Immobilien statt Chemie: Die Ablösung von Lanxess im deutschen Börsen-Oberhaus soll dem frisch umbenannten Wohnkonzern Vonovia mehr Aufmerksamkeit und auch ein besseres Image verschaffen. Die am späten Donnerstagabend bekannt gegebene Dax-Aufnahme des Unternehmens – bis vor kurzem noch Deutsche Annington genannt – spiegelt zudem den allgemeinen Boom der Immobilienbranche wider.
Fachleute hatten den Aufstieg von Vonovia in den deutschen Leitindex erwartet. Im Gegenzug muss der Kölner Spezialchemie-Konzern Lanxess seinen Dax-Platz nach nur knapp drei Jahren räumen, wie die Deutsche Börse mitteilte. Der Wert seiner frei gehandelten Aktien – ein wichtiges Kriterium für die Mitgliedschaft im Dax – reichte offenbar nicht mehr aus. Umgesetzt werden die Änderungen zum 21. September.
„Große Ehre“
Im Rennen um den Dax-Einzug zog Vonovia durch zwei Kapitalerhöhungen im Rahmen der Übernahmen von Gagfah und Südewo an dem Medienkonzern ProSiebenSat.1 vorbei. „Wir freuen uns über die Aufnahme der Vonovia SE in den Dax“, sagte Vonovia-Chef Rolf Buch laut Mitteilung. Zum Kreis der 30 erfolgreichsten börsennotierten Unternehmen Deutschlands zu gehören, sei eine „große Ehre“, aber auch eine Herausforderung für jeden einzelnen Mitarbeiter.
Auch für neue potenzielle Mitarbeiter werde die Gesellschaft so „noch interessanter“.
Außerdem erhofft sich Vonovia, dass ein Wechsel in der Strategie nun klarer wird: Man will das Image eines Investors loswerden, der nicht genug in die Wohnungen investiert, und stattdessen als stärker „kundenorientiertes Unternehmen“ wahrgenommen werden.
Wichtig sind die Änderungen bei der Zusammensetzung von Börsenindizes wie Dax und MDax vor allem für Fonds, die den Index exakt nachbilden (ETF). Sie müssen diese dann entsprechend umschichten und umgewichten, was in der Regel Einfluss auf die Aktienkurse hat.
Änderungen bei MDax und SDax
In die beiden Nebenwerte-Indizes MDax und SDax kommt noch mehr Bewegung, während es im TecDax der Technologie-Firmen keine Neuerungen gab. So rückt der Scheinwerfer-Hersteller Hella nach seinem Börsendebüt vor kaum einem Jahr in den MDax auf und ersetzt im Index mittelgroßer Werte den angeschlagenen Modekonzern Gerry Weber.
Auch der erst Mitte Juli in neuem Kleid wieder an die Börse gegangenen Deutschen Pfandbriefbank (PBB) gelang der Sprung in den MDax. Die PBB war aus der 2009 mit der HRE fusionierten Depfa hervorgegangen. Der Pharma-Großhändler Celesio muss den Index dagegen verlassen: Eigentümer McKesson will das Unternehmen von der Börse nehmen.
Der Leasing-Tochter des Autovermieters Sixt gelang derweil die Aufnahme in den Kleinwerte-Index SDax. Absteiger ist dort im Gegenzug der Keramik-Hersteller Villeroy & Boch.
Wie kommt ein Unternehmen in den Dax?
Der Dax ist der wichtigste deutsche Aktienindex. Er spiegelt die Entwicklung der 30 wichtigsten und umsatzstärksten börsennotierten deutschen Unternehmen wider. Ändert sich über Monate hinweg die Bedeutung einzelner Werte, kann ein Unternehmen auch aus dem Dax ab- und ein anderes aufsteigen – ähnlich wie in der Fußball-Bundesliga. Die Zusammensetzung des Dax und anderer Indizes wird vom Arbeitskreis Aktienindizes der Deutschen Börse in der Regel alle drei Monate überprüft. Maßgeblich für die Entscheidung über Auf- und Abstieg sind immer zwei Ranglisten – eine für die Marktkapitalisierung der frei handelbaren Papiere und eine für den Umsatz der Aktien an der Börse.
Verliert eine Aktie an Bedeutung und eine andere außerhalb des Index gewinnt deutlich hinzu, werden die Unternehmen ausgetauscht. Neben der „ersten Börsenliga“ gibt es weitere Indizes wie den MDax für mittelgroße Unternehmen oder den TecDax für Technologie-Firmen. Text: dpa