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Was Kunst in der Firma zu suchen hat
Für den Schraubenkonzern geht es mit Kultur um das Wohl der Mitarbeiter – aber auch ums Geld.
Anziehungspunkt in Künzelsau-Gaisbach: Ein Blick in die laufende Ausstellung „Allerlei Entdeckungen – Einblicke in die Sammlung Carmen Würth“, die noch bis zum 8. Oktober im Museum Würth zu sehen ist.
Foto: Peter Petter/Würth | Anziehungspunkt in Künzelsau-Gaisbach: Ein Blick in die laufende Ausstellung „Allerlei Entdeckungen – Einblicke in die Sammlung Carmen Würth“, die noch bis zum 8. Oktober im Museum Würth zu sehen ist.
Von unserer Mitarbeiterin Selina Mühleck
 |  aktualisiert: 01.09.2017 03:24 Uhr

Große Kunst und freier Eintritt – das Unternehmen Adolf Würth GmbH & Co. KG bringt die Werke namhafter Künstler in das baden-württembergische Hohenlohe und macht sie der Öffentlichkeit und den Mitarbeitern zugänglich. Die Privatsammlung von über 17 000 Werken ist dabei zugleich Image-Garant und finanzieller Rückhalt für die Firma.

Die Bundesstraße 19 in Richtung Schwäbisch Hall schlängelt sich nach der Kreisstadt Künzelsau den Berg hinauf. Schon von weitem, zwischen Wiesen, Feldern und Bauernhöfen, erkennt man den Gebäudekomplex und die endlos erscheinenden Parkplätze der Adolf Würth GmbH & Co. KG. Als Weltmarktführer im Bereich Montage- und Befestigungsmaterial hat sich das Unternehmen aus dem Ländle international einen Namen gemacht.

Doch abseits der Schrauben und trotzdem mittendrin im Firmenverständnis befindet sich hier eine Welt, die man bei einem Unternehmen mit Kunden aus Handwerk, Bau und Industrie nicht vermuten würde. Biegt man ab und folgt der Reinhold-Würth-Straße, steht man schließlich auf einem modern angelegten Vorplatz, auf dem bereits große Skulpturen in das Museum Würth einladen.

Die Kunst ist ein Teil einer Philosophie, die bereits in den Anfängen der Unternehmensgeschichte begann. Kurz nachdem Reinhold Würth mit 19 Jahren die elterliche Schraubenhandlung übernommen hatte, erfolgte 1964 schon der Ankauf des ersten Gemäldes. Mit dem Ausbau der Firma, die mittlerweile mit 70 000 Mitarbeitern in über 80 Ländern tätig ist, ging auch die Weiterentwicklung der Sammlung Würth einher. So blickt der Unternehmer heute auf einen Besitz von über 17 000 Kunstwerken. Aus einer anfänglichen Leidenschaft für Kunst wurde somit eine private Sammlung, die ihresgleichen sucht.

Im Zentrum des kulturellen Engagements steht das Museum Würth, das 1991 am Firmensitz in Gaisbach gegründet wurde. Bereits zehn Jahre später eröffnete die Kunsthalle Würth in Schwäbisch Hall und schließlich noch weitere Ausstellungsgebäude in der Region. Der Expansion der Würth Gruppe in die weite Welt folgten dann auch die Ausstellungsstücke, die heute zusätzlich in europaweiten Kunstdependancen präsentiert werden. Rund zehn Millionen Besucher verzeichnete das Unternehmen dabei bisher an den verschiedenen Standorten.

Damit die Sammlung Würth stetig wächst, berät bei Ankäufen seit 2005 ein Kunstbeirat die Würth-Gruppe. Den Fokus lege man dabei laut Unternehmenssprecherin Maria Theresia Heitlinger „auf Skulpturen, Malerei und Grafiken vom ausgehenden 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart“. Neben Werken von bekannten Namen wie Pablo Picasso oder Max Ernst setzt man auch auf aufstrebende und unbekannte Künstler. So zeigt das Museum Würth derzeit mit der Ausstellung „Allerlei Entdeckungen. Einblicke in die Sammlung Carmen Würth“ Kunstwerke aus der privaten Sammlung der Unternehmergattin Carmen Würth. In einem breiten Spektrum präsentiert man hier Gemälde der klassischen Moderne, zeitgenössische Werke, aber auch Kunst von „besonderen Menschen mit Handicap“, wie es in einem Infoblatt zur Ausstellung heißt.

