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WÜRZBURG
Was Google wirklich will: Von der Austernbar in die Geschichtsbücher
Thomas Schulz       -  Thomas Schulz, Silicon-Valley-Korrespondent des Spiegel, stellt sein Buch vor: 'Was Google wirklich will: Wie der einflussreichste Konzern der Welt unsere Zukunft verändert'.
Foto: Patty Varasano | Thomas Schulz, Silicon-Valley-Korrespondent des Spiegel, stellt sein Buch vor: "Was Google wirklich will: Wie der einflussreichste Konzern der Welt unsere Zukunft verändert".
Angelika Kleinhenz
 |  aktualisiert: 27.04.2023 01:20 Uhr

Einmal einen Blick in die geheimen Gedankengänge des Internetriesen Google erhaschen, dazu hatten 800 Gäste der Würzburger VR-Bank beim Kundenforum die Gelegenheit. Im Vogel Convention Center schilderte Thomas Schulz, Silicon-Valley-Korrespondent des „Spiegel“, was er bei den Recherchen seines Buches „Was Google wirklich will“ erlebt hat. Wie Google-Mitarbeiter ticken, hat der Journalist in über 100 Interviews in der Firmenzentrale herausgefunden.

Frage: Herr Schulz, was will Google?

Thomas Schulz: Google will zweierlei: erfolgreichstes Unternehmen der Welt sein und dabei die Welt durch Technologie verbessern. Die Firmengründer haben eine gesellschaftliche Mission. Google will tatsächlich gemocht werden.

Nicht unsere Daten, nicht unser Geld?

Schulz: Wenn man die neue Welt verstehen will, muss man seine Protagonisten verstehen. Apple-Gründer Steve Jobs hat lange in einer Kommune gelebt. Beide Google-Gründer waren auf Montessori-Schulen. Die Hippiebewegung hatte einen extrem starken Einfluss auf das Silicon Valley. In den USA ist es kein Widerspruch, ein linksalternativer, progressiver Weltverbesserer zu sein und enorm viel Geld zu verdienen.

Wie will Google die Welt verbessern?

Schulz: Sie stecken sehr viel Geld, das sie mit der Suchmaschine einnehmen, in Forschungsprojekte, bei denen nicht absehbar ist, ob und wann sie einmal Gewinn bringen. Ein Beispiel ist die digitale Entschlüsselung des menschlichen Erbguts für Krebs- und Alzheimertherapien. Pharmafirmen träumen bereits jetzt von personalisierter Medizin.

Welches ist Googles Erfolgsrezept?

Schulz: Google richtet das Unternehmen nicht nach dem Produkt aus, sondern baut das Unternehmen so um, dass es jedes Produkt der Welt herstellen könnte. Der Fortschritt ist größer denn je. Informatik, Robotik, Medizin- und Biotechnologie verschmelzen. Künstliche Intelligenz ist auf dem Vormarsch: Maschinen bilden neuronale Netze und lernen selbst, intelligenter zu werden. Schnelligkeit allein zählt.

Wie sieht die Google-Zentrale aus?

Schulz: Wenn man zu Google kommt, erwartet man ein Hauptquartier, das hinter Zäunen und Stacheldraht liegt. Das Gegenteil ist der Fall: Es gibt keine Tore, keine Schranken, keine Kameras. Es sieht ähnlich wie auf dem Campus der Universität Würzburg aus. Sie können dort Fahrrad fahren und Kaffee trinken. Bei Facebook ist das genauso. Die Konzerne sehen sich selbst als sehr transparent und vernetzt. Sie versuchen alles, um es den Mitarbeitern so angenehm wie möglich zu machen.

Nicht ganz ohne Hintergedanken, oder?

Schulz: Nein. Es läuft ein Wettrennen um die klügsten Köpfe der Welt. Jeden Tag kommen bei Google 20 neue Ingenieure von den besten deutschen Unis an. Früher ging man zu Daimler und war froh, einen Job für die nächsten 40 Jahre zu haben. Heute isst man Sushi in Kalifornien und wohnt unter Palmen. Google bietet seinen Mitarbeitern Yoga, Schwimmbäder, Bowling und Beachvolleyball. Apple hat eine Austernbar in der Kantine. Mehr als 100 Psychologen sind damit beschäftigt, Google effizienter zu machen. Sie erstellen psychografische Profile der Mitarbeiter. Es ist eine Art eigener Glücksmaschinerie.

Das klingt verführerisch und gleichzeitig unheimlich . . .

Schulz: Die Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben verwischen. Die Frage ist: Bleibe ich dadurch freiwillig 60 Stunden pro Woche im Büro? Ist es toll, wenn sich mein Unternehmen um mich kümmert, oder ist es vielmehr eine subtile Art, die arbeitsrechtlichen Errungenschaften der letzten 30 Jahre zu untergraben?

Leben die Mitarbeiter auf dem Google-Campus in ihrer eigenen Seifenblase?

Schulz: In gewisser Weise: Sie sind überzeugt, die Welt durch Technologie zu verbessern. Das Paradoxe: San Francisco ist eine Stadt mit extrem hoher Obdachlosigkeit. Doch kaum ein Google-Chef geht vor die Tür.

Was glauben Sie: Kann Technik die Welt verbessern?

Schulz: Für die einen wird der Lebensstandard in der Zukunft sicher steigen. Andere verlieren ihren Job. Die Frage ist: Gibt es am Ende nur eine kleine Elite von Supergewinnern?

 
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