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KÖLN
Niedergang einer noblen Privatbank
Sal. Oppenheim Prozess       -  Schuldspruch: Der ehemalige Banker Friedrich Carl Janssen (Mitte) neben seinen Anwälten. Im Strafprozess gegen die frühere Führung des Bankhauses Sal. Oppenheim sind alle vier angeklagten Ex-Chefs zu Freiheitsstrafen verurteilt worden.Rolf Vennenbernd, dpa
Foto: Foto: | Schuldspruch: Der ehemalige Banker Friedrich Carl Janssen (Mitte) neben seinen Anwälten. Im Strafprozess gegen die frühere Führung des Bankhauses Sal.
reda
 |  aktualisiert: 11.12.2019 19:02 Uhr

Ausnahmslos Schuldsprüche: Im Strafprozess gegen die frühere Führung des Bankhauses Sal. Oppenheim hat das Landgericht Köln Freiheitsstrafen gegen alle vier angeklagten Ex-Chefs verhängt. Ins Gefängnis soll allerdings nur einer von ihnen – die übrigen Strafen wurden zur Bewährung ausgesetzt.

Die Spitze der einst größten Privatbank Europas habe sich der gemeinschaftlich begangenen Untreue in besonders schwerem Fall schuldig gemacht, sagte die Vorsitzende Richterin Sabine Grobecker am Donnerstag nach mehr als zwei Jahren Prozessdauer. Die Banker hätten dem Geldinstitut einen hohen Millionenschaden zugefügt, urteilte sie in dem Verfahren um den Niedergang der ehemals noblen Privatbank.

Dass die gesamte Führungsriege einer Bank angeklagt und verurteilt wird, ist in Deutschland bisher ein Sonderfall. Die härteste Strafe sprach das Gericht gegen den früher für das Risikomanagement zuständigen Friedrich Carl Janssen (71) aus: zwei Jahre und zehn Monate Gefängnis. Er soll als einziger der vier ehemaligen persönlich haftenden Gesellschafter hinter Gitter. Der Ex-Sprecher der Bank, Matthias Graf von Krockow (66), und der einst für das Investmentgeschäft zuständige Dieter Pfundt (62) erhielten eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren.

Christopher von Oppenheim (49), ein Nachkomme des Bankgründers, bekam ein Jahr und elf Monate. Alle drei Strafen wurden zur Bewährung ausgesetzt. Den damaligen Geschäftspartner der Ex-Bankführung, Josef Esch, verurteilte das Gericht wegen des „fahrlässigen unerlaubten Betreibens von Bankgeschäften“ zu einer Geldstrafe von 495 000 Euro. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Staatsanwaltschaft und die Angeklagten können binnen einer Woche Revision beim Bundesgerichtshof (BGH) einlegen. Die Beteiligten äußerten sich am Verkündungstag zunächst nicht, ob sie Rechtsmittel einlegen wollen. Grobecker sagte, das gesamte Verfahren sei ein „Kraftakt“ gewesen. Im Mittelpunkt des Prozesses standen ein umstrittenes Immobiliengeschäft in Frankfurt sowie Kredite in dreistelliger Millionenhöhe. Diese gewährte die Bankspitze dem damals angeschlagenen und inzwischen pleitegegangenen Arcandor-Konzern und dessen früherer Großaktionärin Madeleine Schickedanz. Die von den Angeklagten zu verantwortenden Transaktionen sollen Sal. Oppenheim hohe Millionenschäden eingebrockt haben. Graf von Krockow und von Oppenheim hatten in einem der größten Wirtschaftsprozesse Geständnisse abgelegt.

Sie hatten eingeräumt, den Niedergang der Bank mit verschuldet zu haben, Reue gezeigt und um Milde gebeten. Janssen und Pfundt hatten die Vorwürfe zurückgewiesen. Sie schoben die Verantwortung von sich, und verlangten einen Freispruch. Von Krockow zeigte sich in einer Mitteilung seiner Anwälte erleichtert. Das Urteil lasse ihm „mit Blick auf die Zukunft eine Lebensperspektive“. Er hoffe, dass damit für ihn die strafrechtliche Aufarbeitung seiner Tätigkeit als Bankchef insgesamt zu einem Abschluss geführt werden könne. Die Staatsanwaltschaft hatte für das Ex-Führungsquartett durchweg Gefängnisstrafen verlangt.

Bankhaus Sal. Oppenheim

Geschichte: Das Institut Sal. Oppenheim hat eine wechselhafte Geschichte hinter sich. Gegründet im Jahr der Französischen Revolution 1789, zählte das Geldhaus unter anderem zu den Initiatoren der Rheinischen Eisenbahn und der ersten Feuerversicherungen. 1999 wurden Vermögensverwaltung und Investmentbanking zu wichtigen Geschäftsfeldern ausgebaut, 2005 die Frankfurter BHF-Bank übernommen – dann kam mit Fehlspekulationen beim später pleitegegangenen Handelskonzern Arcandor der Niedergang.

2009 hatten sich 1,2 Milliarden Euro an Verlusten aufgetürmt. Ein Jahr später schluckte die Deutsche Bank das noble Haus. Text: dpa

 
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