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BONN
Prinzip Hoffnung bei Solarworld
Weg frei für die Rettung: Solarworld-Vorstandschef Frank Asbeck ist es gelungen, eine drohende Pleite abzuwenden.
Foto: dpa | Weg frei für die Rettung: Solarworld-Vorstandschef Frank Asbeck ist es gelungen, eine drohende Pleite abzuwenden.
Von dpa-Korrespondent Edgar Bauer
 |  aktualisiert: 11.12.2019 19:49 Uhr

Solarworld-Vorstandschef Frank Asbeck kann durchatmen. Die drohende Insolvenz des größten deutschen Solarmodulherstellers ist zunächst vom Tisch. In einem Husarenritt hat der früher als „Sonnenkönig“ gefeierte Asbeck die erdrückende Schuldenlast mit seinem Rettungspaket um die Hälfte auf 427 Millionen Euro reduzieren können. Aber die finanzielle Entlastung ist nur eine Seite. Entscheidend für das weitere Überleben wird sein, ob Asbeck auch das Geschäft auf Kurs bringen kann.

Asbeck schürte bei den Gläubigerversammlungen und vor den Aktionären, die er beide für die Sanierung bluten ließ, die Hoffnung auf bessere Zeiten. „Wir glauben, dass wir wettbewerbsfähig sind.“ Er setzt auf technologische Qualität, eine Verbesserung der Lebensdauer der Module und neue Komplettlösungen für Kunden. Eine strategische Neuausrichtung präsentierte Asbeck nicht. Er will weiter in Deutschland – in Freiberg (Sachsen) – produzieren und auch dabei bleiben, die gesamte Erzeugerpalette von der Silizium-Produktion bis zum kundenfertigen Modul im Unternehmen zu behalten. Für Asbeck, der bis 2019 an der Spitze des Unternehmens stehen soll, wird das Überleben zur Herkulesaufgabe. Vom einst umjubelten „Solarpionier“, der auch in der Krise vor beängstigender Selbstsicherheit strotzt, ist Innovationskraft gefordert. Nicht zuletzt auf ihn setzen die arg gebeutelten Geldgeber. Doch die Zweifel sind größer geworden, wie die heftige und persönliche Kritik auf der Aktionsversammlung zeigte. „Sie haben nicht immer recht“ – sagte ihm ein Aktionär. Bisher ist kein Licht am Ende des Tunnels zu sehen. Anders als andere einstige deutsche Branchengrößen wie Conergy oder Q-Cells ist Solarworld zwar nicht pleite, aber weiter in einer bedrohlichen Schieflage. Das Unternehmen schreibt seit 2011 rote Zahlen und der Absatz von Modulen schrumpft. Preisverfall und Überkapazitäten überschatten das Geschäft.

Die staatliche Förderung, von der Solarworld viele Jahre profitierte, wird zurückgefahren. Und die mächtige chinesische Konkurrenz mit weit größeren Firmen als Solarworld kann auch nach der EU-Entscheidung über Importbegrenzungen weiter auf den europäischen Markt. Asbeck war die treibende Kraft bei der Forderung, die EU müsse den Chinesen mit ihren „Dumpingpreisen“ Einhalt gebieten. Doch Asbeck hat nach Ansicht von Branchenexperten auch Fehler gemacht. Vor allem habe er nicht zeitig auf die Überkapazitäten reagiert.

„Es wird nicht deutlich, dass er das Geschäftsmodell modifiziert“, sagte der Direktor des Zentrums für Solarforschung, Wolfgang Hummel. Ein Komplettunternehmen, das alles in eigener Hand mache, sei nicht geeignet, um auf Nachfrageschwankungen zu reagieren. Es wäre günstiger, Teile von Zulieferern zu kaufen. Bei Qualitätsmängeln könnten sie gewechselt werden. Vor allem gebe es „auf absehbare Zeit keine Knappheit bei Silizium“, dem Rohstoff für die Solarprodukte. Solarworld habe auch keine Vorteile durch besondere Qualität, sagte Hummel. „Solarworld kann alles, aber nicht so gut, um sich von den Wettbewerbern abzuheben.“ Während Asbeck sich mit neuen Investitionen in einem „technologischen Wettlauf“ behaupten will, relativiert Hummel diese Perspektive: „Solarmodule sind nur ein Medium-Tech-Produkt, da gibt es nicht so viele Stellschrauben für Verbesserungen oder für technologischen Sprünge.“

Asbeck selbst ist – neben einem Partner aus Katar – bei dem Neustart mit eigenem Geld dabei. Mit rund zehn Millionen Euro investiere er „einen wesentlichen Teil meines Privatvermögens“, sagte er. Den eigenen Gürtel muss der gewichtige Zwei-Meter-Mann („Ich habe 142 Kilo“) und Multimillionär wohl kaum enger schnallen. Zuvor hatte er bereits TV-Moderator Thomas Gottschalk das Schloss Marienfels bei Bonn für rund fünf Millionen Euro abgekauft, für ihn ein „Denkmal-Schnäppchen“.

Porträt Frank Asbeck

Frank Asbeck (53) ist einer der Pioniere für die Nutzung der Sonnenenergie. Der Solarworld-Chef und Multimillionär gilt als eine der schillernden Unternehmerpersönlichkeiten in Deutschland. Asbeck erkannte früh das Potenzial der klimafreundlichen Sonnenenergie und gründete 1998 in seiner Bonner Heimat die Firma Solarworld.

Im Zuge des rasch wachsenden Geschäfts mit „sauberer Energie“ brachte er das Unternehmen bereits 1999 an die Börse. Jahrelang gehörte die Aktie zu den Börsenstars, bevor es im Zuge der Branchenkrise steil bergab ging.

Asbecks Karriere ist außergewöhnlich. Ende 1979 gehörte der in Hagen geborene Asbeck zu den Gründungsmitgliedern des ersten Landesverbandes der Grünen in Nordrhein-Westfalen. Der Diplom-Agraringenieur bereiste in jungen Jahren mit dem Motorrad Afrika, wurde in Nigeria Berater und renovierte dort Fabriken.

Im November 2008 sorgte Asbeck für Schlagzeilen, als er den Autobauer Opel vom Mutterkonzern General Motors für eine Milliarde Euro übernehmen und zu einem „grünen Autobauer“ machen wollte. FOTO/TEXT: DPA

 
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