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FRANKFURT
Niedrige Inflation wird zum Problem
Alarmiert: EZB-Präsident Mario Draghi
Foto: dpa | Alarmiert: EZB-Präsident Mario Draghi
Evangelischer Pressedienst
 |  aktualisiert: 04.02.2014 17:20 Uhr

Für Verbraucher ist es eine Freude, doch bei Europas Währungshütern klingeln die Alarmglocken: Die Inflation im Euroraum ist erneut gesunken, im Januar fiel sie auf 0,7 Prozent. Damit ist die Teuerung meilenweit entfernt von der Zielmarke der Europäischen Zentralbank (EZB), die mittelfristig eine Jahresteuerung von knapp zwei Prozent anstrebt. Und das, obwohl die Europäische Zentralbank den Leitzins erst im November auf das Rekordtief von 0,25 Prozent gesenkt hat.

Der Zinsschritt als Reaktion auf den mickrigen Preisauftrieb ist also schon verpufft. „Wir sind weiterhin überzeugt, dass die Kerninflation mittelfristig deutlich niedriger ausfallen wird, als derzeit von der EZB unterstellt. Daher dürfte die Notenbank letztlich noch einmal die Leitzinsen senken“, sagt Commerzbank-Ökonom Michael Schubert. Die Frage ist nur, wann. Beobachter schließen nicht aus, dass die Notenbank schon bei ihrer Ratssitzung an diesem Donnerstag handelt, als wahrscheinlicher gilt aber die März-Sitzung. Dann veröffentlichen die Währungshüter ihre neuesten Wachstums- und Inflationsprognosen. Bisher erwartet die EZB im laufenden Jahr eine Teuerung von 1,1 Prozent. Die Commerzbank glaubt, dass die Inflation im Februar und im März auf 0,6 Prozent fallen wird – den niedrigsten Stand seit Ende 2009. Danach werde sie aber wieder anziehen.

Dabei scheint klar: Wenn die Aussichten auf die Preisentwicklung nochmals nach unten korrigiert werden, dürfte die EZB die Geldpolitik weiter lockern. Das hatte EZB-Präsident Mario Draghi schon im Januar angedeutet: „Der EZB-Rat ist entschlossen, zu handeln, wenn dies nötig wird.“ Draghi betonte, dass die EZB die Preisstabilität in beide Richtungen verteidigen müsse – also auch, wenn sich die Rate zu weit nach unten von der Zwei-Prozent-Zielmarke entfernt. Zwar sehen die Notenbanker aktuell keine Deflationsgefahren – also eine Spirale sinkender Preise quer durch die Warengruppen, bei der Verbraucher und Unternehmen in Erwartung weiter sinkender Preise in Käufer- und Investitionsstreik treten. Doch je länger die Inflation niedrig bleibe, umso größer seien jedoch die Risiken einer weiter sinkenden Teuerung, sagt Draghi. Dabei wissen die Notenbanker, dass der Preisauftrieb zum einen von sinkenden Energiepreisen gedämpft wird, zum anderen von den Anpassungsprozessen in den Krisenländern. „Die sehr niedrigen oder gar negativen Inflationsraten in der Peripherie spiegeln sinkende Nominallöhne wider“, sagt Unicredit-Ökonom Marco Valli. Diese seien nötig, damit die Krisenländer wettbewerbsfähig werden. Nach Berechnungen der Berenberg Bank haben allein die gesunkenen Energiepreise die Inflation um bis zu 0,6 Prozentpunkte gedrückt. Darin kann Chefvolkswirt Holger Schmieding keine Gefahr für die Wirtschaft erkennen, im Gegenteil: „Für eine Region, die Energie größtenteils importiert, ist das eine absolut gute Entwicklung. Sie erhöht das verfügbare Einkommen und erleichtert es Haushalten und Unternehmen, Schulden zu bezahlen.“

Ohnehin rufe der geringe Preisauftrieb bei den Menschen keine Deflationsängste hervor, betont Unicredit-Chefvolkswirt Eric Nielsen: „Stattdessen freuen sie sich über den günstigen Sprit.“ Das zeige die historisch gute Verbraucherstimmung. Gleichzeitig betont Nielsen aber auch: „Dass die niedrige Inflation gut für die Konjunkturerholung ist, bedeutet nicht, dass die EZB sich keine Gedanken über Deflationsgefahren machen muss.“ Eine Deflation hätte verheerende Folgen. „Deshalb ist es Zeit, dass die EZB handelt.“

 
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