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BRÜSSEL
Managern geht es an den Kragen
Hinter Gittern: Um Betrügereien an den Finanzmärkten künftig besser bekämpfen zu können, schnürten die EU-Abgeordneten ein drakonisches Strafpaket.
Foto: Thinkstock | Hinter Gittern: Um Betrügereien an den Finanzmärkten künftig besser bekämpfen zu können, schnürten die EU-Abgeordneten ein drakonisches Strafpaket.
Evangelischer Pressedienst
 |  aktualisiert: 05.02.2014 17:40 Uhr

Betrügern am Finanzmarkt geht es an den weißen Kragen: Mindestens vier Jahre Gefängnis, dazu drastische Geldstrafen in Einzelfällen bis zu fünf Millionen Euro – diese Sanktionen hat das Europäische Parlament am Dienstag in Straßburg beschlossen. „Es darf null Toleranz für solche Täter geben“, kommentierten EU-Justizkommissarin Viviane Reding und ihr Binnenmarkt-Kollege, Michel Barnier, den Beschluss der Parlamentarier.

Hintergrund ist der jüngste Skandal um Manipulationen der wichtigen Referenzzinssätze Libor (London), Euribor (Brüssel) und Tibor (Tokio). Finanzhändler hatten die Werte, die als Leitschnur für Geschäfte von rund 260 Billionen Euro und Kredite von rund 7,4 Billionen Euro gelten, manipuliert und die Gewinne eingestrichen. „Es ist wichtig, dass solche Finanzkriminalität ernstgenommen wird“, betonte die britische Sozialistin Arlene McCarthy, die den Vorschlag als Berichterstatterin dem Parlament präsentiert hatte. „Wer Kurse und Märkte manipuliert, gehört hinter Gitter“, sagte der deutsche SPD-Europapolitiker Peter Simon.

Um solche Machenschaften künftig besser bekämpfen zu können, schnürten die Abgeordneten ein drakonisches Strafpaket. Demnach muss die Höchststrafe mindestens vier Jahre betragen, wenn Finanzjongleure ein Geschäft mit falschen oder irreführenden Signalen abschließen, einen entsprechenden Handelsauftrag erteilen oder Daten bereitstellen, die andere Marktteilnehmer täuschen könnten. Das Delikt des Insiderhandels wird ebenfalls mit vier Jahren geahndet, wenn die entsprechenden Exklusivinformationen zur persönlichen Bereicherung genutzt werden. Ausdrücklich wurde festgelegt, dass auch Anstiftung oder Beistand und der Versuch als Straftat zu werten sind. In diesen Fällen sollen der oder die Täter mit zwei Jahren Gefängnis bestraft werden. Auch die Geldstrafen fallen künftig EU-weit einheitlich aus. Einzeltäter müssen mit mindestens fünf Millionen Euro Bußgeld rechnen.

Die Mitgliedstaaten haben nun bis 2016 Zeit, die Vorgaben in nationales Recht zu übernehmen. Es gibt erheblichen Nachholbedarf. So wird Marktmissbrauch von Finanzmanagern in Österreich, Bulgarien, der Slowakei und Slowenien bisher nicht als Straftat angesehen. Deutschland, Finnland, Italien, Spanien, Slowenien, Bulgarien und Tschechien sehen auch für Insiderhandel derzeit keine Sanktionen vor. Die EU-Staaten müssen nun ihre Richter verpflichten, zumindest die neuen Höchststrafen zu verhängen, die die europäische Volksvertretung beschlossen hat. Ob das gelingt, wird von einigen bezweifelt. Derartige Eingriffe in das nationale Strafrecht sind bislang nicht vorgesehen. Dennoch gilt die Bereitschaft bei den zuständigen Justizministern als groß, den Beschluss des Parlamentes zügig zu übernehmen. Experten befürchten nämlich bereits weitere Fälle von schweren Betrügereien. So hieß es im Rahmen der Aufklärung des Libor-Euribor-Skandals, man habe Hinweise auf neue Manipulationen des Marktes. Dabei geht es um Öl-/Gas- und Devisenvergehen, an denen wiederum einige der Großbanken beteiligt sein sollen, die in den zurückliegenden Jahren zu teilweise milliardenschweren Strafen verdonnert worden waren. Die handelnden Manager wurden – zumindest strafrechtlich – nicht belangt.

 
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