Was einst als Zusammenschlüsse von Kaufleuten begann, mündete im 19. Jahrhundert auf deutschem Boden in die Gründungen von Kammern. So ist die mainfränkische Industrie- und Handelskammer (IHK) unter jenen sechs der insgesamt neun Kammern in Bayern, die heuer ihre Gründung vor 175 Jahren feiern. 75 000 Unternehmen in Mainfranken sind der IHK Würzburg-Schweinfurt als Pflichtmitglieder angeschlossen. Da lohnt es sich, mal genauer auf die öffentlich-rechtliche Einrichtung mit ihren 140 Mitarbeitern zu blicken.
Was genau hat ein Unternehmen davon, Mitglied in der IHK zu sein?
Die Kammern verstehen sich als Dienstleister für die Wirtschaft in ihrer Region. Deshalb steht Beratung von Unternehmern etwa bei Fragen zu Existenzgründung, Ausbildung, Recht oder internationalem Handel im Mittelpunkt. Auch Seminare mit zum Teil zertifizierten Abschlüssen sowie die Interessenvertretung der Wirtschaft auf politischer Ebene gehören dazu. „Geht es den Firmen gut, geht es der Region gut und den Menschen in Bezug auf ihre Lebensbedingungen“, beschreibt Würzburgs IHK-Hauptgeschäftsführer Ralf Jahn die Verbundenheit seiner Kammer mit Mainfranken.
Die Mitgliedschaft in einer IHK ist Pflicht für die Unternehmen – ein Streitthema seit Jahren. 2017 hat etwa die IHK in Hamburg aufhorchen lassen, weil sie diese Zwangsmitgliedschaft infrage stellte. Ist von der IHK Würzburg-Schweinfurt eine solche Haltung auch zu erwarten?
Nein, so die klare Antwort aus dem Haus im Würzburger Stadtteil Zellerau. Nur mit der per Gesetz vorgeschriebenen Mitgliedschaft von gewerblichen Unternehmen könnten die Kammern ihre öffentlichen Aufgaben kostengünstig und unabhängig von Einzelinteressen wahrnehmen. Mittlerweile sei die neue Führung der Hamburger IHK von der Haltung wieder abgerückt, die Pflichtbeiträge abzuschaffen, teilte die Würzburger IHK mit.
Wie viel IHK-Beitrag pro Jahr muss ein mainfränkisches Unternehmen mit zum Beispiel 200 Mitarbeitern bezahlen?
Das hängt vor allem von der Leistungskraft und Größe des Betriebes ab. Umsatz, Mitarbeiterzahl und Gewinn sind hier entscheidende Faktoren. Die Würzburger IHK hat auf ihrer Website einen Beitragsrechner: Demnach zahlt ein Beispielunternehmen (GmbH) mit 250 Beschäftigten, einem Umsatz von 17 Millionen Euro und einem Gewinn von 1 Million Euro einen Jahresbeitrag von gut 4000 Euro. Die Freistellungsgrenze liege bei 5200 Euro, teilte die Kammer mit. Folge: 45 Prozent der 75 000 angeschlossenen Unternehmen seien vom Beitrag befreit. Die Beiträge werden vom IHK-Parlament – der Vollversammlung – Jahr für Jahr neu festgelegt.
Einen großen Teil des IHK-Angebots machen Kurse und Fortbildungen aus. Dafür verlangt die Kammer meistens Gebühren. Warum wird ein Unternehmer zur Kasse gebeten, obwohl er oft schon den IHK-Beitrag zahlt?
Die mainfränkische IHK ist nach eigener Darstellung bundesweit eine der günstigsten, was die Mitgliedsbeiträge angeht. Das werde in erster Linie dadurch erreicht, dass sich die Kammer nahezu zur Hälfte aus eigener Kraft finanziere – eben durch Einnahmen aus Seminaren und Lehrgängen mit zusammen 5500 Teilnehmern im vergangenen Jahr.
Globale Zusammenhänge wie der Handelskrieg USA/China oder einst die Debatte um das Freihandelsabkommen TTIP haben stets auch Folgen für die mainfränkische Wirtschaft. Was kann die auf die Region ausgerichtete IHK Würzburg-Schweinfurt da überhaupt für ihre Unternehmen erreichen?
Viel, ist die Antwort von Hauptgeschäftsführer Jahn. Das Netzwerk der Auslandshandelskammern umspanne die ganze Welt, der Draht zur Politik sei eng. „Wir werden in München, Berlin und Brüssel gehört.“ Schließlich sei der Außenhandel wichtig: Mainfrankens Wirtschaft hat nach IHK-Angaben eine Exportquote von 43 Prozent. Jeder zweite Euro des Umsatzes werde mit dem Geschäft im Ausland gemacht.
Beispiel: Ein Unternehmen ist in der Bau-Branche tätig und hat deshalb Handwerker beschäftigt. Dennoch ist es Mitglied der IHK – parallel zur Mitgliedschaft in der Handwerkskammer. Warum das? Nach welchen Kriterien richtet sich eine solche doppelte Zugehörigkeit?
Hier gilt laut IHK der Grundsatz: Wenn eine Leistung – in diesem Fall das industrielle Bauen – gewerbsmäßig betrieben wird, sehe das Gesetz eine Mitgliedschaft bei der IHK vor. Heißt: Kleine Handwerksbetriebe sind in der Regel ausschließlich bei der Handwerkskammer (HWK) gelistet. Viele große Bauunternehmen seien aber in der Regel sowohl bei der HWK als auch bei der IHK Mitglied. Das mache auch Sinn, weil vor allem die größeren Betriebe oft klassische IHK-Berufe wie Büro- oder Industriekaufleute ausbilden.
Die IHK Würzburg-Schweinfurt ist für Mainfranken zuständig, am Untermain gibt es hingegen eine eigene IHK. Warum diese Aufteilung? Schließlich arbeitet die Handwerkskammer in Würzburg nicht nur für Mainfranken, sondern für ganz Unterfranken.
Die Gründe der Trennung liegen in der Geschichte: 1946 beschlossen Wirtschaftsvertreter, in Aschaffenburg eine eigene IHK zu gründen, weil der Untermain anders als Würzburg vom Wirtschaftsraum Frankfurt geprägt sei, wie es damals hieß. Eine eigene IHK war auch für das industriestarke Schweinfurt angedacht. Diese Idee wurde später aber wieder verworfen.
Jubiläum der IHK Würzburg-Schweinfurt
Mit einem Festakt für geladene Gäste am 6. Juni und vor allem mit einem Tag der offenen Tür für die Bevölkerung (1. Juli, 10 bis 18 Uhr) feiert die Industrie- und Handelskammer in Würzburg heuer ihre Gründung vor 175 Jahren. Beim Tag der offenen Tür steht Christoph Biemann im Mittelpunkt, der mit seinem grünen Pullover als Erkennungszeichen aus der „Sendung mit der Maus“ bekannt ist.
Wer sich für die Geschichte der IHK, ihren Wirkungskreis und für die weiteren Jubiläumsveranstaltungen interessiert, findet im Internet weitere Informationen dazu:
www.ihk175.de aug