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ROTTENDORF
Stationärer Handel muss sich im Internet sichtbar machen
Jörg Rieger
 |  aktualisiert: 07.04.2020 11:45 Uhr

Was haben die unterfränkischen Einzelhändler und der Komiker Wigald Boning („Die Doofen“) gemeinsam? Auf den ersten Blick nicht viel. Doch in seinem aktuellen Programm, das er den rund 220 Gästen der Jahrestagung des Handelsverbands Bayern in Unterfranken am Mittwochabend im Gut Wöllried bei Rottendorf (Lkr. Würzburg) präsentierte, geht es um Einkaufszettel – und was sie „über uns verraten“. Seit fast 20 Jahren sammelt der Komiker Einkaufszettel ihm völlig unbekannter Personen: in Einkaufswagen, auf Parkplätzen, in Supermarktmülltonnen. Ein Thema nahe an seinem Publikum, denn den klassischen handgeschriebenen Einkaufszettel gibt es nur im stationären Handel. Und genau diesem haben sich die Ladeninhaber ja verschrieben.

Das Onlinegeschäft ist natürlich längst nicht mehr wegzudenken, wie der unterfränkische Vorsitzende des Handelsverbands Bayern (HBE), Ralf Ludewig, am Rande der jährlichen Delegiertentagung betonte: „Die Prognosen gehen von weiter steigenden Zahlen aus. Ich sehe den stationären Handel insoweit in der Pflicht, als dass er sich selbst im Internet sichtbar macht. Für die jüngere Generation existiert ein Geschäft nun mal nicht, wenn es nicht online auffindbar ist.“

Die Retourenquoten sind „ökologischer und volkswirtschaftlicher Wahnsinn“

Mittlerweile habe man seine Hausaufgaben sehr gut gemacht. „Wir sehen es auch als unsere Aufgabe im Verband an, diejenigen, die noch nicht so weit sind, an dieser Stelle zu unterstützen“, erklärte Ludewig.

Ansonsten müsse der stationäre Handel seine Stärken gegenüber dem Onlinehandel noch viel besser ausspielen. „Schließlich haben nur wir die Menschen vor Ort. Der Kunde kann selbst spüren, riechen, fühlen, schmecken, die Ware anfassen und Auge in Auge beraten werden.“ Zudem entfalle das Hin- und Herschicken von Waren nahezu komplett. „Retourenquoten von über 60 Prozent sind ja keine Seltenheit mehr. Ökologisch und volkswirtschaftlich ist das ein Wahnsinn“, meinte Ludewig.

Die Rhön als neues Oberzentrum

In Unterfranken mit seinen teils attraktiven Stadtkernen gibt es vielfältige Möglichkeiten, um einzukaufen. Neben Aschaffenburg, Schweinfurt und Würzburg gibt es seit kurzem ein viertes Oberzentrum: Bad Kissingen und Bad Neustadt bilden im Verbund das Oberzentrum Rhön. Das sei nun offiziell, hieß es am Mittwoch von den Vertretern des hiesigen Handelsverbands.

„Daneben haben sich auch viele Mittelzentren hervorragend entwickelt“, bemerkte HBE-Schatzmeister Burkhard Heimbach. Als Beispiele nannte er Karlstadt und Lohr im Landkreis Main-Spessart, wo er selbst ein Raumgestaltungsgeschäft betreibt. „Wir konnten dort in letzter Zeit gemeinsam viel bewirken, darunter das kostenlose Parken für eine Stunde.“

Fußgängerzone für den Autoverkehr geöffnet

In Bad Brückenau (Lkr. Bad Kissingen) hat man gar am 1. Mai im Schulterschluss mit der Stadt einen viermonatigen Feldversuch gestartet, die Fußgängerzone für den Autoverkehr zu öffnen. „Wir sind gespannt, wie das Ergebnis ausfällt“, so Unterfrankens HBE-Geschäftsführer Volker Wedde. Der Einzelhandelsumsatz ist zuletzt wieder angestiegen – bundesweit, aber auch in Unterfranken. Im vergangenen Jahr machten die rund 60 000 Betriebe zwischen Aschaffenburg und Ebern über 6,7 Milliarden Euro Umsatz.

Neuer Datenschutz bereitet Händlern Sorgen

Doch es gibt bei den unterfränkischen Einzelhändlern auch Sorgen – aktuell vor allem die von der EU vorangetriebene Datenschutz-Grundverordnung, die am 25. Mai, in Kraft tritt. „Da ist bei allen Beteiligten sehr viel Unsicherheit zu spüren“, berichtete Axel Schöll, Mitglied im Bezirksvorstand und Inhaber des gleichnamigen Schuhgeschäfts in Schweinfurt: „Letztlich wird noch mehr Bürokratie auf- anstatt abgebaut. Ab neun Mitarbeitern braucht es künftig einen externen Datenschutzbeauftragten. In kleineren Geschäften ist meist noch der Chef angegeben.“

Die neuen Regelungen betreffen sowohl die Daten der Mitarbeiter als auch die der Kunden, wie Schöll verdeutlichte: „So wird es künftig nicht mehr möglich sein, dass die Beschäftigten mit ihren Handys für das Geschäft ein soziales Medium mit Inhalten bestücken oder Nachrichten verschicken, weil der Ladenbesitzer die Datensicherheit darauf nicht gewährleisten kann.“ Also müsse man nun für jeden daran beteiligten Mitarbeiter ein eigenes Diensthandy organisieren und weitere Maßnahmen treffen.

 
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