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FRANKFURT
Profis kehren Gold den Rücken
Gold       -  Krisenwährung in der Krise: Profiinvestoren wie Hedgefonds kehren dem Rohstoff den Rücken.
Foto: Sven Hoppe, dpa | Krisenwährung in der Krise: Profiinvestoren wie Hedgefonds kehren dem Rohstoff den Rücken.
reda
 |  aktualisiert: 19.08.2015 18:51 Uhr

Die Krisenwährung Gold ist in der Krise. „Das Edelmetall hat seinen Status als sicherer Hafen verloren“, urteilten die Anlageexperten der Kölner Privatbank Sal. Oppenheim – und verbannten Gold als Anlageklasse kurzerhand aus ihrem Bestand. Auch viele Profiinvestoren wie Hedgefonds kehrten dem Rohstoff in den vergangenen Wochen den Rücken. Radikale Einzelmeinungen oder Trend? Sollten sich auch Privatanleger zurückhalten – obwohl der Goldpreis mit gut 1100 Dollar je Feinunze (etwa 31 Gramm) auf den tiefsten Stand seit dem Rekordsommer 2011 (gut 1900 Dollar) gefallen ist und zum Einstieg lockt? Mancher Branchenkenner hält nichts von Schwarzmalerei: Das Edelmetall bleibe ein glänzendes Investment.

Ende der Nullzinspolitik

„In den vergangenen Monaten hat sich die Stimmung gegenüber Gold und anderen Edelmetallen extrem ins Negative gedreht“, kommentiert Ole Hansen, Rohstoffexperte der Saxo Bank. Die Gründe seien zahlreich: Fehlende Inflation, steigende Anleihenrenditen, kein Bedarf an „sicheren Häfen“, ein steigender Dollarkurs sowie wachsende Erwartungen bezüglich einer Zinswende in den USA. „Dies alles hat zu einem Exodus aus Goldinvestments geführt“, analysiert Hansen.

Vor allem die Erwartung, dass die US-Notenbank Fed in absehbarer Zeit erstmals seit der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 die Zinsen wieder anheben wird, hat großen Einfluss. Das Ende der Nullzinspolitik gibt einem entscheidenden Nachteil von Gold wieder mehr Gewicht: Das Edelmetall wirft weder Zinsen noch Dividenden ab. Zugleich machen steigende Zinsen Anlagen in den USA attraktiver. Das wertet den Dollar gegenüber dem Euro weiter auf – und verteuert faktisch Gold für Anleger aus Europa.

„Gold bleibt Versicherung“

Doch diese Rechnung greift nach Einschätzung von Goldexperte Wolfgang Wrzesniok-Roßbach, lange beim Edelmetallkonzern Heraeus beschäftigt, jetzt Geschäftsführer von Degussa Goldhandel, zu kurz. In der „Zeit“ führte er Mitte Juli aus: „Wenn Sie zum Beispiel den Goldpreis nicht in Dollar nehmen, sondern in Euro, dann ist er in den vergangenen Monaten um zehn bis 15 Prozent gestiegen – und damit mehr als die Aktienmärkte in diesem Zeitraum.“ Gold habe damit den Verlust des Euro für Europäer mehr als aufgewogen.

Grundsätzlich bleibe Gold „eine Versicherung gegen etwas, was im Weltwährungssystem passieren kann oder in Europa rund um den Euro und die Schuldenkrise“, meint Wrzesniok-Roßbach – auch wenn es sich als Inflationsschutz angesichts von Teuerungsraten nahe der Nullmarke derzeit ebenso wenig bewähren kann wie als Schutz gegen starke Schwankungen an den Finanzmärkten infolge geopolitischer Krisen. Das Edelmetall habe einige grundsätzliche Vorteile, betont Wrzesniok-Roßbach: „Es ist nicht künstlich herstellbar, es ist überall anerkannt, leicht transportierbar, es hat ein geringes Volumen, ist aber sehr werthaltig, ein Kilo ist so groß wie eine Zigarettenschachtel und ist 35 000 Euro wert.“ Auch Eugen Weinberg, Rohstoff-Experte der Commerzbank, stellt die grundsätzliche Bedeutung von Gold als Bestandteil eines ausgewogenen Korbes verschiedener Anlagen nicht infrage. „Man sollte sich eher freuen über die niedrigen Goldpreise: Dadurch ist die Versicherung – Gold als Stabilisierungselement im Portfolio – derzeit relativ günstig.

“ Weinberg rechnet mittelfristig wieder mit steigenden Goldpreisen – allein deshalb, weil Schwankungen in anderen Anlageklassen wie Aktien irgendwann wieder zunehmen werden und das erfahrungsgemäß die Nachfrage nach dem Edelmetall anziehen lässt.

Anleger unbeeindruckt

Die Investmentstrategen von Sal. Oppenheim sind skeptisch. „Ein Investment lohnt sich auch mittelfristig nicht mehr“, meint Portfoliomanager Maximilian Uleer. Die jüngste Entwicklung erinnere an das Jahr 1980: Damals brach der Goldpreis binnen zwei Jahren um rund 50 Prozent ein. Es dauerte fast 20 Jahre, bis der Preis wieder zu einem positiven Trend fand. Viele Anleger lassen sich von solchen Prognosen nicht beeindrucken: „Private Anleger haben uns im vergangenen Monat den besten Absatz des Jahres beschert. Die Verkaufszahlen lagen 20 Prozent über dem Durchschnitt. Besonders eifrig griffen die Deutschen zu, der Absatz legte um 26 Prozent zu“, schildert Daniel Marburger vom Frankfurter Edelmetall-Händler Coininvest.

Fakten rund ums Gold

- Die Deutsche Bundesbank besitzt 3384 Tonnen Gold (Stand: 31. Dezember 2014). Das ist der zweitgrößte Goldschatz der Welt, mehr von dem Edelmetall hat nur die US-Notenbank Fed (8133 Tonnen).

- Goldschürfer und professionelle Minenbetreiber haben rund um den Globus etwa 170 000 Tonnen Gold aus dem Boden geholt.

- Würde alles geschürfte Gold der Welt aufgeschichtet, ergäbe sich ein Würfel mit gut 20 Metern Länge pro Kante.

- Größte Goldförderländer sind China (428 Tonnen im Jahr 2013), Australien (266 Tonnen), die USA (230 Tonnen), Russland (209 Tonnen), und Südafrika (169 Tonnen). Die Förderung von Gold in Europa - etwa in Finnland und Schweden - ist international eher unbedeutend.

- Gold wurde über Jahrtausende als Währung eingesetzt. In Deutschland war die Goldmark während des Deutschen Reichs (1871-1918) das gesetzliche Zahlungsmittel.

- Das meiste Gold wurde zu Schmuck verarbeitet.

 
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