Firmenpleiten und massive Jobverluste, heftige Konkurrenz aus Asien und abfallende Vergütungen auf dem Heimatmarkt – die deutsche Solarbranche hat bittere Jahre hinter sich. Seit 2011 ist die Mitarbeiterzahl der Branche von rund 110 000 nach Schätzungen auf etwa die Hälfte abgestürzt. Manche Fachleute sahen sogar schon das Ende des Industriezweigs in Deutschland. Nun gibt die steigende Nachfrage auf dem Weltmarkt und die Stabilisierung der Preise den wenigen verbliebenen Großen der Branche neuen Grund zur Hoffnung. „Die Trendwende ist geschafft“, sagte der Finanzchef des Solarworld-Konzerns, Philipp Koecke am Donnerstag nach der harten Restrukturierung seines Unternehmens.
Das Geschäft in Europa lahmt zwar weiter. 2013 schrumpfte der Markt in Europa auf die Hälfte. Der nordhessische Wechselrichterhersteller und Weltmarktführer SMA schrieb deshalb sogar rote Zahlen, wie er ebenfalls am Donnerstag bekannt gab. Aber Asien und die USA ziehen den Weltmarkt. Solarworld profitiert außerdem von einer Geschäftspartnerschaft mit Katar. Das Emirat am Persischen Golf ist in der Krise von Solarworld als Investor eingestiegen. Gemeinsam bauen die Partner in Katar eine große Siliziumfabrik und ein Solarmodulwerk.
2013 seien weltweit 37 Gigawatt Solarkapazität installiert worden, 2014 würden es 45 Gigawatt, 2016 sogar mehr als 55 Gigawatt, sagte Solarworld-Chef Frank Asbeck. Zur entscheidenden Frage wird, wie stark die deutschen Unternehmen von diesem Wachstum profitieren können. Solarworld ist auf dem US-Markt seit Jahren stark, China bleibt den Bonnern durch hohe Hürden aber de facto verschlossen. Dafür will Solarworld in Japan deutlich wachsen. SMA hat ein chinesisches Unternehmen gekauft, um dort stärker präsent zu sein.
Dass Solar-Pionier Asbeck weiter an die Technik glaubt, zeigt sich auch an seinem Verhalten in eigener Sache: Bei der Solarworld-Restrukturierung hat er knapp zehn Millionen Euro aus seinem privaten Vermögen für den Kauf neuer Aktien in die Hand genommen. Inzwischen sei auch bei vielen Kunden das Vertrauen zurück, die sich in der Krise 2013 noch mit Orders zurückgehalten hätten, sagte Asbeck. Die Bonner haben sich bis 2016 eine Verdopplung des Umsatzes auf über eine Milliarde Euro vorgenommen. Zugleich hofft die Branche, schon bald wieder mit mehr Gewinn produzieren zu können. Technischer Fortschritt und große Stückzahlen haben die Produktionskosten der Anlagen deutlich fallen lassen. Laut Energieagentur NRW verbilligten sich die Anlagen von 2006 bis heute um rund 68 Prozent. Auf dem deutschen Markt sorgen allerdings die Ökostrom-Reformpläne der Bundesregierung zu Förderkürzungen für Klagen der Branche. Die Energiewende-Ziele seien „akut in Gefahr“, glaubt der Bundesverband der Solarwirtschaft BSW Solar. Der Bund will für den Eigenverbrauch produzierten Solarstrom aus neuen Anlagen mit 70 Prozent der EEG-Umlage, also rund 4,4 Cent, belasten. Rund 14 Cent kostet die Kilowattstunde Solarstrom in der Erzeugung, deutlich über 25 Cent müssen Verbraucher in Deutschland für den Strom an ihre Versorger zahlen. Eigenverbrauch wird also zunehmend lukrativ und soll nach den Hoffnungen der Branche die inländische Nachfrage treiben.
Die wirklichen Impulse kommen aber aus dem Ausland: Ein großes Solarkraftwerk in Kalifornien produziere beispielsweise derzeit schon für 3,5 Cent pro Kilowattstunde sehr günstig Strom, sagt die Energieexpertin Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). „Das wird in vielen Ländern Nachfolger finden. Die Musik spielt weltweit.“
Und von dem internationalen Wachstum können die deutschen Anbieter auch profitieren, wenn der Heimatmarkt weiter lahmt. Ein großer Zulieferer wie der baden-württembergische Maschinenbauer Manz, der Produktionsanlagen für Freiflächen-Solaranlagen anbietet, rechnet im laufenden Jahr mit einem Plus des Weltmarktes von 20 Prozent. „Für Manz ist es egal, wo der Markt wächst, ob in Deutschland oder Indien“, sagt Vorstandschef Dieter Manz.