Positive Signale aus Washington sind so selten, dass die europäischen Autohersteller diesen Satz von US-Handelsminister Wilbur Ross am Wochenende umso aufmerksamer und erleichterter registrierten: „Wir haben sehr gute Gespräche mit unseren europäischen Freunden, mit unseren japanischen Freunden, mit unseren koreanischen Freunden gehabt – und das sind die größten Autoproduzenten“, erklärte der Vertraute von US-Präsident Donald Trump am Rande eines Wirtschaftstreffens in Bangkok. Nun gebe es „Hoffnung auf genügend Fortschritte“, um die Strafzölle zu vermeiden. Auf bis zu 25 Prozent könnten die Einfuhrabgaben für Fahrzeuge europäischer Hersteller steigen, hatte Washington noch vor Monaten gedroht. Im Mai war eine sechsmonatige Frist ein letztes Mal verlängert worden. Bis zum Stichtag am 13. November soll eine Entscheidung fallen.
Noch Mitte Oktober war Trump über die Europäer hergezogen, als gerade der italienische Staatspräident Sergio Mattarella zu Gast im Oval Office war. „Diesen Krieg der Zölle können wir eigentlich nicht verlieren“, sagte Trump. „Das Ungleichgewicht ist viel zu groß dafür, sie machen viel mehr lukrative Geschäfte als wir, und das ist bedauerlich. Wir bekommen unsere Agrarprodukte nicht in die EU, und unsere Autos auch nur sehr schwer. Sie schicken unentwegt Mercedes, BMW, Volkswagen, Renault zu uns. Für viele Jahre war es für uns eine sehr schwierige Situation – aber jetzt wird es für die andere Seite schwierig.“ In einem wichtigen Punkt irrt der Präsident. Denn die Europäische Union hat inzwischen Zölle geschluckt, die die US-Administration nach dem Airbus-Urteil der Welthandelsorganisation (WTO) in Höhe von 7,3 Milliarden US-Dollar eingeführt hatte. Betroffen sind mehrere hundert Produkte vom französischen Käse und Wein über britische Textilien und europäische Flugzeuge, die für US-Airlines bis zu zehn Prozent teurer wurden.
EU hat stillgehalten
Bislang hat die EU stillgehalten, obwohl eine Liste mit Gegenmaßnahmen längst fertiggestellt ist. Aber Brüssel wollte Trump mit Blick auf die anstehende Entscheidung zu den Autozöllen nicht verärgern. Sollte Washington allerdings die Auto-Importen verteuern, würde die Gemeinschaft wohl spätestens im März oder April 2020 mit Gegenmaßnahmen reagieren, schätzt der Vorsitzende des einflussreichen Handelsausschusses im EU-Parlament, Bernd Lange (SPD). Es wäre eine Spirale, die da in Gang käme, die niemandem nutzt. Denn im Dezember wird ein weiterer Spruch der WTO zu verbotenen Subventionen Washingtons für den US-Flugzeugbauer Boeing erwartet. Dann dürfte die EU wohl ebenfalls in Milliardenhöhe Zölle erheben. Allerdings hofft man im Umfeld von EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström, dass Trump inzwischen eher an einer Deeskalation interessiert ist, um sich nicht selbst im anbrechenden Wahlkampf zu schaden.
Von den angedrohten Zöllen wären auf deutscher Seite vor allem Volkswagen, BMW und Daimler betroffen. Der Deutsche Industrie-und Handelskammertag (DIHK) geht von Mehrkosten aus, die sich pro Jahr auf rund sechs Milliarden Euro belaufen könnten.
Unklar ist derzeit, welche Zugeständnisse die EU, Südkorea und Japan in die Verhandlungen eingebracht haben. Dass die EU durchaus bereit ist, etwas zu tun, hat sie bewiesen: Im Sommer vergangenen Jahres war Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker bei Trump, um schon damals die Autozölle zu verhindern. Er erreichte dies, indem er versprach, den USA mehr Soja und Flüssiggas abzukaufen. Beide Versprechen wurden gehalten. Ob Trump aber sein Ziel erreicht, dass die Europäer unter anderem ihren Agrarmarkt für die Produkte der US-Farmer öffnen, erscheint doch eher zweifelhaft.