Bislang bremst vor allem die Europäische Union die Expansionspläne, die der russische Präsident Wladimir Putin stets befeuert. Dazu gehört auch, dass der Kremlchef stets das dritte Energiepaket geißelt, mit dem die EU eigentlich die Marktmacht von Lieferländern begrenzen will. Mittlerweile hat die EU gegen Gazprom ein Kartellverfahren eingeleitet. Doch wenn sich die Großkonzerne bilateral einigen, hat Brüssel kaum eine Chance.
Vielmehr steigt der Einfluss von Gazprom auf den europäischen Gasmarkt immer weiter. Eine regelrechte Gasklammer soll die Abhängigkeit des Kontinents von dem Kremlkonzern erhöhen. Mit der Pipeline Nord Stream durch die Ostsee pumpt Gazprom bereits durch zwei Leitungen das „blaue Gold“ direkt nach Deutschland, ein Ausbau wird erwogen. Und am 7. Dezember beginnt das Unternehmen mit dem milliardenschweren Bau der Röhre South Stream durch das Schwarze Meer und bekommt dann leichteren Zugang zum südeuropäischen Markt.
Doch der russische Vormarsch beschränkt sich keinesfalls aufs Gas. So ist das Staatsunternehmen Rosneft spätestens mit dem spektakulären Milliardenkauf des russisch-britischen Ölförderers TNK-BP in die Phalanx der Megakonzerne eingebrochen. Nun plant der von Putin-Intimus Igor Setschin geführte Ölriese eine eigene Großbank. Die TNK-BP-Übernahme, die Erschließung von Feldern auf dem arktischen Festlandsockel und in Venezuela sowie Bau und Modernisierung von Raffinerien – Marktexperten schätzen die Rosneft-Projekte auf bis zu 640 Milliarden US-Dollar (504 Milliarden Euro).
Doch auch wegen dieser Summen trauen Analysten Putins aggressiver Energiepolitik nicht so recht. Der Einfluss der Gas- und Öllobby auf die Wirtschaftspolitik sei viel zu hoch, kritisiert der international angesehene Ex-Finanzminister Alexej Kudrin. Er warnt, die angepeilte Privatisierung gerate ins Stocken – wodurch die ohnehin stark sowjetisch geprägte Wirtschaft international noch weiter zurückfiele. Denn zugleich wächst die Abhängigkeit von Öl und Gas bedrohlich. Im September 2012 machten Rohstoffe mehr als 85 Prozent der russischen Exporte aus. Fällt nun etwa der Erdölpreis unter 80 Dollar pro Barrel (159 Liter), hätte das gravierende Auswirkungen auf das Bruttoinlandsprodukt. Mit den Einnahmen für Öl und Gas finanziert Putin auch seine teuren Sozialversprechen.
Für die deutsche Seite, so meinen die Experten, ist der Tausch hingegen ein Gewinn. Das Urengoi-Feld, an dem die BASF-Tochter Wintershall weitere Anteile erhält, gilt mit einer Billion Kubikmeter Gas und rund 200 Millionen Tonnen Gaskondensat als äußerst lukrative Lagerstätte. „Wenn wir jetzt die Chance nicht nutzen, wird es sie in fünf bis sechs Jahren nicht mehr geben“, meinte Wintershall-Managerin Margarita Hoffmann kürzlich.