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„Versicherung gegen steigende Zinsen“
LBS-Chef Wirnhier: Bausparen so beliebt nie noch nie.
Foto: Theresa Müller | LBS-Chef Wirnhier: Bausparen so beliebt nie noch nie.
Michael Deppisch
Michael Deppisch
 |  aktualisiert: 11.04.2014 16:51 Uhr

Wohnen in Bayern wird immer teurer, die Immobilienpreise in den Großstädten klettern und klettern. Wir sprachen mit Franz Wirnhier, Vorstandssprecher der LBS Bayern, über die Gefahr einer Immobilienblase – und den Reiz des Bausparens.

Frage: In der Öffentlichkeit wurde es kaum registriert, aber die Landesbausparkasse, die LBS, gehört seit kurzem den bayerischen Sparkassen. Warum?

Franz Wirnhier: Wir sind von jeher die Bausparkasse der Sparkassen. Vor zwei Jahren hat die EU-Kommission entschieden, dass die Bayerische Landesbank Geschäftsfelder abgeben muss, unter anderem die LBS. Und so haben uns die Sparkassen zum 1. Januar 2013 übernommen.

Wie viel haben sie für die LBS bezahlt?

Wirnhier: Das waren knapp 820 Millionen Euro.

Wie haben die Kunden reagiert?

Wirnhier: Es war von Anfang an unser Ziel, dass der Kunde davon nichts spüren soll. Und ich glaube, das ist uns auch ganz gut gelungen. Immerhin hatten wir 2012 das beste Neugeschäft unserer Geschichte.

Wie funktioniert denn jetzt die Aufgabenteilung mit den Sparkassen?

Wirnhier: Wir sind in der Sparkassenorganisation der Experte für das Thema Wohnen und Wohnimmobilien, das ist unsere Rolle. Wir haben zwei Vertriebsschienen – zum einen natürlich die Sparkassen und zum anderen unseren eigenen LBS-Außendienst. 80 Prozent unseres Neugeschäfts vermitteln die Sparkassen.

Und wie hoch ist Ihr Marktanteil?

Wirnhier: Mit mittlerweile über 1,6 Millionen Kunden in Bayern haben wir im Bauspargeschäft einen Marktanteil von etwa 38 Prozent.

Immobilienkredite für Häuslebauer sind derzeit so günstig wie noch nie. Lohnt denn Bausparen da überhaupt noch?

Wirnhier: Die Niedrigzinsphase ist für uns eine große Herausforderung. Und wir gehen davon aus, dass das auch noch länger so bleiben wird. Allerdings haben die niedrigen Zinsen aus unserer Sicht auch einen sehr positiven Aspekt, nämlich den, dass Immobilien sehr stark nachgefragt werden. Menschen suchen eine Wohnung oder ein Haus zur Selbstnutzung oder als Geldanlage. Und auch viele Immobilienbesitzer investieren derzeit und modernisieren ihre eigenen vier Wände.

. . . das können sie aber auch, wenn sie sich zu derzeit sehr günstigen Zinssätzen Geld von der Bank holen.

Wirnhier: Bausparen ist in Deutschland der traditionelle, zinssichere und planbare Weg, um unabhängig von künftigen Zinsschwankungen eine Baufinanzierung aufzubauen. Ja, gerade jetzt in der Niedrigzinsphase ist Bausparen sehr attraktiv, weil es eine Versicherung gegen steigende Zinsen ist.

Dann hat die Niedrigzinsphase für Sie nur positive Aspekte?

Wirnhier: Leider nicht. Die negative Seite dieser Entwicklung spüren wir auf der Ertragsseite. Wir haben unsere freien Mittel ja wie jeder Sparer am Kapitalmarkt angelegt – und da gibt es derzeit wenig zu holen. Und dann spüren wir noch einen anderen Effekt: Die Kunden, die jetzt ihren Bausparvertrag zugeteilt bekommen, die haben vor sieben Jahren bei einem höheren Zinsniveau zu sparen begonnen. Deshalb werden derzeit weniger Bauspardarlehen abgerufen. Kompensieren können wir das durch unsere Sofortfinanzierungsangebote, hier lagen die Auszahlungen 2013 auf einem Rekordniveau.

Lassen Sie uns über den Immobilienmarkt sprechen: Haben wir in Deutschland nicht schon eine Immobilienblase?

Wirnhier: Nein, ganz sicher nicht. Von einer Immobilienblase spricht man, wenn weit über Bedarf produziert wird, wenn die Nachfrage stark durch Abschreibungsmöglichkeiten getrieben wird und wenn Finanzierungen über 100 Prozent und mehr des Kaufpreises vergeben werden. Das alles sehen wir nicht. Unsere Kunden bringen in der Regel etwa ein Drittel Eigenkapital mit, das läuft alles ganz konservativ.

Aber die Preise bei Immobilien als auch bei Mieten sind zuletzt kräftig gestiegen.

Wirnhier: Gerade in den Ballungsräumen und Großstädten ist das in den vergangenen zwei, drei Jahren sicherlich so gewesen. Das liegt daran, dass die Bevölkerung dort, wo Arbeit angeboten wird, weiter wächst. Auf der anderen Seite ist viel zu wenig gebaut worden. Diese Lücke beklagen wir schon seit Jahren. Und nun sehen wir, dass Wohnraum fehlt. Nach Zahlen des bayerischen Innenministeriums müssten in Bayern pro Jahr etwa 70 000 Wohnungen gebaut werden – doch davon sind wir weit entfernt: 2012 wurden 47 000 neue Wohneinheiten genehmigt, 2013 waren es auch nur 50 000. Lange wurde mit dem Hinweis auf die demografische Entwicklung von der Politik gesagt, dass der künftige Bedarf an Wohnraum sinkt. Das Gegenteil ist der Fall. Aber die Politik hat Abschreibungsmöglichkeiten eingeschränkt und die Eigenheimzulage abgeschafft, das bremste lange Zeit Investoren und die Erwerber von selbst genutztem Wohneigentum.

Man hat also den Bedarf schlicht und einfach völlig falsch eingeschätzt?

Wirnhier: Unsere Makler sagen uns, dass der Preisanstieg tatsächlich mit der enormen Nachfrage zu tun hat – im Eigenbedarf als auch zur Kapitalanlage. Weil das Angebot dafür vielfach nicht ausreicht, gehen die Kaufpreise nach oben. Und dann kommt noch eines hinzu: Die Menschen durchleben heute mehrere Lebensphasen mit ganz unterschiedlichen Bedürfnissen an ihre Wohnsituation. Junge Menschen sind sehr mobil, folgen ihrem Arbeitsplatz. Dann kommt die Familienphase. Später zieht man zurück in die Stadt – und verkauft sein Häuschen auf dem Land. Daher entwickelt sich gerade der Gebrauchtimmobilienmarkt so dynamisch.

Franz Wirnhier (61) ist seit April 2004 Geschäftsleitungssprecher und seit 2013 Vorstandsvorsitzender der Landesbausparkasse (LBS) Bayern in München.

 
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