass ein Mensch, der in der digitalen Welt zu Haus ist, der Empfehlung seiner Werkstatt zur Wartung und Reparatur folgt und von ihr erwartet, dass sie schnell reagiert und besten Service zu günstigen Preisen anbietet.
Großes Schulungsprogramm
Auf dem Prozess dahin will ZF Aftermarket seine Kunden begleiten. So werden die Schulungsangebote des Unternehmens jährlich von 12 000 Mechanikern besucht. Neu ist das „Hochvolttraining“: Elektrofahrzeuge sind mit einer Spannung von 400 bis 800 Volt unterwegs, was von den Mechanikern und auch von Rettungsdiensten besondere Kenntnisse erfordert. Kombiniert mit einem E-Learning-System wird die Schulungszeit deutlich reduziert.
Auf der Automechanika wird ZF Aftermarket einen OBD-Dongle vorstellen. Dieses Telematik- und Diagnosegerät wird auf die On-Bord- Diagnose-Schnittstelle gesetzt und übermittelt 74 Signale in eine Cloud, beispielsweise über den Kraftstoffstand, das Bremsverhalten, GPS-Daten oder plötzlich auftretende Geschwindigkeitsveränderungen. Die Steuerung einer Fahrzeugflotte wertet dies aus. Damit soll ein wesentlicher Beitrag zur Fahrsicherheit und zu optimalen Steuerung der Flotte geleistet werden.
Das System gibt aber auch Auskunft über das Verhalten eines Fahrers. Der Dongle, der auch in Privatfahrzeugen zur Datensammlung eingesetzt werden kann, ist zur Nachrüstung älterer Fahrzeuge vorgesehen.
Neuartige Bremsbeläge
Mit einer Weltneuheit wartet die ZF-Marke TRW in Frankfurt auf. Unter dem Namen „Electric Blue“ wird eine neue Generation von Bremsbelägen für elektrische Fahrzeuge vorgestellt. Damit werden die Innenraumgeräusche beim Bremsen reduziert, die aufgrund des fehlenden Motorgeräusches deutlicher zu hören sind. Zudem wird dank einer neuen Belagsmischung die Feinstaubentwicklung um bis zu 45 Prozent reduziert.
Unsere Serie „Arbeitswelten der Zukunft“ zeigt anhand vieler Beispiele aus der Region, wie sich die Digitalisierung auf Berufe und Unternehmen ausgewirkt hat – oder noch auswirken wird. Alle Beiträge zur Serie finden Sie auf
Nächste Folge: der Rechtsanwalt.
ZF und Aftermarket
Innerhalb des ZF-Konzerns mit seinen 146 000 Mitarbeitern und 36,4 Milliarden Umsatz arbeitet die Division Aftermarket übergreifend mit allen weiteren sechs Divisionen eng zusammen. Der von Schweinfurt aus geführte Bereich setzt mit 8500 Mitarbeitern drei Milliarden Euro um. Er hat in 40 Ländern 120 Standorte und 650 Partnerunternehmen weltweit. In Schweinfurt arbeiten 900 Menschen für den Aftermarket.
ZF steht für Zahnradfabrik Friedrichshafen, ist einer der größten Automobilzulieferer der Welt und größter Arbeitgeber in Schweinfurt. Die Aktiengesellschaft gehört einer Stiftung der Stadt Friedrichshafen am Bodensee, wo der Konzern seinen Sitz hat. Als Aftermarket wird in erster Linie der Markt um Ersatzteile verstanden, unter anderem im Automobilbereich. kör/aug