In diesen Tagen bekommen Kunden dicke Post von ihrer Bank. Anlass ist die EU-Richtlinie mit dem Kürzel PSD 2 zum internationalen Zahlungsverkehr, wegen der Geldhäuser ihre Geschäftsbedingungen ändern müssen. Wir zeigen, wer sich die Post genau durchlesen sollte und wo die Brisanz liegt.
Um was genau geht es? Warum der Aufwand?
Das Online-Bezahlen via PayPal und anderen Anbietern hat in den vergangenen Jahren rasant zugenommen. Um diese digitalen Dienste sicherer und Zahlungen schneller zu machen sowie den Wettbewerb zu verbessern, hat die EU 2015 eine als Payment Service Directive (PSD) bezeichnete Richtlinie erweitert. So ist PSD 2 entstanden. Weil diese Vorgabe spätestens am 13. Januar 2018 deutsches Recht werden muss, haben die Banken und Sparkassen hierzulande ihre Geschäftsbedingungen anzupassen – was derzeit eine Flut an Post an die Kunden auslöst. Allein die VR-Bank in Würzburg muss bis 13. November nach eigenen Angaben sechs Tonnen Papier an 45.000 Kunden verschicken, was gut 100.000 Euro koste – den Aufwand drumherum nicht mitgerechnet. Bis zu 68 DIN-A4-Seiten habe der Brief an die Kunden. Ähnlich hohe Material- und Portokosten entstehen zum Beispiel der Sparkasse Mainfranken, die nach eigenen Angaben seit 26.
Oktober Briefe wegen PSD 2 an 200.000 Kunden versendet. Wer im Rahmen von Online-Banking ein digitales Postfach bei seiner Bank freigeschaltet hat, bekommt im Übrigen das Anschreiben nur dorthin geschickt. Im Fall der Sparkasse Mainfranken etwa sind das 25.000 Kunden, bei der VR-Bank Würzburg 10.000.
Wer muss die Post der Banken besonders genau lesen und unter Umständen reagieren? Wer kann sich entspannt zurücklehnen?
Vereinfacht gesagt: Alle, die im Internet handeln, kaufen und bezahlen, sind betroffen. Und das ist der Großteil der Bevölkerung in Deutschland. Zurücklehnen können sich als die wenigsten. Ebenso relevant ist es für diejenigen, die Apps oder FinTechs nutzen, also Online-Finanzdienstleister jenseits der Banken. Noch wichtiger als die komplette Lektüre der geänderten Geschäftsbedingungen ist nach Ansicht von Verena Künzl von der VR-Bank Würzburg, sich die Geschäftsbedingungen dieser FinTechs und der Online-Bezahldienste anzuschauen, bevor der Kunde sie freigibt. Zwar müssen diese im Zuge von PSD 2 ihre Regeln ebenfalls anpassen, haben aber nun die Möglichkeit, auf die Kontoumsätze der Hausbank direkt zuzugreifen. Künzl ist sich als Expertin für Zahlungsverkehr klar darüber, dass viele Kunden die entsprechenden Hinweise der Onlinedienste schnell wegklicken.
Das sei aber nicht zu empfehlen, denn diesen Onlineadressen würden mitunter heikle Rechte eingeräumt.
Wer darf jetzt was? Was ändert sich bei Online-Geschäften?
Die brisanteste Änderung ist, dass Online-Dienste künftig über Schnittstellen der Banken Kontodaten der Kunden abrufen und direkt – also ohne zeitraubendes Zutun der Bank – Zahlungen auslösen können. Weil die Händler somit das Geld sofort bekommen, können sie die Waren auch schneller ausliefern – ohne dabei das Risiko einzugehen, am Ende kein Geld zu sehen. Diese Beschleunigung des Handels gilt als einer der Vorteile von PSD 2.
Wie ist es um die Sicherheit meiner Onlinezahlung und somit meines Kontos bestellt?
PSD 2 schreibt nach Angaben der Deutschen Bundesbank vor, dass sich der Kunde in Zukunft mit zwei von drei Merkmalen gegenüber dem Zahlungsdienst authentifizieren muss. Diese Merkmale sind zum einen Passwort, Code oder PIN, zum anderen Authentifizierung mittels Smartphone oder anderen Geräten sowie drittens Authentifizierung über Fingerabdruck oder Spracherkennung. Nach den Worten von VR-Bank-Expertin Künzl sind noch einige technische Details ungeklärt, die aber auf EU-Ebene in den kommenden 18 Monaten geregelt werden.
Nach Angaben des Bundesverbandes deutscher Banken werden alle Online-Dienstleister rund ums Bezahlen von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zugelassen. Sie stehen unter deren Aufsicht. Diese Dienstleister könnten immer nur auf Kontodaten zugreifen, wenn der Kontoinhaber dem zustimmt, so der Verband. Diese Einwilligung könne jederzeit widerrufen werden.
Welche Rechte hat der Verbraucher im Zuge von PSD 2 noch?
Verliert jemand zum Beispiel seine EC-Karte, dann haftet er laut Bundesbank künftig nur noch mit 50 statt bisher 150 Euro. Die Selbstbeteiligung des Kunden entfällt, wenn er den Missbrauch seines Kontos nicht rechtzeitig bemerken konnte.
Was muss derjenige beachten, der einen Online-Shop hat?
Mittlerweile ist es üblich, dass selbst kleinere Läden ihre Waren im Internet anbieten. Wenn sie Bezahldienste wie PayPal, paydirekt und Co. einbinden, müssen diese Bezahldienste auch in den Online-Shops die neuen Regeln zum Beispiel bei der Authentifizierung der Kunden anzeigen.
Muss ich auf die Post meiner Bank reagieren?
Eine Antwort des Kunden ist nach Darstellung von Sparkasse Mainfranken und VR-Bank Würzburg nicht erforderlich. Wer mit den geänderten Geschäftsbedingungen nicht einverstanden ist, muss seiner Bank bis 13. Januar 2018 einen Widerspruch vorlegen.
Ich habe immer noch Fragen. An wen kann ich mich wenden?
An Ihre Bank. In den Geldhäusern ist man dafür offenbar aufgestellt: Die VR-Bank Würzburg zum Beispiel rechnet nach den Worten von Verena Künzl mit einer „erhöhten Nachfrage übers Telefon“ und in den Filialen. Alle Mitarbeiter seien mit dem Thema vertraut. Die Sparkasse Mainfranken verweist auf ihre übliche Telefon-Hotline. Individuelle Fragen richte man am besten an den zuständigen Kundenberater.