Schon im Mai dieses Jahres wurden Verkaufsgerüchte der Siemens-Anteile an die Bosch-Gruppe laut. Seinerzeit berichtete die Frankfurter Allgemeine Zeitung, dass Joe Käser zu einem Verkauf drängte, Bosch sich aber zierte. Vor allem wurde diskutiert, ob mit dem Fehlen des Markennamens Siemens auch ein Käuferverlust einhergehen könnte. Das Problem scheint nun gelöst, da Bosch auch als alleiniger Anteilseigner langfristig noch unter dem Markennamen Siemens verkaufen darf. In ersten Reaktionen der IG-Metall werden keine Folgen für die Arbeitsplätze bei BSH befürchtet. Von der Standort-Leitung Bad Neustadt war am Montag keine Stellungnahme zu bekommen. Für den Betriebsratsvorsitzenden Arno Holzheimer ist die Nachricht so neu, dass er sich vor einer Stellungnahme erst mit dem Gesamtbetriebsrat abstimmen will.
Bosch, gleichzeitig einer der größten Autozulieferer weltweit, will sich mehr und mehr auf das sogenannte „Internet der Dinge“ konzentrieren. Darunter versteht man Hausgeräte wie Waschmaschinen oder Kühlschränke, die technisch in der Lage sind, mit dem Internet zu kommunizieren und die mit Smartphones zu steuern sind.
Nach Daten des Marktforschers Strategy Analytics wurden bereits im vergangenen Jahr weltweit rund 23 Milliarden Euro mit vernetzten Geräten und dazugehörigen Dienstleistungen umgesetzt. Bis 2017 soll sich dieser Markt auf mehr als 50 Milliarden Euro verdoppeln. Bosch Siemens Hausgeräte kam 2013 mit seinen rund 50 000 Mitarbeitern auf rund 10,5 Milliarden Euro Jahresumsatz und hatte sich jüngst zum Ziel gesetzt seine Erlöse bis 2025 zu verdoppeln – auch außerhalb Europas. Die Mittelschicht als potenzielle Käuferschicht werde in vielen Ländern weiter wachsen, sagte BSH-Geschäftsführer Uwe Raschke. Um in den Industrieländern Kunden zu gewinnen, will Bosch seine Hausgeräte mit Sensoren und Elektronik ausstatten, einem Feld, auf dem der Konzern als Autozulieferer Experte ist.
Bosch will unabhängiger sein
So hatte der Konzern auf der Internationalen Funkausstellung (IFA) hatte kürzlich einen Backofen vorgestellt, der mit Hilfe einer aus der Fahrzeugtechnik stammenden Sonde ausgestattet ist, welche die Feuchtigkeit misst und damit die notwendige Backdauer der Nahrungsmittel ermittelt. Außerdem feilt Bosch an einer App, mit deren Hilfe Geräte verschiedener Hersteller gesteuert werden können. Der Bereich werde rund ein Viertel zum Gesamtumsatz von zuletzt 46 Milliarden Euro beitragen, sagte Denner. Beziehe man die jüngste Komplettübernahme ZF Lenksysteme mit ein, werde der Anteil der Kfz-Technik auf unter 60 Prozent sinken. Bosch erklärtes Ziel ist es, unabhängiger vom konjunkturabhängigen Autogeschäft zu werden und den Anteil des Kfz-Geschäfts langfristig auf die Hälfte zu senken.
Finanziert werde die Übernahme aus vorhandenen Mitteln, sagte Denner. Bosch verfüge derzeit über eine bilanzielle Liquidität von 14 Milliarden Euro. Vor Vollzug der Transaktion sollen zudem jeweils 250 Millionen Euro an Siemens und Bosch als vorgezogene Dividendenzahlung ausgeschüttet werden. Den Namen Siemens darf Bosch weiter für seine Hausgeräte verwenden. Die Komplettübernahme soll nach Zustimmung der Kartellbehörden voraussichtlich im ersten Halbjahr 2015 abgeschlossen werden. Zuletzt beschäftigte Bosch rund 281 000 Mitarbeiter (Stand 2013).
Kaeser gegen Löscher
Für die Übernahme von Dresser-Rand macht Siemens knapp sechs Milliarden Euro locker. Der Konzern ist sich mit dem Ausrüster für die Öl- und Gasindustrie aus Texas bereits einig geworden, wie der Dax-Konzern in der Nacht zum Montag mitteilte. Damit hat sich Siemens-Chef Joe Kaeser gegen seinen Vorgänger Peter Löscher durchgesetzt, der als Verwaltungsratspräsident des Schweizer Sulzer-Konzerns ebenfalls Interesse an einer Übernahme von Dresser-Rand hatte.
Für Dresser-Rand, das zuletzt etwa 8100 Mitarbeiter beschäftigte, bietet Siemens 83 Dollar je Aktie in bar, das entspreche einem Gesamtwert von rund 7,6 Milliarden Dollar (rund 5,8 Milliarden Euro). Dresser-Rand habe seinen Aktionären empfohlen, das Übernahmeangebot von Siemens anzunehmen. Die Münchner gehen davon aus, dass das Geschäft bis Sommer 2015 abgeschlossen ist. Dresser-Rand ist ein US-Ausrüster für die Öl- und Gasindustrie. Das Unternehmen stellt Kompressoren, Dampf- und Gasturbinen sowie Motoren her. Dies ergänze das bestehende Siemens-Portfolio, insbesondere für die weltweite Öl- und Gasindustrie sowie für die dezentrale Energieerzeugung, erklärte Siemens-Chef Kaeser. „Beide Geschäfte zusammen schaffen einen Weltklasse-Anbieter für die wachsenden Öl- und Gasmärkte.“ Noch in der vergangenen Woche hatte sich ein mögliches Bietergefecht zwischen Siemens und Sulzer und der Führung von Kaeser und Löscher abgezeichnet. Sulzer steigt nun aber aus dem Rennen aus.
BSH - Deutschlands größter Hausgerätehersteller
Anfänge: Vor fast 50 Jahren – im Jahr 1967 – taten sich Robert Bosch GmbH und Siemens AG zusammen, um gemeinsam Hausgeräte zu produzieren. Inzwischen kommt Bosch Siemens Hausgeräte (BSH) mit 50 000 Mitarbeitern weltweit auf 10,5 Milliarden Euro Umsatz, bei einer operativen Gewinnmarge von knapp fünf Prozent. In den vergangenen Jahren ist das Unternehmen – abgesehen von den Krisenjahren 2008 und 2009 – kontinuierlich gewachsen. Der Auslandsanteil an den Umsätzen lag in den vergangenen Jahren bei gut 80 Prozent. Weltweit: BSH hat 41 Fabriken in 13 Ländern und versorgt die Haushalte mit Herden, Geschirrspülern, Wachsmaschinen oder Kühlschränken. Aber auch mit Kleingeräten wie Kaffeemaschinen, Wasserkochern und Bügeleisen. Zu BSH gehören Spezialmarken wie die Küchenausstatter Gaggenau, Neff oder Junker.
Region: Die Fabrik Bad Neustadt wurde 1937 gegründet und gehört seit 1996 zur BSH Bosch und Siemens Hausgeräte GmbH. Der Standort liegt im Herzen von Deutschland und ist einer der wichtigsten Arbeitgeber in der Rhön. Bad Neustadt ist das größte Staubsaugerwerk Deutschlands und produziert eine breite Produktpalette vom kompakten Handstaubsauger bis zum Bodenstaubsauger. Am Standort befindet sich das Kompetenzzentrum Bodenpflege. Text: dpa/BSH