Ein Staubsauger ist auch nicht anderes als eine Zahnbürste, ein Kochtopf oder ein Bleistift. Ein Alltagsgegenstand eben, über den man nicht lange nachdenkt, der funktionieren muss. So lange wie möglich.
In einem unscheinbaren Werk in Bad Neustadt indes wird über Staubsauger sehr lange nachgedacht. Es wird viel getüftelt, getestet und vor allem viel produziert bei BSH. Jeder vierte herkömmliche Beutel-Staubsauger hierzulande kommt aus Bad Neustadt. 8000 Geräte pro Tag oder 6 pro Minute verlassen das BSH-Werk in einem Gewerbegebiet im Nordosten der Stadt.
Warum Bad Neustadt der Nabel der Staubsauger-Welt ist
Freilich ist es nicht allein die Produktion, die Bad Neustadt zum Nabel der Staubsauger-Welt gemacht hat. In dem Unternehmen mit seinen weltweit 61 000 Beschäftigten laufen vielmehr die internen Fäden zusammen, was Entwicklung neuer Geräte und vor allem deren Tests angeht.
Für BSH ein Aspekt von großer Bedeutung: Weil ein Staubsauger eben ein Alltagsgegenstand ist, muss er viel aushalten. Er wird ständig über holprigen Boden gezogen, sein Stromkabel verheddert sich gerne, er muss mit Dreck aller Art klarkommen. Und das alles zehn Jahre lang, ohne Schaden zu nehmen. Das jedenfalls sei die Garantie von BSH, erläutert Bad Neustadts Werksleiter André Piel.
Was es mit der Folterkammer von BSH auf sich hat
In einem Raum nicht größer als zwei Wohnzimmer lässt BSH Extreme walten. In diesem Labor mit dem Charme einer Folterkammer testen fünf Mitarbeiter Staubsauger so ziemlicher aller Art auf ihre Tauglichkeit im rauen Alltag. Nahezu rund um die Uhr, zum Teil wochenlang.
Einer der Foltertische ist eine Walze mit Unebenheiten auf der Oberfläche. Teamleiter Christopher Rheinsberg hat einen Staubsauger auf die sich drehende Walze montiert. Auf diese Weise rumpelt das Gerät einen Tag lang heftig hin und her, kriegt in dieser Zeit 6000 Schläge von der Walze ab. Das soll simulieren, was Staubsauger-Nutzer für gewöhnlich tun: Sie ziehen das Gerät gnadenlos über kleine Absätze, Türschwellen oder ähnliche Hindernisse hinter sich her.
Und dann die Sache mit den Falltests
Gut ein Dutzend Foltertische haben Rheinsberg und sein Team in dem Testlabor stehen und zum Teil selbst gebaut. Einer davon macht dem Elektriker Udo Werner besonderen Spaß: Dort kann er Staubsauger aus vorgegebenen Höhen auf einen Tisch fallen lassen. Immer und immer wieder. Währenddessen fegen nebenan in Spezialkammern Staubsauger-Rüssel über Teppichstreifen – eineinhalb Monate lang.
Was wie Technik-Sadismus aussieht, mündet in penible Erkenntnisse. Denn was zum Beispiel Udo Werner an Schäden in Folge seiner Wurftests herausfindet, wird genau notiert. Im Anschluss werden die schadhaften Teile durch bessere ausgetauscht, erklärt Gruppenleiter Rheinsberg. Und dann gehe der Dauertest mitunter wieder von vorne los.
Wie viel BSH in das Testen investiert
Knapp eine Million Euro pro Jahr steckt BSH in sein Prüflabor in Bad Neustadt. Als "eine Mischung aus Daniel Düsentrieb und unangenehme Mahner" bezeichnet Werksleiter Piel wohlwollend die Tester rund um seinen Kollegen Rheinsberg. Denn was sie an Erkenntnissen an andere Abteilungen weitergeben, sei enorm wichtig für die Qualität der BSH-Staubsauger.
Das weltweit agierende Unternehmen setzt dabei auch auf handfeste Erfahrungen im Ausland. Piel zufolge werden regelmäßig Privathaushalte in fremden Ländern gebeten, BSH-Staubsauger im Alltag unter die Lupe zu nehmen. So wollen die Bad Neustadter wissen, wie die Geräte etwa mit den wuchtigen Teppichen in englischen Wohnungen, mit den gekachelten Böden der Spanier oder mit den Holzdielen in Skandinavien zurechtkommen.
Was die BSH-Tester überrascht hat
Derweil können die Trends der Zeit auch die routinierten BSH-Tester noch überraschen. Die populär gewordenen Akku-Staubsauger beispielsweise. Weil sie handlicher als die Geräte mit Beutel und Kabel sind, werden sie häufiger, aber kürzer eingesetzt.
Per Videoaufnahmen hat das Team von Ingenieur Rheinsberg herausgefunden, dass die Benutzer von Akku-Staubsaugern beim Saugen eine andere Körperhaltung einnehmen als beim Einsatz herkömmlicher Geräte – was wiederum deren Handlichkeit und Verschleiß beeinflusse.
Warum Akku-Staubsauger anders sind
"Das alles hatten wir nicht erwartet", sagt Rheinsberg. Um die Besonderheiten bei Tauglichkeit und (Ab-)Nutzung von Akku-Geräten zu prüfen, hat sein Team dafür eine eigene Test-Reihe eingerichtet.
Sie korrespondiert mit dem, was Marie-Christin Dietz bei BSH tut. Sie leitet in Bad Neustadt ein neues Labor, das den Fokus allein auf die Akkus der Staubsauger richtet. Unter besonderer Berücksichtigung der Tatsache, dass diese Geräte viel häufiger, aber kürzer im Einsatz seien als die althergebrachten. Was das für Lebensdauer und Ladehäufigkeit der Akkus bedeutet, will Dietz herausfinden.
In unserem regionalen Wirtschaftsblog ImPlus finden Sie ein Video, das die ungewöhnlichen Prüfmethoden bei BSH zeigt.