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ST. PETERSBURG
Putin allein zu Haus
reda
 |  aktualisiert: 21.05.2014 17:32 Uhr

Das „russische Davos“ soll es für Wladimir Putin und die angeschlagene Wirtschaft der Rohstoffmacht richten. Konzernchefs aus aller Welt erwartet der Präsident ab dem heutigen Donnerstag bis zum 24. Mai zum Wirtschaftsforum auf dem Lenexpo-Gelände in seiner Heimatstadt St. Petersburg. Doch erstmals wird der wichtigste russische Wirtschaftstermin von Sanktionen der EU und den USA überschattet. Gastgeber Putin will sich als dynamischer Wirtschaftslenker in Szene setzen – mit fragwürdigem Ausgang.

Angesichts dramatischer Kapitalflucht – bis Jahresende wohl 100 Milliarden US-Dollar – einem miesen Investitionsklima und drohender Rezession im größten Land der Erde ist die Stimmung auf dem Tiefpunkt. Wegen des international umstrittenen Anschlusses der Schwarzmeerhalbinsel Krim und Russlands Kurs in der Ukraine-Krise insgesamt haben die USA und die EU Kontosperrungen und Einreiseverbote gegen einflussreiche Funktionäre verhängt. Weitere Strafmaßnahmen drohen. Auch Putin musste einräumen, dass die Sanktionen der russischen Wirtschaft schaden. Das Forum steht unter dem Motto „Festigung des Vertrauens in einer Epoche des Wandels“. Leicht dürfte das aber nicht werden – vor allem, weil viele Topmanager wegen der schwersten Krise seit Ende des Kalten Krieges dem Treffen lieber fernbleiben.

Die Zahl ausländischer Gäste bei dem Forum sei im Vergleich zum Vorjahr um 40 Prozent gefallen – von 506 auf 311, berichtet die Zeitung „Kommersant“. Massenhaft bleiben vor allem US-Manager fern. Allein ihre Zahl sei um mehr als die Hälfte auf 53 in diesem Jahr gesunken. So hätten etwa Chefs des Getränke-Multis PepsiCo, des Aluminiumherstellers Alcoa, von den Finanzriesen Visa und Citigroup sowie von Goldman Sachs und Morgan Stanley abgesagt. Aus Deutschland kämen nur noch 19 statt der ursprünglich angekündigten 33 Topmanager. Dagegen habe sich die Zahl der Teilnehmer aus Frankreich oder Japan kaum verändert, heißt es.

Es habe einen beispiellosen Druck seitens der Regierung von US-Präsident Barack Obama auf die Konzernchefs gegeben, klagt Vize-Wirtschaftsminister Sergej Beljakow. Allerdings kämen trotzdem Manager aus der zweiten oder dritten Reihe, weil niemand den wichtigen russischen Markt aufgeben wolle. Das bestätigt auch die deutsche Auslandshandelskammer in Moskau, deren Chef Michael Harms in St. Petersburg Kontakte zur russischen Wirtschaft festigen will. Mit Spannung erwarten viele Investoren Putins Rede bei dem Forum an diesem Freitag. Experten warnen, dass Firmen und Banken derzeit reihenweise ihre Zusammenarbeit mit Russland einfrieren und zumindest keine neuen Verträge schließen. Ex-Finanzminister Alexej Kudrin sieht die Gefahr, dass Russland auf diese Weise in den kommenden zwei bis drei Jahren rund 200 Milliarden US-Dollar verloren gehen. Es gebe keine Ideen, um eine Rezession abzuwenden, betont er. Auch Regierungschef Dmitri Medwedew spricht von eher verhaltenen Aussichten. Die Wirtschaft wachse bestenfalls um 0,5 Prozent in diesem Jahr und drohe, ins Minus zu rutschen. Dabei waren noch Ende vorigen Jahres 2,5 Prozent Wachstum für 2014 prognostiziert.

Auch westliche Spitzenpolitiker fehlen in St. Petersburg. Noch im vorigen Jahr nahm Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Forum teil. Dass Russland ungeachtet von Meinungsunterschieden in der Ukraine-Krise wichtiger Wirtschaftspartner der EU und vor allem der bedeutendste Gaslieferant bleibe, darauf hatte auch die Bundesregierung immer wieder hingewiesen. Wer fernbleibe, schade vor allem seiner eigenen Wirtschaft oder Unternehmen, warnen die Russen. Die Rohstoffmacht präsentiert sich ungeachtet aller Probleme selbstbewusst. Eine Milliarde Rubel (21 Millionen Euro) lässt sich der russische Staat das Forum in diesem Jahr kosten.

 
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