zurück
MADRID
Spanien wird zum Sorgenkind
Sorgenvoll: Spaniens Premierminister Mariano Rajoy.
Foto: dpa | Sorgenvoll: Spaniens Premierminister Mariano Rajoy.
Von dpa-Korrespondent Hubert Kahl
 |  aktualisiert: 22.12.2015 14:53 Uhr

Spanien rückt in der europäischen Finanzkrise stärker in den Mittelpunkt. Die Regierung des von Schulden geplagten Landes verkündet ein Sparvorhaben nach dem anderen, aber die Nervosität und die Sorgen auf den Finanzmärkten halten unvermindert an. Die viertgrößte Wirtschaftsmacht der Eurozone wird das Gespenst einer möglichen internationalen Rettungsaktion nicht los.

Der Staatshaushalt für 2012 ist noch nicht vom Parlament verabschiedet worden, aber er erwies sich schon jetzt als veraltet. Ministerpräsident Mariano Rajoy kündigte über Ostern zusätzliche Einsparungen an. Der konservative Regierungschef will die Ausgaben im Bildungs- und Gesundheitswesen um zehn Milliarden Euro senken.

Das Budget für 2012 sah bereits die höchsten Einsparungen in der jüngeren Geschichte des Landes vor: Es soll durch drastische Streichungen in fast allen Bereichen und zusätzliche Steuereinnahmen eine Lücke von über 27 Milliarden Euro schließen. Die Anleger ließen sich davon aber nicht beeindrucken und blieben misstrauisch. Auch die Ankündigung zusätzlicher Einsparungen brachte nicht die erhoffte Wende. Die Risikozuschläge bei den Zinssätzen für spanische Staatsanleihen stiegen auch am Dienstag unvermindert an. „Man bekommt das Gefühl, dass die Regierung mit ihren Entscheidungen den Ereignissen hinterherläuft“, schrieb die Zeitung „El Mundo“. „El Periódico“ meinte: „Rajoy vermittelt den Eindruck, als herrsche in seiner Wirtschaftspolitik ein Durcheinander.“

Dass das jüngste Sparvorhaben das Misstrauen der Anleger in die spanischen Finanzen nicht beheben konnte, dürfte einen einfachen Grund haben: Die Regierung kann selbst nicht darüber entscheiden, wie im Gesundheits- und Bildungswesen zehn Milliarden Euro eingespart werden sollen; denn beide Bereiche liegen in der Zuständigkeit der Regionen. Zwar regiert Rajoys Volkspartei einen großen Teil der 17 Regionen des Landes, aber nicht in den zwei größten, nämlich Andalusien (8,4 Millionen Einwohner) und Katalonien (7,5).

Die Regionen, die in etwa den Bundesländern in Deutschland entsprechen, waren zu einem großen Teil dafür verantwortlich, dass Spanien 2011 sein Defizitziel von 6,0 Prozent des Bruttoinlandsprodukts weit verfehlte und auf eine Neuverschuldung von 8,5 Prozent kam. Finanzminister Cristóbal Montoro drohte, die Zentralregierung werde in Regionen eingreifen, die sich nicht an die Haushaltsstabilität halten. Spanien ist auch aus anderen Gründen zu einem Sorgenkind in der Eurokrise geworden: Die Wirtschaft des Landes steht in diesem Jahr vor einer drastischen Rezession, die Arbeitslosenquote ist mit fast 23 Prozent die höchste in der EU.

Auch die Banken sind ein Schwachpunkt. Sie sitzen seit dem Platzen der „Immobilienblase“ im Jahr 2007 auf Unmengen von Krediten, die sie für den Wohnungsbau vergeben hatten und die zu einem großen Teil nicht zurückgezahlt werden können. Die Verschuldung der privaten Haushalte und Unternehmen ist ein ungleich größeres Problem als die des Staates. Nach einer Aufstellung der Zentralbank betrugen die spanischen Auslandsschulden Ende 2011 insgesamt fast 1,78 Billionen Euro. Der Staat ist an den Auslandsschulden nur mit 16 Prozent beteiligt.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Auslandsverschuldung
Eurozone
Mariano Rajoy
Nervosität
Regierungen und Regierungseinrichtungen
Rettungsaktionen
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen