„Wucher“ und „Banken-Exzess“ schallt es durchs Land. „Wahlkampfgetöse“ bellen die Gescholtenen zurück. Kaum ein Thema ist so sensibel wie das Geld – und zu welchem Zins man es bekommt. Die Stiftung Warentest hat Banken im ganzen Land bereist, und siehe da: Oft verlangen sie mehr als 13 Prozent Zinsen für den Dispokredit. Und das, obwohl sie sich nun schon seit Jahren so billig mit Geld versorgen wie nie. Es gibt aber auch andere Beispiele.
Hubertus Primus – 57 Jahre, Anzug, Krawatte – überzieht des öfteren Mal sein Konto, wie er zugibt. Was ihn das kostet, kann der Stiftungsvorstand nicht sagen. Aus der Zins- und Gebührenabrechnung, die er quartalsweise auf dem Kontoauszug erhält, gehe das nicht eindeutig hervor.
Das ist für Primus das größte Problem: Banken machten es Kunden schwer zu vergleichen. Das haben auch die Tester von Stiftung Warentest zu spüren bekommen: Die Zinssätze der mehr als 1500 Institute mussten sie sich oft mühsam beschaffen, teils fanden sie sie weder auf der Internetseite noch auf einem Aushang. Ausgerechnet Volksbanken und Sparkassen, die in der Finanzkrise viel Kundenvertrauen gewannen, stehen am Pranger. Sie missbrauchten ihr Monopol auf dem Land.
Martin Polle kann das nicht verstehen. Seine Bank, die VR-Bank Uckermark-Randow im brandenburgischen Prenzlau, verlangt von den meisten Kunden 6,7 Prozent Dispozinsen. Bei Kunden mit Komfortkonto sind es sogar nur 4,2 Prozent – das Konto kostet inklusive Kreditkarte aber auch die vergleichsweise hohe Gebühr von zwölf Euro im Monat.
„Wir wollen fair mit unseren Kunden umgehen“, sagt Banker Polle. Referenzwert für die Prenzlauer ist der Drei-Monats-Euribor, zu dem sich Banken untereinander Geld leihen: Aktuell sind das 0,22 Prozent. „Bleibt ein Unterschied von rund vier Prozent, davon können wir gut leben.“ Polle wundert sich über andere. „Mit einem Zinssatz von mehr als 14 Prozent ist im aktuellen Niedrigzinsumfeld schwer zu argumentieren.“
Die Bundesregierung meint, mit höchstens zehn Prozent müssten die Banken auskommen. Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) hofft, dass Vergleichsportale die Zinsen zum Rutschen bringen. Die Opposition verlangt dagegen gesetzliche Grenzen. Viele Menschen aber nutzen den Dispo dauerhaft als Kleinkredit, etwa wenn sie den Job verlören und das Geld knapp wird. Doch dafür ist er eben nicht gedacht.
Dass Konto nicht dauerhaft zu überziehen, ist eine bekannte Warnung von Verbraucherschützern. Das wäre wie jeden Tag mit dem Taxi zur Arbeit zu fahren statt mit dem Bus, heißt es beim Deutschen Sparkassen- und Giroverband. Immerhin sind die Dispozinsen zuletzt leicht gesunken: Laut „Finanztest“ von durchschnittlich 12,52 vor drei Jahren auf 11,31 Prozent. Österreicher bezahlten aber nur fünf bis sechs Prozent, Niederländer acht Prozent.
Auf das Niveau von Ratenkrediten werden Dispozinsen nie sinken. Das hat mit höheren Kosten der Banken zu tun. Denn sie holen das Geld nicht von der Zentralbank, sondern aus höher verzinsten Kundeneinlagen, wie der Sparkassenverband erklärt. Außerdem sei das Ausfallrisiko höher. Das betont auch Stephan Götzl, Präsident des Genossenschaftsverbands Bayern. Überziehungskredite seien unbesicherte Kredite und für Banken die teuerste Form der Kreditgewährung. „Dass hier nach Risiko bepreist wird, ist schlichtweg eine kaufmännische Erfordernis.“ Mit Material von md
Ratenkredit oft billiger
Das Konto zu überziehen, kann teuer werden. Der Tipp: Kunden sollten den Dispo daher nur im Notfall nutzen, empfiehlt „Warentest“. Wer mehr Geld braucht, sei mit einem Raten- oder Abrufkredit oft besser dran, denn hier seien die Zinsen oft günstiger. Laut der unabhängigen FMH-Finanzberatung in Frankfurt müssen Kunden für einen Ratenkredit über 5000 Euro derzeit zwischen 8,32 Prozent und 2,99 Prozent Zinsen zahlen. Die Laufzeit beträgt in diesem Fall 36 Monate. Wer sich über die hohen Dispozinsen ärgert, kann auch das Konto kündigen und zu einer anderen Bank wechseln. Text: dpa