Überraschender Wechsel an der Spitze der Deutschen Telekom: Der Vorstandsvorsitzende René Obermann wird Ende 2013 seinen Posten abgeben und den Konzern verlassen. Sein Nachfolger wird der bisherige Finanzvorstand Timotheus Höttges. Das teilte die Deutsche Telekom AG am Donnerstag in Bonn mit.
Zur Begründung heißt es in der Mitteilung, Obermann wolle nach 16 Jahren Tätigkeit für die Deutsche Telekom, davon dann sieben Jahre an der Spitze des Unternehmens, wieder „näher ans operative Geschäft rücken“, als das für den Vorstandsvorsitzenden eines Großkonzerns möglich sei. „Ich will wieder mehr Zeit für Kunden, Produktentwicklung und Technik haben“, wird Obermann in der Mitteilung zitiert.
Das Unternehmen teilte mit, Obermann habe den Aufsichtsrat um die Entbindung von seinen Aufgaben gebeten. Diesem Wunsch sei entsprochen worden. Der Aufsichtsratsvorsitzende Ulrich Lehner reagierte der Mitteilung zufolge mit Bedauern auf Obermanns Entscheidung: „Ich respektiere seinen Schritt, auch wenn ich unsere erfolgreiche Zusammenarbeit sehr gerne weitergeführt hätte.“
Noch vor zwei Wochen hatte Obermann auf einer Investorenveranstaltung einen Strategieschwenk angekündigt. Mit einer Investitionsoffensive will die Telekom die Breitbandnetze ausbauen und wieder Neukunden an sich ziehen.
Die 30 Milliarden Euro, die in den nächsten drei Jahren die Netze auf Vordermann bringen sollen, will er sich mit Börsengängen von Unternehmensteilen, einem Sparprogramm und einer niedrigeren Dividende besorgen – ein Bruch mit der bisherigen Kultur.
Anders als andere Unternehmenschefs will sich Obermann nicht in den Ruhestand verabschieden. Der Telekom-Chef, der im kommenden März seinen 50. Geburtstag feiern wird, gilt als zupackender Manager, der sich gern ums Detail kümmert. Dazu hatte er als Chef eines der größten deutschen Konzerne wenig Gelegenheit.
Obermann räumt seinen Posten ohne Groll, anders als so manche seiner Vorgänger. Als Ron Sommer zum Beispiel, der Obermann von einem kleinen Wettbewerber zur Telekom geholt hatte, und der schließlich an seinen Visionen und dem dramatischen Fall der T-Aktie gescheitert war.
Für seinen Nachfolger fand Obermann nur lobende Worte: „Ich kann mir keinen Besseren vorstellen als ihn, um die gute Entwicklung der letzten Jahre fortzuschreiben“, heißt es in der Mitteilung. Höttges ist seit dem Jahr 2000 bei der Deutschen Telekom. Bei deren deutscher Mobilfunktochter war er zunächst Finanzgeschäftsführer, später übernahm er den Vorsitz der Geschäftsführung, bevor er 2004 Vertriebs- und Servicechef für die europäischen Mobilfunkaktivitäten der Deutschen Telekom wurde.
Höttges nannte die Telekom ein kerngesundes Unternehmen mit soliden Bilanzrelationen. Er freue sich auf die neue Aufgabe. Das Unternehmen werde seine Strategie fort- und umsetzen. Ziel sei es, bis 2014 die Umsatzrückgänge zu stoppen und wieder zu wachsen, vor allem in Deutschland.
Hart, aber fair
René Obermann hat sich diesen Ruf bei der Telekom mit einnehmendem Wesen und Entscheidungsfreudigkeit erarbeitet. Das brachte ihm Respekt ein, auch auf der Arbeitnehmerseite: „Obermann ist hart in der Sache, dabei aber immer fair“, sagt ein Betriebsrat einmal.
Ins Berufsleben startete er in der Automobilindustrie: Obermann machte bei BMW in München eine Ausbildung zum Industriekaufmann und gilt als Unternehmer durch und durch.
Sein Studium der Volkswirtschaft in Münster brach er schon bald ab, um im schnell wachsenden Telefongeschäft selbstständig aktiv zu werden. Die von ihm gegründete Firma ABC Telekom verkaufte er 1998 an den asiatischen Mischkonzern Hutchison Whampoa. Danach ließ es sich vom damaligen Telekom-Chef Ron Sommer anheuern. Nach seinem Aufstieg zum Vorstandsvorsitzenden 2006 war er der jüngste Konzernchef eines DAX-Unternehmens.
Der begeisterte Bergsteiger und Motorradfahrer trainierte sich die für seinen Job nötige Härte beim Eishockey an. Seine Karriere beim Krefelder Eishockey-Club KEV gab er zugunsten seines beruflichen Erfolges auf.
Sein Privatleben: Obermann ist Vater von zwei Kindern und in zweiter Ehe mit der Fernsehmoderatorin Maybrit Illner verheiratet.
TEXT: dpa