Geld anlegen ist derzeit nicht in Mode. Warum sich auch langfristig binden, wenn es ohnehin kaum Zinsen gibt? Viele Verbraucher nutzen Giro- oder Tagesgeldkonten als Parkplatz, um rasch umschichten zu können, sollten Banken wieder bessere Konditionen anbieten. Für die Finanzbranche keine einfache Situation: Möglicherweise werden gewaltige Summen quasi über Nacht abgezogen.
Nach jüngsten Bundesbank-Zahlen erreichten die Sichteinlagen – also Gelder auf Giro- und Tagesgeldkonten – von Privatkunden in Deutschland im November 2013 den Rekordwert von 908 Milliarden Euro. Der Dezember-Wert liegt nach vorläufigen Zahlen nur leicht darunter.
„Man hält das Geld kurz“, kommentierte kürzlich der Präsident des Baden-Württembergischen Genossenschaftsverbands (BWGV), Roman Glaser. Bei den Volks- und Raiffeisenbanken in Baden-Württemberg brachen 2013 Termineinlagen – also Geldanlagen mit Laufzeiten von mindestens einem Monat – um rund 18 Prozent auf 10,6 Milliarden Euro ein.
Gleichzeitig stieg die Summe täglich fälliger Einlagen um 10 Prozent auf 53,3 Milliarden Euro. Auch bei Europas größter Direktbank ING-Diba legten Kunden im vergangenen Jahr neue Gelder vor allem als Tagesgeld an.
Doch was heißt das für die Banken? Gelder, die Kunden theoretisch jederzeit abziehen können, lassen sich kaum für lukrative Bankgeschäfte wie länger laufende Kredite nutzen. Und es besteht durchaus die Gefahr, dass Kunden abwandern, weil die Konkurrenz ein paar Promille mehr bietet.
„Im Zweifel müssten Banken dann höhere Konditionen bieten, um Kunden zu halten – das kann für einzelne Anbieter teuer werden und wäre ein Ertragsrisiko“, sagt Bankenexperte Martin Faust von der Frankfurt School of Finance & Management.
„Dauerhaft niedrige Zinsen belasten nicht nur das Sparen und die Altersvorsorge, sondern beeinflussen auch die Zinsüberschüsse von Kreditinstituten“, erklären Deutschlands Bankenverbände über ihre Dachorganisation Deutsche Kreditwirtschaft. „Die Kreditinstitute in Deutschland beobachten die Entwicklungen am Zinsmarkt sehr genau. Sie sind auf Veränderungen vorbereitet und können beispielsweise durch Zinsabsicherungsgeschäfte reagieren.“
Von einem wirklichen Ringen um Kundschaft ist der Markt derzeit weit entfernt. „Keiner will sich im Augenblick auf einen Preiswettbewerb einlassen, keine Bank braucht diese Gelder derzeit“, erklärt Ökonom Faust. Eigentlich müssten Banken Sparern etwa auf Tagesgeld derzeit gar keine Zinsen zahlen, sagt Faust. Denn frische Gelder bekommen die Institute quasi zum Nulltarif bei der Europäischen Zentralbank (EZB).
Und die Kunden selbst scheinen träge. Wer sein Geld auf niedrig verzinsten Tagesgeldkonten parkt, nimmt zwar in Kauf, dass sein Geld weniger statt mehr wert wird – schließlich frisst die Inflation mickrige Zinsgewinne auf.
Doch die Risikoscheu überwiegt derzeit – die Bundesbank vermutet dahinter „eine allgemeine Unsicherheit im Zusammenhang mit der Schuldenkrise“.
„Eigentlich müsste Anlegern klar sein, dass sich bei den Konditionen die nächsten zwei, drei Jahre nicht viel tun wird“, sagt Faust. Aber: „Kunden sind relativ träge, Zins-Hopping ist ein riesiger Aufwand.“ Das ist dann wieder eine gute Nachricht für Banken.