Die Behörden arbeiten wieder normal, die Museen sind geöffnet, auch die Nationalparks richten sich auf Normalbetrieb ein: Nach dem Ende des Haushaltsstreits ist in den USA wieder der Alltag eingekehrt. Wenige Stunden vor Erreichen der Schuldengrenze hatte der Kongress einen Einigungsvorschlag aus dem Senat abgesegnet. Am Donnerstagmorgen unterzeichnete Präsident Barack Obama das Papier.
Die öffentliche Verwaltung, die seit dem 1. Oktober nur noch im Notbetrieb operierte, hat nun bis zum 15. Januar einen Übergangshaushalt. Die Schuldengrenze, die darüber entscheidet, ob die Regierung ihre Rechnungen pünktlich bezahlen kann, wird bis zum 7. Februar angehoben. Bis zum 13. Dezember soll nun um einen ordentlichen Etat gefeilscht werden, um im Frühjahr einen ähnlichen Showdown zu verhindern.
Das Resultat gilt als Sieg für Obama, mehr noch aber als selbst verschuldete Niederlage seiner Gegner. Die ultrakonservative Tea-Party-Fraktion der Republikaner hatte dem Establishment der Partei das Manöver mit der Gesundheitsreform aufgezwungen, obwohl es von Anfang an aussichtslos war.
Der Präsident dankte den Verhandlungsführern im Senat für ihre Einigung. „Hoffentlich ist das eine Lektion, die nicht nur von mir verinnerlicht wird, sondern auch von Demokraten und Republikanern“, sagte Obama. „Nicht nur von den Führern, sondern auch von der Basis.“
Trotz der Last-Minute-Einigung in Washington sehen Anleger keinen Grund zum Jubeln. Denn die Freude über den Kompromiss könnte schon bald neuer Ernüchterung weichen. An den Börsen ging es größtenteils nach oben, ein Kursfeuerwerk blieb am Donnerstag jedoch aus. Die Investoren hatten den in letzter Minute gefundenen Kompromiss erwartet und richten ihren Blick bereits in die Zukunft. Denn der grundsätzliche Konflikt um den Haushalt in der größten Volkswirtschaft der Welt ist noch nicht endgültig gelöst.
Mit dem Kompromiss entging die Weltwirtschaft nach Ansicht von Weltbank-Präsident Jim Yong Kim nur knapp einem Desaster. „Die globale Wirtschaft ist einer potenziellen Katastrophe ausgewichen“, erklärte er. „Dies sind gute Nachrichten für die Entwicklungsländer und die Armen der Welt.“
Die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, sprach von einem „wichtigen und notwendigen Schritt“. Die Unsicherheit über die Finanzpolitik der USA müsse nun unbedingt verringert werden, betonte sie. Für den eskalierten Finanzstreit haben die USA nach Einschätzung der Ratingagentur Standard & Poor's schon jetzt einen hohen Preis gezahlt: Der „Shutdown“ habe die Wirtschaft bereits 24 Milliarden Dollar (knapp 18 Milliarden Euro) gekostet.
Der deutsche Aktienmarkt hatte bereits am Mittwoch nach den ersten positiven Signalen für eine Einigung in Washington mit Rekordständen reagiert. Am Donnerstag fiel der deutsche Leitindex Dax zunächst etwas ab. Zuvor hatten die wichtigsten Börsen in Asien zugelegt.
Die deutsche Wirtschaft hat sich erleichtert über die vorläufige Einigung im US-Haushaltsstreit gezeigt und hofft nun auf eine tragfähige Lösung. „Der politische Stillstand in Washington darf nicht weiterhin das größte Investitionshemmnis in den USA sein und weltweit Wachstum gefährden“, erklärte der Industrieverband BDI am Donnerstag in Berlin. Mit der Einigung seien schwerwiegende Folgen für die amerikanische und die Weltwirtschaft vorerst abgewendet.
Zugleich sei dies aber nur eine vorübergehende Lösung: „Eine Wiederholung der Haushaltskrise Anfang kommenden Jahres muss unbedingt vermieden werden“, mahnte der BDI. Ähnlich äußerte sich der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK): „Der worst case ist zum Glück nicht eingetreten.“ Dennoch sei das Vertrauen auch der Finanzmärkte in die US-Haushaltspolitik erschüttert. „Es ist wieder nur ein Kompromiss auf Zeit.“ Alle halbe Jahre eine Hängepartie und das Aufleben ideologischer Grabenkämpfe müssten verhindert werden.
Mit Informationen von dpa