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FRANKFURT
Mittelständler sorgen sich um Kredite
Unerreichbar: Experten warnen vor Finanzierungsschwierigkeiten.
Foto: dpa | Unerreichbar: Experten warnen vor Finanzierungsschwierigkeiten.
Von dpa-Korrespondentin Annika Graf
 |  aktualisiert: 17.04.2013 17:43 Uhr

Die Lage ist vertrackt. Geld ist so billig wie nie. Wirtschaftsexperten vom Ifo-Institut bewerten das Finanzierungsumfeld als „sehr gut“. Dennoch fürchten viele Mittelständler um die Finanzierung künftiger Projekte. „Grundsätzlich wird die Finanzierung schwieriger, weil die Regularien der Banken strenger werden“, sagt Frank Jehle, Finanzvorstand des Autozulieferers Mann + Hummel. Große Firmen, die solide durchfinanziert sind wie der Autozulieferer, hätten zwar keine Probleme. „Für kleine Mittelständler wird eine stabile langfristige Finanzierung eine Herausforderung.“

Es ist paradox: Laut einer aktuellen Umfrage von Creditreform hat sich die Eigenkapitalquote im Mittelstand weiter gebessert. Rund ein Drittel der befragten Firmen kann eine Eigenkapitalhinterlegung von mehr als 30 Prozent der Bilanzsumme vorweisen. Damit sind die deutschen Firmen so solide finanziert wie seit Jahren nicht. Auch die Liquidität habe sich angesichts einer besseren Zahlungsmoral der Kunden verbessert. „Innenfinanzierung ist für viele leichter geworden“, sagt der Chefvolkswirt des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), Alexander Schumann. Jedoch: „Trotz niedriger Zinsen wird es nicht einfacher, an Kredite zu kommen.“ Das Problem sind die neuen Regelungen für Banken, die im Rahmen von Basel III auferlegt werden und Anfang 2014 in Kraft treten sollen. Nach den neuen Regeln müssen – grob gesagt – Kredite mit gleich laufenden Finanzierungsinstrumenten bei den Banken refinanziert werden. Eine Lehre aus der Finanzkrise, als langfristige Kredite mit kurzfristig zu bedienenden Papieren hinterlegt wurden, was Banken in Schwierigkeiten brachte. „Die Banken antizipieren die neuen Regeln bereits“, erklärt Schumann. In der Kreditwirtschaft versucht man zu beschwichtigen: „Ich gehe zumindest im Moment davon aus, dass es für Mittelständler mit einem Umsatz bis 50 Millionen Euro eine Absenkung der Risikogewichte geben wird“, sagt KfW-Chefvolkswirt Jörg Zeuner. Kredite für kleine Firmen sollen also in den Bilanzen weniger schwer angerechnet werden. Das heißt aber nicht, dass die neuen Regeln spurlos an den Firmen vorrübergehen. Rüdiger Rass, Bereichsleiter für den Mittelstand bei der Commerzbank rechnet damit, dass die Kredite teurer werden. „Ich glaube nicht, dass das zu Einschränkungen für die mittelständische Wirtschaft führen wird“, sagt er. „Basel III wird Einfluss auf die Preise haben, nicht aber auf die Liquidität.“ Doch schon jetzt haben es nach DIHK-Daten Firmen schwer, die besonders große Summen brauchen, wie Maschinenbauer. Aber auch forschungslastige Unternehmen, Kleinbetriebe und Existenzgründer haben größere Hürden bei der Kreditaufnahme. Wenn sie Geld bekommen, dann häufig nur mit einer Sicherheit der Bürgschaftsbank im Rücken. Die Nachfrage nach Bürgschaften sei vor allem in der Finanzkrise gestiegen, sagt Guy Selbherr, Vorstand der Bürgschaftsbank Baden-Württemberg. Zunächst seien Betriebsmittel finanziert worden, inzwischen werde wieder investiert. Kaum eine Alternative bietet der Anleihemarkt. Sie eigneten sich wegen der Verwaltungskosten nur für große Firmen, die ein entsprechendes Emissionsvolumen anpeilen. Kleinen und mittelgroßen Firmen bleibt deshalb kaum eine Wahl: Werden neue Maschinen angeschafft oder neue Märkte erschlossen, müssen sie zur Bank.

Finanzierungsformen

Bankkredite sind die Hauptfinanzierungsquelle für den Mittelstand, aber es gibt auch andere Möglichkeiten.

Stille Beteiligungen sind Kapitalspritzen für die Eigenkapitaldecke. Die Investoren mischen sich nicht in das unternehmerische Tagesgeschäft ein, sind aber am Gewinn beteiligt. Mittelständische Beteiligungsgesellschaften, die von Verbänden und Bürgschaftsbanken getragen werden, geben solche Einlagen.

Leasing, das Verbraucher vor allem vom Auto kennen, ist auch eine Finanzierungsmöglichkeit für Firmen. Geleast werden kann zum Beispiel Inventar, für das sonst hohe Beträge hinterlegt werden müssen, aber auch Server und Gebäude, die an Investoren verkauft und dann zurückgemietet werden.

Factoring nennt sich der Verkauf von Forderungen. Bei dieser Variante gibt der Unternehmer offene Rechnungen an Banken ab, dadurch sinkt die Gesamtsumme in der Bilanz, und die Eigenkapitalquote steigt.

Bürgschaften sind lediglich Sicherheiten für Kredite. Diese Sicherheit kostet. Hinzu kommt eine jährliche Provision, die aus einem Prozent des ausstehenden Kreditbetrags besteht. Auf der anderen Seite können Kredite dadurch günstiger werden. Text: dpa

 
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