So einzigartig die Sammlung Würth ist, so besonders sind auch die Ausstellungsorte. Ob am Hauptsitz oder in den europäischen Landesgesellschaften – die Kunst ist überall in den Kontext der Firma integriert. So geht zum Beispiel das Museumsgebäude in Gaisbach nahtlos in den Verwaltungstrakt über und bietet den Mitarbeitern von umlaufenden Galerien aus stets den Blick von oben auf das Geschehen.

Dieses Konzept, welches laut dem Unternehmen „ein inspirierendes Neben- und Miteinander von Kunst und geschäftlichem Alltag“ ermöglichen soll, sieht man bei Würth als Ausdruck einer gelebten Unternehmenskultur. Dementsprechend gut kommt das Museum auch bei den Mitarbeitern an: „Für mich ist es schön, von Kunst umgeben zu sein. Die wechselnden Ausstellungen und angebotenen Mitarbeiterführungen wecken Interesse an der Kunst und den Künstlern“, so eine Würth-Beschäftigte.

Auch die Öffentlichkeit profitiert von den Ausstellungen, deren Besuch zudem kostenlos ist. Was sonst nur in großen Städten wie Paris oder New York zu sehen ist, findet man jetzt im beschaulichen Hohenlohe, gerade mal eine gute Autostunde von Würzburg entfernt. Mit seinen nicht einmal 2000 Einwohnern lockt der kleine Teilort Gaisbach daher Interessierte aus ganz Deutschland an. Seit dem 18. Juli kommt schließlich auf der anderen Seite der Bundesstraße noch eine weitere Anlaufstelle für Kulturliebhaber dazu. Zum 80. Geburtstag der Ehefrau des Mäzens eröffnet das Carmen-Würth-Forum – eine Kultur- und Kongresshalle, für die unter anderem ein eigenes Orchester gegründet wurde.

Dass sich auch der Landrat des Hohenlohekreises über die Heimatverbundenheit von Reinhold Würth freut, ist da wenig verwunderlich. Die lebendige Kulturszene im Kreis verdanke man auch der Würth-Gruppe, „die nicht nur die örtlichen Vereine und Kulturangebote unterstützt, sondern durch eigene, der Öffentlichkeit frei zugängliche Museen und ein anspruchsvolles Programm in Form von Konzerten, Vorträgen, Ausstellungen und vielem mehr das kulturelle Leben im Landkreis bereichert“, so Matthias Neth.

Auch das Unternehmen profitiert von dem Engagement im kulturellen Bereich. Mit der internationalen Aufmerksamkeit, die zusätzlich durch die Präsenz in anderen Ausstellungshäusern und auf Messen entsteht, trägt die Kunst zum Erfolgskonzept bei. Dabei ist der große finanzielle Wert der Sammlung nicht zu vergessen. Dank der Wertsteigerung verfügt Würth über finanzielle Rücklagen, die im Zweifel auch als materielle Absicherung begriffen werden können.

Reinhold Würth ist mit 82 Jahren noch Vorsitzender des Stiftungsaufsichtsrates der Würth-Gruppe, der das in verschiedene Familienstiftungen eingebrachte Firmenvermögen verwaltet. Er hat somit – zusammen mit seiner Tochter Bettina, die als Beiratsvorsitzende das Unternehmen leitet – heute noch die Oberhand über diese besondere Verbindung von Wirtschaft und Kunst. Daneben engagiert sich die Stiftung auch im Bereich der Bildung und der Wissenschaft und leistet zum Beispiel durch die Unterstützung von Schulen und die Arbeit mit Geflüchteten einen Beitrag für die Gesellschaft.

Nach dem Motto „Eigentum verpflichtet“ setzt sich Würth in ungewöhnlich großem Maße für die Kulturförderung ein. Diese Einbettung von Kunst in den Alltag des Unternehmens ist zwar kein Phänomen, welches man nur in Hohenlohe findet, allerdings führt der große Umfang der Sammlung sowie die regionale Verwobenheit zu einer Kunstförderung, ohne die der nächste Weg zu Werken renommierter Künstler zumindest ein weiterer wäre.

Museum Würth

Öffnungszeiten: Täglich von 11 bis 18 Uhr, außer 24. und 31. Dezember. Weihnachten sowie Neujahr von 12 bis 17 Uhr geöffnet.

Das Museum Würth ist barrierefrei zugänglich.

Eintrittspreise: Der Eintritt ist frei.

Audioguide: Für den individuellen Rundgang ist ein Audioguide in deutscher und englischer Sprache erhältlich, Dauer etwa 60 Minuten, 6 Euro pro Gerät.

Adresse: Museum Würth, Reinhold-Würth-Straße 15, 74653 Künzelsau

„Für mich ist es schön, von Kunst umgeben zu sein.“
Mitarbeiterin der Firma Würth
 
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