Keine der ansonsten üblichen Bratwürste, keinen Kaffee, aber laute Trillerpfeifen und die steten Aufforderungen der über 100 Ordner, Abstand zu halten: Das gab es am Dienstag für die 1000 Teilnehmer eines Warnstreiks vor den Großbetrieben SKF und ZF.
Um 4 Uhr hatte nach dem Aufruf der IG Metall die dritte Schicht die Arbeit niedergelegt und war nach Hause gegangen. Der Warnstreik begann dann pünktlich um 9.30 Uhr. Nach gut einer Stunde kehrten die Beschäftigten in die Betriebe zurück.
Die Anzahl der Streikenden im Homeoffice ist nicht bekannt. Ein Aufruf zur Arbeitsniederlegung am Nachmittag ging an die zweite Schicht – und damit erneut an über 1000 Beschäftigte in Schweinfurt.
IG Metaller: "Wir können richtig streiken"
"Unseren verdienten Lohn" hatte der Zweite Bevollmächtigte der IG Metall Schweinfurt, Thomas Höhn, bei der Kundgebung am Dienstagmorgen gefordert, ehe er das frisch desinfizierte Mikrofon an den SKF-Betriebsratschef Norbert Völkl übergab. Das Mitglied der Verhandlungskommission in der Tarifauseinandersetzung warf den Arbeitgebern eine Dammbruchpolitik vor.
Die Arbeitnehmervertretung werde jedoch eine Nullrunde bis ins Jahr 2022 hinein und Abstriche beim Urlaubs- und Weihnachtsgeld nicht hinnehmen, so Völkl. "Die Zeit der Konflikte ist gekommen. Wir können Konflikte, wir können richtig streiken und wir gehen wieder auf die Straße." Die Auftragsbücher seien übervoll und die Arbeitnehmer am Limit, ergänzte ZF-Betriebsratschef Oliver Moll.
Was die IG Metall will
Noch bis Freitag will die IG Metall mit Warnstreiks in Schweinfurt sowie der Region Main-Rhön Druck im Tarifstreit aufbauen und Bewegung in die Verhandlungen bringen. Die Ziele im Arbeitskampf sind für die Gewerkschaft eine Stärkung der Kaufkraft, die Beschäftigungssicherung und das Mitgestalten für die Arbeitswelt der Zukunft.
Gefordert ist eine Lohnerhöhung von vier Prozent, die auch bei einer Arbeitszeitverkürzung zur Sicherung der Arbeitsplätze für einen Ausgleich sorgen soll. Im Visier hat die IG Metall zudem Zukunftstarifverträge, Investitionen in die Betriebe, Produktperspektiven für Standorte, Qualifizierungspläne und den Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen sowie die unbefristete Übernahme aller Ausgebildeten.
Bereits am Montag hatte sich die Kampfbereitschaft der mainfränkischen Beschäftigten angedeutet. In Kitzingen waren 120 Teilnehmer zu einer Menschenkette der IG Metall zusammengekommen, um ihren Unmut zu verdeutlichen. Beteiligt waren unter anderem Mitarbeiter der Unternehmen Frankenguss, Leoni, Schaeffler, Fehrer, Rexroth und Brose.
Warnstreiks gab es am Dienstag auch in großen Werken wie etwa Mercedes in Bremen, Airbus in Hamburg oder Daimler in Berlin. IG Metall-Chef Jörg Hofmann warf den Arbeitgebern vor, die Corona-Pandemie als Gelegenheit zu nutzen, um tarifliche Errungenschaften aufzuweichen.
Nach dem Scheitern der vierten Verhandlungsrunde in der vergangenen Woche kritisierte der bayerische Arbeitgeberverband bayme/vbm die Gewerkschaft. "Die IG Metall hat zu keinem Zeitpunkt erkennen lassen, dass sie an zielorientierten Verhandlungen interessiert ist", wird Verhandlungsführerin Angelique Renkhoff-Mücke, Chefin des Sonnenschutzanbieters Warema in Marktheidenfeld, in einer Mitteilung von vergangener Woche zitiert.
Zwei Drittel aller in der bayerischen Industrie beschäftigten Menschen arbeiten im Bereich Metall/Elektro. In der Summe sind es laut bayme 870 000. Auch in Mainfranken zählt dieser Zweig zu den Säulen der Wirtschaft. Allein der Autozulieferer ZF hat in Schweinfurt 9000 Mitarbeiter und ist damit der größte kommerzielle Arbeitgeber in Mainfranken.