Der Postmarkt gehört wohl zu den letzten noch unberührten Reservaten der Europäischen Union. Das ist vor allem deshalb überraschend, weil die Bedeutung der Logistik für eine Gesellschaft, die längst das Online-Shopping für sich entdeckt hat, immer wieder betont wird. Was wären Amazon, eBay und andere Plattformen ohne die Paketunternehmen im Hintergrund? Die von der Kommission und den EU-Parlamentariern zitierten Beispiele belegen eklatante Preisunterschiede, für die es kaum nachvollziehbare Erklärungen gibt.
Als Kunde fühlt man sich in die Frühzeit des Telefonmarktes mit dubiosen Roamingzuschlägen erinnert, für die niemand eine plausible Begründung liefern konnte.
Gerade vor diesem Hintergrund stellt sich allerdings die Frage, ob sanfter Druck alleine reicht, um die nationalen Paketdienstleister zu einer Anpassung ihrer Gebühren zu motivieren – wobei Anpassung nur Senkung heißen kann. Es gibt auf dem europäischen Binnenmarkt wenige Beispiele von erfolgreicher Selbstregulierung. Meistens war nach einigen behutsamen Phasen der Überzeugung dann eben doch eine Harmonisierung nötig, um zum Wettbewerb über Preise und Serviceleistungen zu kommen. Noch haben die Logistiker also Zeit zu zeigen, dass sie die Signale verstanden haben. Es liegt an ihnen, Eingriffe des europäischen Gesetzgebers zu verhindern.
Dabei geht es gar nicht darum, einem europäischen Kahlschlag das Wort zu reden, bei dem Übernahmen und neue Monopole den Wettbewerb auf andere Weise zum Erliegen bringen. Aber die Länder, die inzwischen den Postbereich liberalisiert haben, beweisen, dass die Logistik sehr wohl auch ohne schützende staatliche Hand gut funktioniert. Das ist die Voraussetzung, um echte Konkurrenz zu schaffen, bei der das Angebot nicht geringer, sondern vielfältiger werden kann. Dazu gehören auch Zusatzdienstleistungen wie das Verfolgen einer Sendung und deren Umstellung auf einen Wunschtermin für die Zustellung. Da gäbe es noch einiges mehr, was für den Kunden vorteilhaft wäre und höhere Kosten vertretbar mache würde. Wenn die EU nun die Unternehmen zwingt, ihre Kosten und deren Struktur offenzulegen und vergleichbar zu machen, ist dies ein guter Schritt.
