Lichtblick für die Beschäftigten der Bosch-Solarsparte: Der angeschlagene Konzern Solarworld kauft Teile des Solargeschäfts von Bosch. Dazu gehört die Fertigung von Zellen und Modulen am Hauptsitz der Bosch-Sparte im thüringischen Arnstadt, wie beide Unternehmen am Dienstag mitteilten. Rund 800 Mitarbeiter sollen dort weiterbeschäftigt werden. Tief in die Tasche greifen muss Solarworld-Chef Frank Asbeck augenscheinlich nicht, denn in der Mitteilung des Unternehmens heißt es: „Der Kauf wird die Finanzmittel der Solarworld AG nicht reduzieren.“
Bosch hatte im März nach Milliardenverlusten den Komplettausstieg aus dem Solar-Geschäft beschlossen. Insgesamt waren rund 3000 Beschäftigte betroffen. In Arnstadt arbeiten nach Angaben von Bosch derzeit für das Unternehmen rund 1500 Menschen. Insgesamt sollen an dem Standort rund 1100 Mitarbeiter weiterbeschäftigt werden. Dazu soll künftig unter anderem ein Produkt aus der Bosch-Autosparte in Thüringen gefertigt werden, wodurch rund 250 Menschen Arbeit bekommen sollen. Zudem plane ein Investor aus der Pharmabranche, Produktionsflächen zu mieten und damit rund 100 Arbeitsplätze zu schaffen. Um wen es sich dabei handelt, teilte Bosch nicht mit.
„Für die Mitarbeiter waren die vergangenen Monate natürlich keine einfache Zeit“, räumte Bosch-Chef Volkmar Denner ein. „Mit der heutigen Vertragsunterzeichnung haben wir einen wichtigen Meilenstein erreicht.“ Der Betriebsrat der Bosch Solar Energy AG riet dagegen zur Vorsicht und verlangte umfassende Informationen. Angesprochen wurde eine Insolvenzgefahr bei Solarworld und gefragt, welche Regelungen zur Absicherung der Beschäftigten getroffen würden. Nicht auszuschließen sei, dass nicht alle mitmachten.
Den Kaufpreis, den Solarworld zahlen muss, wollten die Stuttgarter nicht kommunizieren. Am Markt war zuvor spekuliert worden, dass Bosch sogar noch eine Mitgift für die Übernahme zahle. Solarworld übernimmt neben der Produktion von Zellen und Modulen in Arnstadt auch eine Modulfertigung der Bosch Solar Energy AG. An der Börse legten Solarworld-Aktien zuletzt um mehr als drei Prozent zu. Das einstige Vorzeigeunternehmen Solarworld hat derzeit selbst mit den Schwierigkeiten der Solarbranche zu kämpfen: Erst im August hatte Solarworld eine drohende Insolvenz abwenden können. Bis Mitte Februar 2014 will das Unternehmen seine Restrukturierung abgeschlossen haben. Bislang weist der Konzern aber noch Verluste aus. Solarworld kauft den Angaben zufolge aber nicht das gesamte Solargeschäft am Hauptsitz in Arnstadt, sondern lediglich ein Filetstück. Die Produktion von Zellen und Modulen passe ins Geschäftsmodell der Bonner, erklärte Bosch-Geschäftsführer Stefan Hartung, der Aufsichtsratsvorsitzende der Bosch Solar Energy AG ist. „Deshalb entsteht ein funktionierendes Produkt.“ Das Konzept der Bonner für die Übernahme sei von einem unabhängigen Wirtschaftsprüfer für gut befunden worden.
Die Stuttgarter kommt der Ausflug ins Solargeschäft teuer zu stehen. Allein bis Ende 2012 verbrannte Bosch damit rund 2,4 Milliarden Euro. Weitere Verluste dürften aus dem laufenden Geschäftsjahr dazukommen. Das Bild der Solartochter ist allerdings nur ein kleiner Ausschnitt der Bosch-Welt in ganz Deutschland, wo der Konzern rund 119 000 Menschen Arbeit gibt.
Nach einem ruinösen Preiswettbewerb durch Billigkonkurrenz aus China steht die gesamte Branche derzeit enorm unter Druck – seit Ende 2011 häufen sich in Deutschland die Pleiten von Solarunternehmen. Als Auslöser gelten neben dem Preisverfall auch sinkende Subventionen für die Branche.
Frank Asbeck – Ökokapitalist und Überchef
Solarworld-Chef Frank Asbeck ist immer für Überraschungen gut. Der 54-Jährige, der in den Medien auch als „Sonnenkönig“ tituliert wurde, hat sich nicht nur als Pionier für die Nutzung der Sonnenenergie hervorgetan. Der Multimillionär gilt zugleich als eine schillernde Unternehmerpersönlichkeit. Mit dem Abrutschen des Konzerns an den Rand der Pleite litt aber auch das Image des Gründers, Großaktionärs und Überchefs von Solarworld. Immer wieder sorgte Asbeck für Schlagzeilen. Im November 2008 wollte der Maserati-Fahrer das angeschlagene Autounternehmen Opel vom Mutterkonzern General Motors für eine Milliarde Euro übernehmen und zu einem „grünen Autobauer“ machen. Es blieb ein Plan. Im Vatikan ließ er eine Solaranlage installieren. In der Region Bonn ist der passionierte Jäger Besitzer von zwei Schlössern. Zuletzt erwarb er von TV-Moderator Thomas Gottschalk für angeblich rund fünf Millionen Euro das stattliche Schloss Marienfels in Remagen. Asbeck erkannte früh das Potenzial der klimafreundlichen Sonnenenergie und gründete 1998 in seiner Heimat aus einem Ingenieurbüro die Firma Solarworld. Bei dem rasch wachsenden Geschäft mit „sauberer Energie“ brachte er das Unternehmen schon 1999 an die Börse. Jahrelang gehörte die Aktie zu den Börsenstars. text/FOTO: dpa