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BERLIN
Reform der Lebensversicherung
Schwache Rendite: Das Bundeskabinett hat das Maßnahmenpaket zur Stabilisierung der Lebensversicherer beschlossen.
Foto: Arno Burgi, dpa | Schwache Rendite: Das Bundeskabinett hat das Maßnahmenpaket zur Stabilisierung der Lebensversicherer beschlossen.
reda
 |  aktualisiert: 04.06.2014 17:40 Uhr

Die Bundesregierung hat das Reformpaket zur Stabilisierung der Lebensversicherer auf den Weg gebracht – mit weitreichenden Folgen für Kunden und die Branche. Der am Mittwoch in Berlin beschlossene Gesetzentwurf sieht Änderungen bei der Beteiligung von Versicherungskunden an stillen Reserven vor. Der Garantiezins für Neuverträge soll weiter sinken. Kunden, deren Vertrag bald endet oder die demnächst kündigen, sollen weniger stark in den Genuss von „Bewertungsreserven“ kommen. Für ausscheidende Kunden ergeben sich dadurch Einbußen, die sich teils auf mehrere Tausend Euro summieren könnten. Ziel ist, dass künftig die langfristigen Zusagen an alle Kunden Vorrang haben sollen.

Zudem soll der Garantiezins für neue Lebensversicherungsverträge zum 1. Januar 2015 von bisher 1,75 Prozent auf 1,25 Prozent gesenkt werden. Dadurch können Anbieter keine teuren Zusagen mehr machen, die Lebensversicherung verliert aber weiter an Attraktivität. In der Vergangenheit hatten die Anbieter die Kunden noch mit einem Garantiezins von bis zu vier Prozent für das Altersvorsorge-Produkt gelockt.

Das Maßnahmenpaket sieht zugleich strengere Vorgaben für Unternehmen vor, damit Versicherer ihre Leistungsversprechen einhalten können. So kann die Aufsicht ein Verbot von Dividendenzahlungen an Aktionäre verhängen. Die Ausschüttungssperre wird fällig, wenn eine Garantieleistung gefährdet ist. Versicherer müssen Kunden zudem stärker als bisher an Risikogewinnen beteiligen. Das sind Erträge, die sich durch eine vorsichtige Kalkulation der Versicherer ergeben.

Zudem dürfen Unternehmen künftig die Kosten für einen Neuabschluss – vor allem Provisionen für Vertreter und Makler – zu einem geringeren Teil an die Versicherten weiterreichen als bisher. Versicherer müssen auch ihre Kosten transparenter machen. Die Versicherungsbranche lehnt wesentliche Teile des Maßnahmenpakets ab. Dieses wurde geschnürt, da Versicherer wegen der Niedrigzinsen zunehmend Probleme haben, frühere Zusagen auch einzuhalten. Vor wenigen Wochen warnte sogar die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) vor den Risiken für die Branche, sollte die aktuelle Niedrigzinsphase anhalten. Es könne größere Anbieter geben, die durch eine Kombination aus falscher Anlagepolitik, hohen Kosten und teuren Garantien aus der Vergangenheit „größere Aufgaben vor sich haben“, sagte der BaFin-Chefaufseher für Versicherungen, Felix Hufeld. Kurz- bis mittelfristig sei die Branche zwar stabil, doch langfristig könne „niemand aus Stroh Gold machen“.

„Verharren wir in einer Ultra-Niedrigzinsphase, wird dies Auswirkungen auf die Lebensversicherer haben“, warnte Hufeld. Die Unternehmen rief er zu mehr Produktinnovation auf. Derzeit klaffe zwischen den traditionellen Produkten mit Garantien und denen, die auf Fondspolicen beruhen, ein großes Loch. Zudem müssten die Anbieter ihre Kosten senken: „Die Vertriebskosten sind zwar nicht gestiegen, doch verglichen mit der gesunkenen Marge ist ihr Anteil bei der Lebensversicherung zu hoch“, sagte der BaFin-Experte.

Eckpunkte des „Lebensversicherungsreformgesetzes“

Garantiezins: Er soll zum 1. Januar 2015 für Neuverträge von 1,75 Prozent auf 1,25 Prozent sinken. Mit einem hohen Garantiezins von einst bis zu vier Prozent hatten Anbieter in der Vergangenheit Kunden für das Altersvorsorge-Produkt gelockt. Der Gesetzgeber zieht nun eine neue Obergrenze dafür ein, was Unternehmen ihren Kunden künftig maximal zusagen können. Die übrigen Kunden sollen geschützt werden. Lebensversicherungen verlieren damit aber weiter an Attraktivität.

Stille Reserven: Die „Bewertungsreserven“ bei festverzinslichen Papieren sollen zwischen auslaufenden und bestehenden Verträgen fairer verteilt werden. Bei Kündigung oder regulärem Ablauf müssen Kunden bisher zur Hälfte an diesen Reserven beteiligt werden. Das betrifft im Jahr etwa 6,6 Millionen Verträge. Künftig darf dieser Teil der Reserven nur noch in dem Maße ausgeschüttet werden, in dem Garantiezusagen für die restlichen Versicherten auch sicher sind. Ausscheidende Kunden müssen – je nach Versicherungssumme – teils auf mehrere Tausend Euro verzichten. Kann ein Versicherer alle Zusagen bedienen, würde auch ausgeschüttet. Steigen die Kapitalmarktzinsen wieder, entfällt die geplante Begrenzung. Etwa zwei Milliarden der drei Milliarden Euro, die Kunden aus der Ausschüttung im vergangenen Jahr zugeflossen sind, stammen aus festverzinslichen Wertpapieren. Die Beteiligung an Bewertungsreserven aus Immobilien und Aktien bleibt unverändert. Unberührt bleiben Garantieverzinsung und Überschussbeteiligung einschließlich der Schlussüberschüsse.

Risikogewinne: Daran sollen Kunden künftig stärker beteiligt werden. Dafür soll der „Mindestbeteiligungssatz“ von 75 auf 90 Prozent steigen.

Kosten: Unternehmen sollen ihre Abschlusskosten bei Policen senken. Diese dürfen künftig zu einem geringeren Teil an Versicherte weitergereicht werden. Bei Vertragsabschluss sollen zudem Provisionen offengelegt werden.

Ausschüttungssperre: Ist die Leistungsfähigkeit eines Versicherers gefährdet, kann die Dividendenzahlung an Aktionäre entfallen.

 
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