Mehr als zehn Jahre nach dem Platzen der Internet-Blase führen Technologie-Aktien in Deutschland immer noch ein Schattendasein. Der 2003 von der Deutschen Börse eingeführte Technologie-Index TecDAX hat nach Einschätzung von Experten ausgedient. „DAX, MDAX und SDAX reichen aus“, meint Index-Experte Uwe Streich von der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW). Zumal Technologiewerte hierzulande nicht hoch im Kurs stehen.
So habe ein mittelgroßer Wert aus dem US-Auswahlindex Nasdaq 100 in etwa den selben Wert an der Börse wie alle 30 TecDAX-Werte zusammen. „Wir haben zu viele Indizes und zu wenig gute Aktien“, sagt Marktanalyst Christoph Schmidt vom Asset-Manager N.M.F. und sähe es am liebsten, wenn die Börse die wichtigsten Werte aus dem TecDAX in den MDAX für mittelgroße Unternehmen und den SDAX für kleinere Unternehmen eingliedern würde. „So würden auch die verbleibenden Nebenwerte-Indizes aufgewertet.“ Streich würde es auch begrüßen, wenn die Börse die Aufteilung in klassische Branchen und Technologietitel aufhebt.
Den DAX mit seinen 30 größten börsennotierten deutschen Unternehmen würde er aufgrund der Bedeutung Deutschlands in Europa und weltweit zudem auf 50 vergrößern. „Selbst der französische Leitindex Cac besteht aus 40 Werten“, argumentiert er und wird dabei auch von Schmidt unterstützt. Fiele der TecDAX weg, würde sich zudem die Gesamtzahl der Mitglieder in der DAX-Familie von bislang 160 auf 150 verringern.
Durch eine Neuordnung der Branchen samt Umstellung von MDAX und SDAX könnten TecDAX-Unternehmen mit weltweiter Spitzenposition in ihrer Branche – wie etwa Qiagen oder SMA Solar – größere Beachtung finden. Interessante Unternehmen wie Aixtron, Carl Zeiss Meditec, Drägerwerk, Jenoptik oder United Internet könnten ebenso davon profitieren wie die dividendenstarken Titel Drillisch und Freenet. Vielleicht hat dann „auch mal eines dieser Unternehmen die Chance auf ein höheres Index-Segment oder sogar eine DAX-Aufnahme“, argumentiert Analyst Schmidt. Das war nämlich bislang nie wirklich der Fall. Die Bezeichnung des TecDAX als „DAX-Nachwuchs“, wie ihn die US-Investmentbank Goldman Sachs beim Start bezeichnet hatte, hat sich als Fehleinschätzung erwiesen.
Bisher rückte nur Infineon aus dem TecDAX in den Leitindex auf. Doch als Erfolgsgeschichte lässt sich das nicht verkaufen, denn der TecDAX schuf keinen Aufsteiger. Vielmehr war die Aktie des Münchener Halbleiterherstellers im März 2009 aus der ersten Börsenliga in den TecDAX abgestiegen, bis sie im September desselben Jahres in den DAX zurückkehrte. Der TecDAX stand von Anfang an unter einem schlechten Stern. „Er wurde auf verbrannter Erde aufgebaut“, sagt Schmidt. Die Deutsche Börse hatte den Index 2003 aus dem Boden gestampft, nachdem der 1997 gegründete Neue Markt am Ende war. Dieser war im New-Economy-Rausch nach dem Vorbild der US-Technologiebörse Nasdaq eingeführt worden und umfasste zeitweise mehr als 300 Unternehmen. Der 1999 eingeführte Auswahlindex Nemax 50 kletterte bis auf knapp 9700 Punkte.
Dann aber platzte die Internetblase. Der Nemax geriet durch Bilanzskandale und Insidergeschäfte in Verruf und sackte im März 2002 bis auf 300 Punkte ab. Kurzerhand schaffte die Deutsche Börse das Segment Neuer Markt wieder ab und hob den TecDAX aus der Taufe. Dabei war die Verringerung auf 30 Werte den Forderungen von Fondsmanagern zu verdanken gewesen. Sie hatten sich damals gegen die Aufnahme von Unternehmen mit zu geringer Börsenkapitalisierung ausgesprochen.