Dem Gesundheitskonzern Rhön-Klinikum steht eine turbulente Hauptversammlung ins Haus. Beim Aktionärstreffen an diesem Mittwoch in Frankfurt treffen nach der gescheiterten Übernahme durch den Bad Homburger Fresenius-Konzern die verfeindeten Parteien aufeinander. Die Miteigentümer blockieren sich gegenseitig.
Ausgerechnet eine besondere Satzungsregel, die sich Rhön-Gründer Eugen Münch einst zum Schutz des Unternehmens und seiner Interessen ausgedacht hatte, verhindert eine schnelle Lösung: Die Satzung sieht für wichtige Beschlüsse auf Hauptversammlungen eine Mehrheit von mehr als 90 Prozent des vertretenen Kapitals vor. Schon vergleichsweise geringe Stimmanteile bedeuten also eine Sperrminorität.
Fresenius war im vergangenen Jahr an dieser Hürde gescheitert, weil es nicht gelang, 90 Prozent aller Aktien anzukaufen. Der langjährige Großaktionär Alecta will wie auch Münch die Blockade aufbrechen, damit Rhön bei der Konsolidierung des deutschen Klinikmarktes mitspielen kann. Der schwedische Pensionsfonds will auf dem Aktionärstreffen den umstrittenen Passus streichen lassen. Die Schweden halten immerhin 9,9 Prozent an Rhön – und haben die Schützenhilfe von Münch mit seinen 12,5 Prozent.
Auch Fresenius dürfte den Vorstoß mittragen. Fresenius-Chef Ulf Schneider sagte jüngst: „Wir haben mit dem Angebot damals ein überzeugendes Konzept vorgelegt. Dazu stehen wir nach wie vor, wenn es sich einmal ergeben sollte.“ Ein Interesse an einer handlungsfähigen Rhön dürfte auch US-Investor John Paulson haben, der während des Übernahmekampfes bei Rhön eingestiegen war.
Doch Experten glauben trotzdem nicht an einen Erfolg. Sollte die Klausel nämlich wegfallen, würde dies den Spielraum von Rhön für Zusammenschlüsse erhöhen: Rhön wäre wieder im Spiel. Doch genau dies wollen Kontrahenten wie Bernard Broermann, der Gründer und Eigner der Klinikkette Asklepios, verhindern. Broermann war im Vorjahr mit fünf Prozent bei Rhön eingestiegen und hatte damit die Übernahme durch Fresenius torpediert.
Im März hat das Bundeskartellamt Asklepios zudem erlaubt, seinen Anteil unter Auflagen auf bis zu 10,1 Prozent und damit über die Sperrminorität aufzustocken. Auch wenn Asklepios dort wohl noch nicht angekommen ist, dürfte Broermann mehr als fünf Prozent an Rhön halten. Offen ist das Abstimmungsverhalten von Sana und B. Braun Melsungen – auch wenn Beobachter mit einer Ablehnung rechnen.
Dem Münchener Klinikbetreiber Sana wird ein Anteil von unter drei Prozent an Rhön nachgesagt. Der Eigner der Medizintechnikfirma B. Braun Melsungen hatte im Vorjahr fünf Prozent an Rhön erworben – ebenfalls mit dem Ziel, die Komplettübernahme durch Fresenius zu verhindern. „Auf der Hauptversammlung gibt es für die Befürworter einer Abschaffung zwar die Möglichkeit, den Druck auf Asklepios und Braun Melsungen zu erhöhen“, sagte Analystin Theresa Dick vom Bankhaus Lampe.
„Ich halte es aber für unrealistisch, dass der Antrag die nötige Mehrheit findet.“ Unterstützung bekommt Alecta von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) und der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK): „Durch die unterschiedlichen Interessen im Aktionärskreis besteht die Gefahr, dass wichtige unternehmerische Entscheidungen nicht mehr getroffen werden können“, begründete SdK-Vertreter Andreas Schmidt seine Zustimmung. Für die Abschaffung der Klausel stimmt auch die Fondsgesellschaft Union Investment.
Abseits der Satzungsänderung gibt es weiteren Diskussionsbedarf: Martin Siebert – seit Januar Chef der Klinikkette – will die Ertragskraft nach dem Gewinneinbruch im Vorjahr auf Vordermann bringen. Der Manager muss der Hauptversammlung einen Sparkurs schmackhaft machen. Am Montag schloss Siebert auch Stellenstreichungen nicht aus.