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KARLSRUHE
Telekom-Börsengang mit Fehler
reda
 |  aktualisiert: 11.12.2019 14:57 Uhr

Der Börsenprospekt zum Verkauf von 230 Millionen Telekom-Aktien im Juni 2000 enthält einen schwerwiegenden Fehler. Er sei „objektiv falsch“, hat der Bundesgerichtshof in Karlsruhe entschieden. Nun können sich die rund 17 000 klagenden Kleinaktionäre wieder Hoffnungen auf Schadenersatz machen. Doch bis dahin kann viel Zeit vergehen.

Was war der entscheidende Fehler im Verkaufsprospekt?

Es geht um die Beteiligung der Deutschen Telekom an der US-Telekommunikationsfirma Sprint Corporation, die im Jahr 1999 an die MCI World verkauft werden sollte. Zuvor wurde die Beteiligung aber an die Telekom-eigene NAB Nordamerika Beteiligungs-Holding aus Bonn übertragen. In der Konzernbilanz für das Geschäftsjahr 1999 tauchte damit ein Buchgewinn von 8,2 Milliarden Euro auf, ohne dass klar wurde, dass die Telekom weiterhin das volle Risiko für die nur „umgehängte“ Sprint-Beteiligung trug. Im Börsenprospekt fehlen laut BGH jegliche Hinweise zur NAB-Holding. Selbst ein bilanzkundiger Anleger konnte die tatsächlichen Beteiligungsverhältnisse nicht erkennen, folgern die Bundesrichter.

Was hat der Fehler bewirkt?

Die Telekom-Bilanz 1999 und damit die entscheidende Grundlage des Verkaufsprospekts zum dritten Börsengang wurde mit Sprint um mehrere Milliarden Euro geschönt. Später stellte sich zudem heraus, dass der Buchgewinn weit überhöht angesetzt war, denn beim tatsächlich erfolgten Verkauf im Jahr 2001 zahlte MCI World für Sprint nur rund 3,4 Milliarden Euro.

Wieso muss jetzt das Oberlandesgericht Frankfurt noch einmal entscheiden?

Der BGH hat zwar endgültig festgestellt, dass der Prospekt in der Sprint-Frage falsch war. Doch es bleibt offen, ob die Telekom dafür verantwortlich ist, also die Frage nach dem Verschulden. Ebenfalls ungeklärt ist die juristische „Kausalität“. Dahinter verbirgt sich die Frage, ob die Anleger bei der Aktie auch zugegriffen hätten, wenn sie die wahren Umstände zum Sprint-Geschäft gekannt hätten. Über beide Themen hat der OLG-Senat als erste Instanz noch nicht entschieden, weil er – anders als der BGH – keinen Prospektfehler erkannt hatte. Das muss er nun nachholen.

Was müssen die Anleger jetzt tun?

Rein gar nichts, versichert Anwältin Petra Dietmaier vom Büro Tilp, das die Musterklage geführt hat. Das Oberlandesgericht wird nun einen neuen Termin zur Klärung der noch offenen Fragen ansetzen. Gegen diese Entscheidung ist dann auch noch mal Rechtsbeschwerde beim BGH möglich. Erst dann steht wirklich fest, ob die Telekom tatsächlich 80 Millionen Euro Schadenersatz zahlen muss.

Wie lange kann es bis zu rechtskräftigen Einzelurteilen dauern?

„Das kann man nicht seriös beantworten“, sagt Arne Hasse, Sprecher des Landgerichts Frankfurt, das letztendlich jeden einzelnen Fall beurteilen muss, nachdem der BGH sein letztes Wort gesprochen hat. „Jeder Fall ist dann noch einmal gesondert zu betrachten“, sagt der Justizsprecher. Eine einzelne Kammer wäre mit rund 2700 Fällen und 17 000 Klägern schlichtweg überfordert, ohne interne Umorganisationen ist das wohl nicht zu schaffen. In Gerichtskreisen ist daher von mehreren Jahren die Rede, bis das letzte Telekom-Verfahren in Frankfurt abgeschlossen ist. Wohlgemerkt nach dem letzten BGH-Spruch.

Hat sich das eigens für den Fall geschaffene Kapitalanleger- Musterverfahrensgesetz bewährt?

Sicher nicht, wenn man allein die Zeit zwischen den ersten Klagen aus dem Jahr 2001 bis heute sieht. Die untere Instanz wurde durch die Vorlage der Schlüsselfragen beim OLG zwar zunächst entlastet, muss aber irgendwann die große Masse der Telekom-Fälle doch abarbeiten. Sollte die Telekom nicht vorher einlenken, müssen die Geschädigten noch sehr lange auf ihr Geld warten.

 
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