Als Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Würzburg-Schweinfurt (IHK) hat Ralf Jahn eine verantwortungsvolle Aufgabe, auch als Honorarprofessor für Verwaltungsrecht und öffentliches Wirtschaftsrecht an der Universität Würzburg hat er sich einen Namen gemacht, jedenfalls in Juristenkreisen. Als Rechtsanwalt ist Jahn hingegen weniger bekannt. 1998 erhielt er die Zulassung, die hat die Rechtsanwaltskammer Bamberg im April 2015 widerrufen.
Die Kammer ist der Auffassung, dass Jahns Tätigkeit als IHK-Hauptgeschäftsführer mit der eines Rechtsanwalts, insbesondere mit dessen Stellung als unabhängiges Organ der Rechtspflege, nicht zu vereinbaren ist. Jahn nahm die Entscheidung aus Bamberg nicht hin, klagte vor dem Bayerischen Anwaltsgerichtshof in München (BayAGH) – und verlor.
Münchner Richter verweisen auf Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
Die Münchner Richter verweisen im Urteil vom 10. August 2016 auf den Bundesgerichtshof (BGH).
Der hat in ähnlich gelagerten Fällen der jeweils zuständigen Anwaltskammer Recht gegeben und betont, die Tätigkeiten als IHK-Geschäftsführer und Rechtsanwalt dürften jedenfalls nicht in einem Interessenwiderstreit stehen oder eine Pflichtenkollision herbeiführen.
Auf die Fortgeltung der Erlaubnis durfte der IHK-Geschätsführer nicht vertrauen
Auch der BayAGH-Senat sieht durch die gleichzeitige Ausübung von Anwaltsberuf und der Tätigkeit im öffentlichen Dienst – die IHK ist eine Körperschaft des Öffentlichen Rechts – die Belange der Rechtspflege gefährdet. In der Urteilsbegründung heißt es, aufgrund der herausgehobenen Stellung des Klägers (Jahn) bei der IHK könne bei Rechtssuchenden der Eindruck entstehen, Jahn könne aufgrund seiner Stellung und des Umfangs seiner Kompetenzen als Hauptgeschäftsführer größeren Einfluss ausüben als andere Rechtsanwälte.
Jahn wurde im Juli 1998 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen, vom Oktober gleichen Jahres datiert die Verfügung des damaligen Präsidenten des Oberlandesgerichts Bamberg, wonach er den Beruf des Rechtsanwalts neben seiner Tätigkeit als Justitiar und stellvertretender (!) Hauptgeschäftsführer der IHK ausüben durfte. Jahn will die Rechtsanwaltskammer 2004 schriftlich von seiner Ernennung zum IHK-Hauptgeschäftsführer informiert haben. In Bamberg aber sei das Schreiben nicht aufgetaucht, so die Kammer. Der Kläger (Jahn) hätte die Anzeige gegen Empfangsbekenntnis übersenden müssen, befand das Gericht. Auf die Fortgeltung der Erlaubnis habe er jedenfalls nicht vertrauen dürfen.
Nebenamtliche Funktionen
Der IHK-Chef äußert sich auf Anfrage der Redaktion nicht in der Sache. Es handele sich um ein schwebendes Verfahren. Das Urteil des Anwaltsgerichtshofs in München ist in der Tat noch nicht rechtskräftig, Jahn kann die Zulassung der Berufung gegen das Urteil beantragen. Die Berufung ist etwa dann zuzulassen, wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.
Neben der Hauptgeschäftsführung bei der IHK und der Tätigkeit als Honorarprofessor übt Jahn zahlreiche nebenamtliche Funktionen auf regionaler und überregionaler Ebene aus, heißt es auf der Internetseite der Uni Würzburg. Die wissenschaftlichen Arbeiten umfassen demnach rund 500 Beiträge aus dem Bereich des öffentlichen Rechts.
In der JuS-Schriftenreihe des C.H.Beck-Verlags erschien 2014 die 391 Seiten umfassende vierte Auflage des Lehrbuchs „Fälle zum Polizei- und Ordnungsrecht“ von Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Gilbert Gornig, Richter am Hessischen Verwaltungsgerichtshof a.D., und Prof. Dr. Ralf Jahn, Rechtsanwalt.