Ehemalige Aktionäre der Immobilienbank Hypo Real Estate haben in ihrem jahrelangen Kampf um Schadenersatz einen überraschend klaren Erfolg errungen. In einem Musterprozess vor dem Oberlandesgericht München kamen die Richter nach zehn Monaten Verhandlungsdauer zu dem Schluss, dass die HRE ihre Lage im Krisenjahr 2007 falsch dargestellt und die Aktionäre zu spät auf ihre Probleme hingewiesen hatte. Der Vorsitzende Richter Guido Kotschy warf der HRE unwahre Darstellungen und Bilanzmanipulationen vor.
Anleger, die ihre Aktien zwischen dem 3. August 2007 und dem 15. Januar 2008 gekauft haben, haben mit der Musterentscheidung eine wichtige Grundlage für Schadenersatzforderungen. Den Bund als Eigentümer der HRE könnte das viel Geld kosten: Der Anwalt der Kläger, Andreas Tilp, rechnet mit einer Schadenersatzsumme von mehr als einer halben Milliarde Euro. Die HRE will die Entscheidung allerdings nicht hinnehmen und vor dem Bundesgerichtshof Rechtsbeschwerde einlegen. „Wir halten die Entscheidung für falsch“, sagte ein HRE-Sprecher. Ob am Ende tatsächlich Geld fließt, ist daher offen.
Da die Bank seit der Notverstaatlichung vor fünf Jahren dem Bund gehört, würde der Schadenersatz letztlich die Steuerzahler treffen. Anwalt Tilp forderte die HRE auf, den Streit endlich beizulegen, um nicht noch mehr Steuergelder für „Heerscharen von Anwälten“ zu verschleudern. Gefordert hatten die Kläger ursprünglich sogar mehr als eine Milliarde Euro Schadenersatz. Das Gericht grenzte die Ansprüche aber zeitlich bis Mitte Januar 2008 ein, da die Bank an dem Tag per Pflichtmitteilung über ihre Probleme informiert hatte.