Die deutsche Solarindustrie ist tief gefallen. Aus dem einstigen Hoffnungsträger der Energiewende ist eine Krisenbranche geworden. Eine Pleitewelle rollt durch das Land und macht auch vor einstigen Börsenlieblingen nicht halt. Erst die Berliner Solon, dann Q-Cells und Centrotherm und am Freitag auch noch Conergy
sie alle mussten seit Ende 2011 Insolvenz anmelden. Auch das Vorzeigeunternehmen Solarworld ringt ums Überleben. Hinzu kommen mit Siemens und Bosch prominente Rückzüge. Dennoch sehen Experten durchaus Perspektiven für die Branche in Deutschland.
vom Modul über den Speicher und die Steuerungssoftware bis zur Integration in die Netze
anbieten, dann können sie sich behaupten“, sagt Wolfgang Hummel vom Zentrum für Solarmarktforschung. Dafür müssten sie aber aus ihrer Falle heraus. „Solarmodule haben sich zu einer Massenware entwickelt, bei der allein der Preis entscheidet.“
vor der jetzigen Entwicklung gewarnt. Die Traumrenditen von zeitweise mehr als 30 Prozent bei den Solarunternehmen riefen Ende vergangenen Jahrzehnts zahlreiche Konkurrenten auf den Plan
vor allem in China. Sie investierten massiv in eigene zumeist bei deutschen Maschinenbauern hergestellte Produktionsanlagen. Mit der neuen Konkurrenz sanken die Preise
und zwar viel schneller als jemals gedacht.
Das setzte die deutschen Hersteller von Zellen und Module unter Druck. Profitieren konnten davon zunächst die Solaranlagenbetreiber. Denn die gesetzlich garantierten Einspeisevergütungen sanken bei weitem nicht so schnell wie die Preise. Inzwischen hat die Politik die Förderung angepasst, um die Belastungen für die Stromverbraucher zu begrenzen. Das drückte die Nachfrage, die Preise für Solaranlagen brachen noch weiter ein.
Inzwischen ist darüber eine heftiger Handelsstreit zwischen Europa und China entbrannt. Die EU wirft chinesischen Herstellern von Solar-Modulen vor, ihre Produkte unter Marktwert zu verkaufen. Sie erhob deshalb Strafzölle. Dabei gibt es auch in China kaum noch Unternehmen, die Gewinne erzielen: Erst im März meldete der Modulhersteller Suntech Insolvenz an.
Die Marktbereinigung war seit langem erwartet. Solarworld-Gründer Frank Asbeck hatte schon 2009 davon gesprochen, dass weltweit wohl nur rund ein Dutzend Unternehmen überleben dürften, darunter zwei bis drei deutsche. Dass es aber so schlimm kommen und auch sein eigenes Unternehmen in Turbulenzen geraten würde, hatte auch der schillernde Manager aus Bonn nicht gedacht. Er selbst hat sich Hilfe von Scheichs aus Katar geholt, in der kommenden Woche wird über das Rettungsprogramm entschieden.
Wer jetzt aber überlebt, könnte vor einer großen Zukunft stehen. Denn die Aussichten für die Branche sind nach Einschätzung des Bundesverbandes Solarwirtschaft (BSW) „mittelfristig hervorragend“. „Immer mehr Länder erkennen, dass an einem zügigen Ausbau der Solarenergie kein Weg vorbei führt und dieser deutlich kostengünstiger ist als ein Festhalten an fossilen und nuklearen Energieträgern“, sagt BSW-Geschäftsführer Jörg Mayer.
So gebe es etwa in China, Japan und den USA in diesem Jahr hohe Wachstumsraten. Die Branche bleibe auch für Deutschland ein Wachstumsmarkt, verspricht Mayer. Die größten Chancen sieht auch der Verband in komplexen Systemlösungen. Basis dafür sei die nach wie vor starke Forschungslandschaft.
Ausgerechnet Conergy galt da eigentlich vielen als Vorbild. Das Unternehmen hatte schon zu absoluten Boomzeiten wegen hausgemachter Probleme zu kämpfen. Conergy musste früher als andere radikal schrumpfen und sich auf seine Stärken konzentrieren. Und die lagen weniger in der Produktion als vielmehr in der Planung und dem Betrieb von Anlagen. Das Geschäft mit Großanlagen hätte Conergy gern ausgebaut. Die Pläne aber scheiterten, weil sich die Banken – so die Conergy-Darstellung – nicht auf das Konzept einigen konnten. Es fehlte am Ende das Geld eines Investors.
Solarbranche im Dauertief
Die deutsche Solarindustrie steckt seit geraumer Zeit in einer tiefen Krise. Die Pleiten häufen sich.
13. Dezember 2011: Das Berliner Solarunternehmen Solon ist pleite. Das indisch-arabische Unternehmen Microsol übernimmt Solon wenige Monate später.
21. Dezember 2011: Der Erlanger Solarkraftwerk-Hersteller Solar Millennium beantragt die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens, das im Februar 2012 eröffnet wird.
3. April 2012: Der einst weltgrößte Solarzellenhersteller Q-Cells in Bitterfeld-Wolfen beantragt Insolvenz. Das Unternehmen wird Ende August vom südkoreanischen Konzern Hanwha übernommen.
17. April 2012: Das US-Unternehmen First Solar kündigt an, sein Werk in Frankfurt (Oder) schließen zu wollen. Ende Dezember ist der letzte reguläre Arbeitstag.
10. Juli 2012: Der auf das Geschäftsfeld Sonnenenergie spezialisierte Maschinenbauer Centrotherm Photovoltaics AG stellt einen Antrag auf Insolvenz in Eigenverwaltung. Ein Jahr später hebt das Gericht das Insolvenzverfahren auf. Centrotherm hat sich saniert.
18. Oktober 2012: Der Solartechnikhersteller SMA Solar will sich von 450 seiner weltweit gut 5500 Mitarbeiter sowie von 600 Zeitarbeitern trennen.
22. März 2013: Der Technologieriese Bosch gibt seinen Ausstieg aus dem Solargeschäft bekannt. Rund 3000 Beschäftigte sind betroffen.
17. April 2013: Die Krise der Solarbranche bringt auch Solarworld in starke Bedrängnis. Das einstige deutsche Vorzeigeunternehmen teilt mit, dass das Eigenkapital komplett aufgezehrt ist.
18. Juni 2013: Ein Investor aus Katar will mit 35 Millionen Euro bei Solarworld einsteigen. Firmengründer Frank Asbeck schießt aus seinem Privatvermögen weitere 10 Millionen Euro zu, um das Unternehmen zu retten.
3. Juli 2013: Der Solartechnikhersteller SMA Solar will in Deutschland bis Ende des kommenden Jahres 700 Arbeitsplätze streichen.
5. Juli 2013: Das Solarunternehmen Conergy ist zahlungsunfähig und meldet Insolvenz an. Das Hamburger Unternehmen beschäftigte zuletzt 1200 Mitarbeiter. Text: dpa