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MÜNCHEN
Siemens-Umbau kostet Jobs
In Bewegung: Montage eines Gasturbinentriebwerks in Berlin. Siemens-Chef Joe Kaeser will den Konzern umkrempeln.
Foto: Siemens | In Bewegung: Montage eines Gasturbinentriebwerks in Berlin. Siemens-Chef Joe Kaeser will den Konzern umkrempeln.
reda
 |  aktualisiert: 11.12.2019 19:31 Uhr

Der Siemens-Aufsichtsrat hat am Dienstag über die Neuordnung des Elektrokonzerns beraten. Dazu sollten laut Medienberichten die Auflösung der bisherigen Sektoren-Struktur und eine Reduzierung der derzeit 16 Divisionen gehören. Auch an der Konzernspitze zeichneten sich am Abend Veränderungen ab: Bei der Sitzung stand die Trennung von Vorstand Michael Süß auf der Tagesordnung.

Der Poker mit dem US-Rivalen General Electric (GE) geht unterdessen in eine neue Runde. Frankreichs Regierung erwartet von den Amerikanern Nachbesserungen. Präsident François Hollande nannte das GE-Angebot nicht ausreichend.

„Das ist in dieser Form nicht akzeptabel“, sagte er dem französischen Sender BFMTV. Der Staatschef sprach von „ausreichenden Möglichkeiten“, das Verfahren zu beeinflussen – ohne dies jedoch zu präzisieren. Zuvor hatte Wirtschaftsminister Arnaud Montebourg in einem Brief an GE-Chef Jeff Immelt ein Angebot auch für die Transportsparte von Alstom gefordert. Alstom selbst hatte Siemens zwar zugesagt, Einblick in die Bücher nehmen zu können und eine faire Chance zu bekommen.

Allerdings hatte der Verwaltungsrat von Alstom seinen Aktionären auch eine bindende Offerte von GE empfohlen. Der US-Konzern will für die Energietechnik-Sparte der Franzosen 12,35 Milliarden Euro zahlen. Der Ausgang des Bieterwettstreits ist damit weiterhin völlig offen.

Siemens-Vorstand Süß verantwortete bislang als Chef des Energie-Sektors unter anderem das Kraftwerksgeschäft. Siemens selbst wollte sich zu der Personalie zunächst nicht äußern. Im „Manager Magazin“ wurde als Nachfolgerin für Süß die Shell-Managerin Lisa Davis genannt. Nach dem Ausscheiden von Brigitte Ederer und Barbara Kux hätte Siemens damit wieder eine Frau in der Führungsspitze. Kaeser wolle Siemens schlanker und schlagkräftiger machen, hieß es. Dem Vernehmen nach soll der Umbau Einsparungen von einer Milliarde Euro bringen.

Wie viele Arbeitsplätze davon betroffen sein werden, muss sich erst noch zeigen – doch wurde in Medienberichten bereits über mehrere tausend bedrohte Jobs, vor allem in der Verwaltung, spekuliert. Der Elektrokonzern hatte erst im Zuge des Sparprogramms „Siemens 2014“ rund 15 000 Stellen gestrichen.

Dem Vernehmen nach wollten die Siemens-Kontrolleure auch den Kauf des Gasturbinen- und Kompressorengeschäfts von Europas größtem Flugzeugtriebwerk-Hersteller Rolls-Royce besiegeln – nicht zu verwechseln mit der gleichnamigen Luxus-Automarke, die seit längerem bereits zu BMW gehört. Beide Unternehmen hatten Gespräche bestätigt. Zudem war in den Medien über einen Verkauf des österreichischen Anlagenbauers VAI Siemens spekuliert worden. Kaeser war im vergangenen Sommer vom Finanzvorstand zum Vorstandsvorsitzenden des größten deutschen Elektrokonzerns aufgestiegen. Er löste den Österreicher Peter Löscher ab, der nach zwei Gewinnwarnungen in kurzer Folge seinen Hut nehmen musste.

Seine Strategie für den Vorzeigekonzern mit weltweit über 360 000 Beschäftigten will Kaeser an diesem Mittwoch bei der Halbjahres-Pressekonferenz in Berlin erläutern – und nebenbei auch die Zahlen für das zweite Quartal vorlegen.

Auch der Alstom-Poker dürfte dabei aber für zahlreiche Nachfragen sorgen, zumal die Franzosen am gleichen Tag ihre Jahreszahlen bekannt geben. Mit dem Konzernumbau soll Siemens fit gemacht werden für den schärfer werdenden Wettbewerb in der Branche. Schon seit Jahren hinkt der Dax-Konzern dem Konkurrenten GE in Sachen Rentabilität hinterher.

Die vier Säulen des Siemens-Konzerns

Energie Der Sektor „Energy“ stand im vergangenen Geschäftsjahr für knapp 26,4 Milliarden Euro Umsatz und damit für etwas mehr als ein Drittel der gesamten Erlöse. Fast ein Viertel aller Siemensianer arbeitet für den Sektor mit insgesamt rund 83 500 Mitarbeitern. An der Spitze steht bislang Vorstand Michael Süß. Die Energiesparte liefert etwa Turbinen für Kraftwerke, Lösungen für den Stromtransport, aber auch Kompressoren oder Windkraftwerke.

Infrastruktur Gemessen am Umsatz ist der jüngste Sektor „Infrastructures & Cities“ die zweitgrößte Einheit. 2013 stand die Sparte für gut 17,1 Milliarden Euro Umsatz. In der Sparte ist neben der Gebäudetechnik oder den Anlagen für die Postautomatisierung auch das Geschäft mit Zügen und Eisenbahntechnik gebündelt. Fast 90 000 Menschen arbeiten für den sogenannten vierten Sektor. An der Spitze steht Vorstand Roland Busch.

Industrie Der Sektor „Industry“ liegt 2013 mit einem Umsatz von rund 16,9 Milliarden Euro knapp hinter dem Geschäftsbereich Infrastruktur. Mehr als 100 000 Mitarbeiter zählt die Sparte, die etwa Automatisierungstechnik für die Industrie liefert, Steuergeräte für Motoren, aber auch Software. Dazu kommen Elektromotoren, Lösung für Fertigungsmaschinen und Dienstleistungen für den Anlagenbau. An der Spitze steht Vorstand Siegfried Russwurm.

Gesundheit Der Sektor „Healthcare“ ist mit rund 13,6 Milliarden Euro Umsatz gemessen an dieser Kennzahl der kleinste der vier Sektoren beim Siemens-Konzern. Die Sparte liefert etwa Computertomographen, Ultraschall- oder Röntgensysteme, aber auch Analysetechnik für die Untersuchung von Blut oder Urin. Die Sparte beschäftigt rund 51 000 Mitarbeiter. An der Spitze des Sektors steht Vorstand Hermann Requardt. Text: dpa

 
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