Führende Haushaltspolitiker im Bundestag drängen den Chef des Hauptstadtflughafens, Hartmut Mehdorn, endlich detaillierte Unterlagen zu dem Projekt vorzulegen. „Wir lassen uns nicht auf der Nase herumtanzen“, sagte die SPD-Haushaltspolitikerin Bettina Hagedorn „Handelsblatt Online“.
Der Grünen-Haushälter Sven-Christian Kindler sagte, es sei völlig untragbar, dass Mehdorn noch keinen Bau- und Finanzplan vorgelegt habe, wie ihn der Ausschuss im Mai angefordert hatte.
Mehdorn fordert zu den bislang bewilligten 4,3 Milliarden Euro zusätzlich 1,1 Milliarden Euro, um den Flughafen fertig zu bauen. In Schönefeld trat am Donnerstag der Finanzausschuss des Aufsichtsrats zusammen, um darüber zu beraten. Der Aufsichtsrat war Mehdorns Wunsch Anfang April trotz stundenlanger Sitzung nicht nachgekommen und hatte mehr Informationen gefordert.
Dem Vernehmen nach hat der Flughafenchef dem Finanzausschuss nun neue Unterlagen vorgelegt. Darin soll er die Summe von 1,049 Milliarden Euro Mehrkosten nennen, um den Flughafen fertig zu bauen und den Schallschutz für die Anwohner zu vollenden. Nicht enthalten sind Kosten für eine geplante Landebahnsanierung und den Weiterbetrieb des alten Schönfelder Flughafens. Diesen erwägt Mehdorn, weil es im Neubau mit seiner Kapazität von 27 Millionen Passagieren vom Start weg eng wird.
Nach Medienberichten braucht Mehdorn allein für den Schallschutz weitere 286 Millionen Euro. Weil der Flughafen die strengen Vorgaben verfehlt hatte, musste das Schallschutzprogramm im vergangenen Jahr weitgehend von vorn beginnen. Die Gesamtkosten wuchsen von 139 Millionen Euro auf 739 Millionen Euro.
168 Millionen Euro sind nach den Medienberichten in Mehdorns Finanzplan für zusätzliche Bau- und Planungsleistungen vorgesehen, 255 Millionen Euro für die Risikovorsorge. Flughafensprecher Ralf Kunkel wollte sich am Donnerstag nicht zum Finanzausschuss äußern.
Darin bereiten Brandenburgs Finanzminister Christian Görke (Linkspartei) sowie die Finanzstaatssekretäre des Bundes und Berlins, Werner Gatzer und Margareta Sudhof (beide SPD), die Sitzung des Aufsichtsrats vor, der am Montag in großer Runde tagt.
Der Unions-Politiker Norbert Barthle äußerte die Erwartung, dass die Bundesregierung dem Haushaltsausschuss danach „alle notwendigen Informationen“ zur Verfügung stellt. Der Verkehrs- und Haushaltspolitiker der Linkspartei, Herbert Behrens, sagte, Mehdorn dürfe keine „Einzugsermächtigung auf Kosten der öffentlichen Haushalte“ erhalten.
Der Haushaltsausschuss des Bundestags tagt am nächsten Mittwoch. Der Aufsichtsrat des Flughafens hatte seine ursprünglich danach geplante Sitzung extra vorgezogen, damit die Bundespolitiker noch vor der Sommerpause über das zusätzliche Geld für den Bau diskutieren können.
Der Bund ist mit 26 Prozent an der Flughafengesellschaft beteiligt, Berlin und Brandenburg teilen sich die übrigen Anteile. Wegen Planungsfehlern, Baumängeln und Technikproblemen kann der fast fertige Flughafen seit zweieinhalb Jahren nicht ans Netz gehen.
Unterdessen geht der Rechtsstreit um die Wannsee-Flugroute des neuen Hauptstadtflughafens BER in eine weitere Runde. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hob am Donnerstag ein Urteil des Oberverwaltungsgerichtes (OVG) Berlin-Brandenburg auf, das die Route im Januar 2013 gekippt hatte.
Das OVG-Urteil verstoße gegen Bundesrecht, entschieden die Leipziger Richter. Nun muss das gemeinsame Oberverwaltungsgericht der Länder Berlin und Brandenburg noch einmal über die Wannsee-Flugroute verhandeln.
Die vom Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung (BAF) geplante Route führt über einen Forschungsreaktor und ein Brennelementelager des Berliner Helmholtz-Zentrums. Die Route ist eine von vier möglichen Strecken, die Flugzeuge nutzen sollen, wenn sie von der nördlichen Startbahn des BER in Richtung Westen fliegen.
Schon das OVG hatte bemängelt, dass das Amt keine Abwägung eines Absturz- und Terrorrisikos vorgenommen hatte, weil es sich dazu nicht verpflichtet fühlte. Dies sahen jetzt auch die Bundesrichter als Fehler an. Allerdings bedeute das nicht automatisch, dass die Wannsee-Flugroute unzulässig ist. Vielmehr müssten die Risiken und möglichen Alternativen in einer neuen Verhandlung vor dem OVG genauer geprüft werden. Bislang hatte das Amt bei der Routenplanung stets den Fokus auf Fluglärm gelegt.