An den Zapfsäulen der Tankstellen sind Preise zu sehen wie seit Jahren nicht mehr. Der Benzinpreis (Super E5) rutschte in der vergangenen Woche auf 1,46 Euro je Liter im bundesweiten Durchschnitt, der Dieselpreis auf 1,31 Euro je Liter. Verglichen mit dem gleichen Zeitpunkt des Vorjahres ist Benzin etwa fünf Cent je Liter billiger geworden, Diesel sogar zehn Cent. Heizöl kostet weniger als 75 Euro je 100 Liter, das ist so viel wie im Herbst 2010.
Das liegt im wesentlichen am Preisrutsch für Rohöl. Der Ölpreis hat sich jahrelang weitgehend in einem Preisband zwischen 100 und 115 Dollar für ein Barrel (159 Liter) der Nordsee-Sorte Brent bewegt. Diesen Korridor hat der Preis Anfang September verlassen und ist im Oktober nochmals kräftig abgestürzt, auf nur noch 85 Dollar. Die subjektive Wahrnehmung der Autofahrer, dass Benzin und Diesel immer teurer werden, wird von den Daten seit 2012 nicht mehr gedeckt.
Auf der Angebotsseite ist reichlich Öl vorhanden. „Die Reaktion der Produzenten lässt auf sich warten“, sagt der Hamburger Energieexperte Steffen Bukold. Saudi-Arabien, das innerhalb des Opec-Kartells sonst die Feinsteuerung des Marktes übernommen hat, will nicht allein seine Produktion kürzen. Dahinter steht ein Kampf um Marktanteile in Asien, wo für die Opec-Staaten die einzig wachsenden Absatzmärkte für ihr Öl liegen. Die Nachfrage nach Öl verläuft wegen der verhaltenen Weltkonjunktur zudem flau und kann den Preis nicht stützen.
Werden wegen des niedrigen Ölpreises nun Ölförderanlagen
abgestellt?
Das ist mittelfristig denkbar, geht aber nicht so schnell. Manche Förderanlagen könnten unrentabel werden, wenn der Ölpreis noch weiter fällt und dauerhaft niedrig bleibt. Ob es dazu kommt, ist noch nicht absehbar. Zudem bekommen viele Förderländer – auch Russland – bei einem Ölpreis deutlich unter 100 Dollar ein Problem mit der Finanzierung ihres Staatshaushalts.
Nach dem Energiepreis-Monitor der European Climate Foundation sind die Preise für Energierohstoffe währungsbereinigt im September um 1,2 Prozent gefallen und gleichzeitig die Verbraucherpreise für Kraft- und Schmierstoffe um 0,4 Prozent gestiegen. Anders als in Frankreich und Italien. „Ein Teil des Anstiegs ist nur so zu erklären, dass fallende Rohstoffpreise nicht eins zu eins auf Verbraucherebene weitergegeben wurden“, heißt es in der Mitteilung der Stiftung. Die Branche bestreitet das: „Der harte Wettbewerb der Tankstellen in Deutschland sorgt dafür, dass der gesunkene Ölpreis über niedrigere Benzin- und Dieselpreise auch bei den Verbrauchern ankommt“, sagte ein Sprecher des Mineralölwirtschaftsverbandes (MWV) in Berlin.
Das kann niemand sagen. Schon bislang ist der Preisrückgang gebremst worden, weil der Euro gegenüber dem Dollar an Wert verloren hat. Für einen Euro bekommt ein Ölimporteur nur noch 1,28 Dollar, das sind 10 Cent weniger als vor ein paar Monaten. Deshalb braucht er mehr Euro, um die gleiche Menge Dollar für den Ölkauf aufzubringen. Fällt der Euro noch weiter, ist das schlecht für den Autofahrer. Der Ölpreis selbst hat nach unten vielleicht weniger Luft als nach oben. Gibt die Opec bei ihrer nächsten Sitzung im November ein klares Signal, dann kann der Preis auch schnell wieder steigen.
Kleinwagen auf der Bremse
Absatz: Sinkende Kraftstoffpreise in Deutschland sind einer Studie zufolge ein Hauptgrund für den nachlassenden Absatz spritsparender Kleinwagen. „Die Zeiten, in denen von Kraftstoffpreisen von zwei Euro und mehr gesprochen wurde, sind vorbei. Wenn Benzin so billig ist, muss es nicht unbedingt ein Kleinwagen sein“, heißt es in einer Analyse des Autoexperten Ferdinand Dudenhöffer.
Anreize: In der Studie wurden die Verkaufszahlen von Mini- und Kleinwagen seit 2006 mit dem Preistrend für Superbenzin in Beziehung gesetzt. Ein Ergebnis: „Während mit steigenden Kraftstoffpreisen bis 2010 die Anteile der Kleinwagen unter den Neuwagen-Zulassungen im deutschen Automarkt anstiegen, geht der Anteil der Kleinwagenverkäufe mit sinkenden Benzinpreisen zurück.“ Dudenhöffer hält die Anreize zum Kauf kleiner Autos für schwächer. Text: dpa