Keine Bremse für das Internet – das Europäische Parlament will, dass die Datenautobahn auch künftig ihrem Namen alle Ehre macht. Am Donnerstag beschlossen die Abgeordneten der 28 Mitgliedstaaten, dass die Netzneutralität weiter gewahrt bleiben soll. Dies bedeutet, dass alle Datenpakete gleich schnell transportiert werden, unabhängig von Inhalt oder Absender. Einen Unterschied macht lediglich die Bandbreite, die der Kunde mit seinem Provider vereinbart hat.
„Es ist unsere Aufgabe, ein Demokratie förderndes und offenes Internet zu erhalten“, bekräftigte die sozialdemokratische Fachfrau Petra Kammerevert die Forderung der Parlamentarier. „Sonderdienste, die es schon jetzt gibt, unterliegen künftig strengen regulatorischen Regelungen“, betonte die CSU-Europapolitikerin Angelika Niebler. Es ist allerdings noch völlig offen, ob sich die Volksvertreter in den kommenden Beratungen mit den Mitgliedstaaten durchsetzen können. Auf die Regierungen in den 28 Hauptstädten gibt es viel Druck vonseiten der Telekommunikationsunternehmen, die darauf drängen, mit Spezialdiensten gesonderte Vereinbarungen treffen zu können.
Netzkonzerne machen Druck
Wer viele Daten schickt, soll auch dafür zahlen, lautet die Devise. Spezialdienste – darunter könnten Filmanbieter oder Videoportale wie YouTube, aber auch Telefon-Services wie Skype oder Whatsapp fallen – müssten dann für eine schnelle Übertragung an die Netzkonzerne höhere Gebühren bezahlen.
Dies würde auch den Kunden treffen, der solche Angebote nutzt und auf große Geschwindigkeiten Wert legt. Das mag nachvollziehbar klingen, würde jedoch zu einer Zwei-Klassen-Gesellschaft im Internet führen. Das Ergebnis wäre eine Datenautobahn mit Kriechspur, wobei vor allem die finanzkräftigen Anbieter profitieren dürften.
Für Provider und Kunden geht es aber auch um das bisherige Konzept, alle Dienste aus einer Hand zu bekommen: Telefon, Internet und Fernsehen. Sollte sich die Zahl der Anbieter, die diese Leistungen auch über das Netz anbieten, erhöhen, könnten sich die Konzerne mit ihren Investitionen in VDSL- und Glasfaserverbindungen nicht refinanzieren, heißt in der Branche.
Schon im Vorfeld hatten Unternehmen aus der EU und den USA den Gesetzentwurf des Parlaments deshalb als „anti-innovativ“ und „anti-konsumentenfreundlich“ bezeichnet. Aber sie waren damit auf strikte Ablehnung der Netzgemeinde gestoßen, wo sich binnen weniger Wochen bereits knapp 200 000 Nutzer fanden, die eine Petition an Brüssel unterzeichneten. Für die Telekommunikationsunternehmen geht es um viel Geld, das ihnen auch noch an anderer Stelle wegbricht. Denn Bestandteil des gestern beschlossenen Telekommunikationspaketes ist auch das endgültige Aus für die Roaminggebühren.
Keine Zuschläge im Ausland
Ab dem 15. Dezember 2015 sollen die letzten Zuschläge für Anrufe, Kurznachrichten (SMS), Bilder (MMS) oder das mobile Internet entfallen. Statt wie bisher 24 Cent für einen einmütigen, abgehenden Anruf (ab 1. Juli 2014: 19 Cent), sieben Cent für ein ankommendes Telefonat (fünf Cent ab Juli), 45 Cent je übertragenem Megabyte an Daten (20 Cent ab Mitte des Jahres) und acht Cent für SMS (ab 1. Juli sechs Cent) würde dann nur noch der Preis fällig, den man auch im Heimatnetz zahlt. Egal ob auf den Balearen, an der Adria oder in Finnland – Telefonate und andere mobile Dienstleistungen kosten dann überall das Gleiche. Zuschläge kommen aus der Mode.